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09.09.06 / Frauen zurück an den Herd / Eva Herman bringt ihre Geschlechtsgenossinnen auf die Barrikaden und trifft unversehens ins Schwarze

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. September 2006

Frauen zurück an den Herd
Eva Herman bringt ihre Geschlechtsgenossinnen auf die Barrikaden und trifft unversehens ins Schwarze
von Rebecca Bellano

Auch wenn Sie nicht wie Günter Grass gestanden hat, bei der Waffen-SS gewesen zu sein, dürften Eva Hermans Äußerungen gegen die Emanzipation und ein Ja zur Rolle der Mutter und Hausfrau sich ähnlich verkaufsfördernd auf ihr neues Buch "Eva-Prinzip" auswirken. In Sachen Medienaufmerksamkeit hat sie den Literaturnobelpreisträger zumindest erfolgreich abgelöst.

Mit der Wiederentdeckung von Kindern und Küche hat Eva Her-man den Verfechtern der Frauen-bewegung den Kampf angesagt, obwohl sie keine Neigung zeigt, eine Anti-Emanzipations-Bewegung anzuführen. Mit der Art und Weise, wie sie ihre Argumente vorbringt, wird sie zudem keine Anhänger finden. Eva Herman ist viel zu radikal. Mit Aussagen wie "Ich finde, Frauen sollten öfter mal den Mund halten" macht man sich nirgendwo Freunde. Außerdem wirken ihre Thesen aus dem Munde einer Karrierefrau ziemlich überhöht. Sie selbst hat all das gelebt, was sie anprangert. Trotzdem trifft Eva Herman den Kern des Problems der deutschen Frauen: Kind und Karriere passen nicht zusammen. Allerdings liegt die Ursache etwas anders, als von der blonden Moderatorin propagiert. Nicht das natürliche mütterliche Wesen der Frau, sondern die Umwelt verbaut ihr die Verquickung.

So hat das "Institut für Arbeits-markt- und Berufsforschung" (IAB) in Nürnberg ganz sachlich festgestellt, daß nur 22 Prozent der Führungskräfte in der Privatwirtschaft Frauen sind. Von diesen haben nur 32 Prozent Kinder, während 53 Prozent ihrer männlichen Kollegen eigenen Nachwuchs haben. Ein Grund: Männer in Führungspositionen haben meistens Ehefrauen, die nicht berufstätig sind und sich somit voll und ganz der Kindererziehung und auch der Unterstützung seiner Karriere widmen können. Bei weiblichen Führungskräften hingegen sind laut IAB die Lebenspartner mehrheitlich voll berufstätig, rund ein Drittel von ihnen hat sogar ebenfalls eine Führungsposition inne.

Aber nicht nur die Vereinbarkeit von Kind und Karriere ist anhand mangelnder Betreuungsmöglichkeiten ein Problem, schon der Start einer Karriere ist problematisch. Obwohl Arbeitgeber immer wieder beteuern, wie wichtig es ihnen sei, daß Frauen Beruf und Familie miteinander vereinbaren können, zeigt sich immer wieder, daß die Realität anders aussieht. So klagten kürzlich in einem Internetforum der Zeitschrift "Brigitte" zahlreiche Frauen ihr Leid. Von Mobbing war die Rede, von Chefs, die persönlich beleidigt waren, wenn eine Mitarbeiterin schwanger wurde und dieser vorwarfen, sie wäre zu faul zum Arbeiten. Besonders häufig wurde beschrieben, wie nach der Rückkehr aus der Elternzeit nur noch die ungeliebten Arbeiten auf den Schreibtischen der jungen Mütter landeten, sie in den Leistungsanforderungen runtergestuft wurden, da man von ihnen nichts besonderes mehr erwartete. Auch wurden Abfindungen bezahlt, damit die Frauen auf ihr Recht auf Wiedereinstellung nach dem Mutterschaftsurlaub verzichteten. "Seither suche ich gezielt nach einer Teilzeitarbeitsstelle, leider bin ich hochqualifiziert und dafür findet man in Teilzeit nicht an jeder

Ecke Arbeitgeber", klagte eine Betroffene. Und tatsächlich, besonders in Führungspositionen kann man sich eine Babypause nicht erlauben, denn Teilzeitarbeit ist hier so gut wie unmöglich. Kind und Karriere passen also wirklich nicht zusammen. Wie sich das ändern soll, steht in den Sternen und so haben schon Wochen vor Eva Hermans medienwirksamen Äußerungen 15 bekannte Frauen aus Politik, Wirtschaft und Medien in der Wochenzeitung "Die Zeit" etwas ratlos "einen neuen Feminismus" gefordert. Der Sachverhalt, daß so viel zu Eva Hermans Thesen zu sagen ist, offenbart, daß Emanzipation durchaus nicht schon überholt ist, sondern neu justiert werden muß. Dieses Mal sind die Protagonisten allerdings keine radikalbissigen Kampfemanzen, sondern normale Frauen, die feststellen müssen, daß sie nicht nur Karriere und Beruf, sondern auch Kinder wollen, beides aber nicht alleine meistern können. Die Gesellschaft im ganzen, also Politik, Arbeitgeber und Männer müssen einen Teil der Last abnehmen.

Thesen wie die von Eva Herman, daß Männer nicht für die Küche geschaffen seien, sind da aller-dings kontraproduktiv, denn auch Frauen sind dies nicht naturgege-ben. Dies belegt schon die Tatsa-che, daß inzwischen nur noch ein Bruchteil der Frauen unter 30 regelmäßig den Kochlöffel schwingen kann und will. Bedauerlich ist, daß noch zu wenige Männer in Sachen Kindererziehung gleichermaßen aktiv wie ihre Partnerin sind. "Wenn ich Kinder will, so kann ich schon jetzt an seiner ersten Ehe sehen, daß die Kinder dann mein Ding sein werden", klagt eine 29jährige über ihren Freund. In Zeiten wo die Familie auch zwei Einkommen zum Überleben brauchen, dürfen Kinder nicht mehr nur "ihr Ding" sein, alles andere ist Luxus - Luxus wie ihn nur wenige Frauen wie Eva Herman sich leisten können.


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