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02.09.06 / Bedrohliches Säbelrasseln / Von Nahostkonflikt übertönt: Georgien bietet Rußland die Stirn

© Preußische Allgemeine Zeitung / 02. September 2006

Bedrohliches Säbelrasseln
Von Nahostkonflikt übertönt: Georgien bietet Rußland die Stirn
von A. Rothacher

In den abtrünnigen Grenzprovinzen Georgiens steigt die politische Sommerhitze. Aus Krasnodar sollen russische Sonderheiten nach Abchasien an die Waffenstillstandslinie verlegt worden sein. Auch in Südossetien werfen die Georgier den Russen vor, sich auf einen neuen Waffengang vorzubereiten. Die Amerikaner verlangen nun die Entsendung einer internationalen Polizeitruppe zur Trennung der Konfliktparteien. Bahnt sich im Schatten des kaum erloschenen Nahostkrieges ein neuer Waffengang an, diesmal von Rußland durch Stellvertretermilizen inszeniert?

Von allen verbliebenen GUS Staaten hat sich das austrittswillige Georgien am meisten die Ungnade des Kreml zugezogen. Nicht nur verlangt die transkaukasische Republik die Schließung der letzten russischen Stützpunkte, den Beitritt zur Nato (bis 2008 oder 2010) und zur EU. Es ermöglicht auch den Transport von zentralasiatischem Erdöl und Erdgas unter Umgehung Rußlands ans Schwarze Meer und an die türkische Mittelmeerküste, sowie zusammen mit dem benachbarten Aserbaidschan den Zugang des amerikanischen und türkischen Militärs in die Region. In seinem Zorn zog der Kreml alle Register. Er bewaffnet, finanziert und beschützt die Separatistenregimes in Abchasien und Südossetien, verteilt dort russische Pässe an jedermann, führte den Rubel als Währung ein und bereitet den Anschluß an Rußland vor. Rußland kappte wiederholt die Gas- und Stromzufuhr nach Georgien, blockiert georgische Schlüsselexporte wie Wein und Mineralwasser, gewährt flüchtigen georgischen Politkriminellen Asyl und bombardiert unter dem Vorwand der tschetschenischen Terroristenjagd georgisches Territorium im Pankisi-Tal.

Die georgische Neigung zu heißblütiger Rhetorik, Präsident Saakaschwilis Diplomatie per Lautsprecher und sein blindes Vertrauen in den zweifelhaften militärischen Beistand der USA leisten gleichfalls wenig zur Deeskalierung. Die seit 1994 „eingefrorenen Konflikte“ in Südossetien und Abchasien können, so es der Kreml will, jederzeit neu aufflackern. Die mühsam erreichte wirtschaftliche und politische Konsolidierung der von Kriegen, dem sowjetischen Erbe und Mißwirtschaft geschwächten Kaukasusrepublik wäre dann wieder akut gefährdet. Bislang hat die vom Nahen Osten abgelenkte europäische Diplomatie von dieser neuen Krise in ihrer Nachbarschaft kaum Notiz genommen.


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