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09.09.06 / Eine Pyramide in Masuren / Touristen-Attraktion: Das Fahrenheid-Mausoleum im südlichen Teil des Kreises Angerapp

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. September 2006

Eine Pyramide in Masuren
Touristen-Attraktion: Das Fahrenheid-Mausoleum im südlichen Teil des Kreises Angerapp
von Bernhard Knapstein

Als geheimnisumwitterte Attraktion in Ostpreußen gilt die bis vor kurzem kaum auffindbare, weil vom Walde in der sumpfigen Luschnitz zugewucherte "Pyramide von Masuren". Dieser wenig bekannte Backstein-Bau, 15,9 Meter hoch und mit einer Kantenlänge von 10,40 Meter versehen, wurde der ägyptischen Cheopspyramide von Gizeh in schlanker Form nachempfunden und ist im südostpreußischen Teil des historischen Kreises Angerapp zu finden. Fährt man von dem unmittelbar an der Grenze liegenden Ort Klein-Angerapp, zu Polnisch Rapa, nach Süden in Richtung Benkheim, so passiert man nur 200 Meter jenseits des Ortsausgangschildes auf der linken Seite die Mündung eines breiten Fußwegs, der in den Wald führt. Schon von der Straße aus ist am Ende eines geraden Naturkundepfades im Wald die Pyramide deutlich zu erkennen.

Der Bau steht heute unter Denkmalschutz. Zweck des Baus: Es handelt sich um das Mausoleum der Familie von Farenheid des nahegelegenen Rittergutes Angerapp.

Über den Hintergrund der eigenwilligen Form des Mausoleums wird viel spekuliert. Noch mehr wird jedoch über die Leichname diskutiert, die nicht der Verwesung anheim gefallen, sondern vielmehr mumifiziert sind. Esoteriker gehen zum Teil davon aus, der Erbauer der Pyramide sei Geomantie-Anhänger gewesen und habe die Grabstätte auf einer irdischen Kraftlinie erbaut. Andere vermuten als Ursache der Mumifizierung der Leichname besondere Strahlungen innerhalb der Pyramide. Tatsächlich halten auffallend viele Besucher ihre Hände an den Außenbau, um so die vermeintlichen Strahlungen aufzunehmen, denen heilende Kräfte nachgesagt werden.

Wegen der Pyramidenform wird der Bau oftmals dem am 31. Oktober 1815 geborenen und im Dreikaiserjahr 1888 verstorbenen Begründer der Kunstschöpfung von Schloß Beynuhnen, Fritz von Farenheid-Beynuhnen, der ein besonderes Faible für die Antike entwickelt hatte, zugesprochen. Tatsächlich wurde das Mausoleum jedoch schon vor dessen Geburt erbaut und seiner Bestimmung zugeführt.

Fest steht, daß die am 30. Dezember 1811 verstorbene dreijährige Enkelin des berühmten preußischen Kriegs- und Domänenrats Johann Friedrich von Farenheid (1747-1843) in dem zu diesem Zeitpunkt, also vier Jahre vor der Geburt des Kunstschöpfers Fritz von Farenheid-Beynuhnen, bereits fertiggestellten Mausoleum bestattet worden war.

Das Mausoleum liegt zudem von dem Standort des von den Sowjets geplünderten und niedergebrannten Schlosses Beynuhnen fünf Kilometer entfernt. Es ist dem Rittergut Angerapp zuzurechnen. Sowohl das Rittergut als auch Beynuhnen waren seit 1773 in Familienbesitz der 1789 in den Adelsstand erhobenen Farenheids.

Von dem Festsaal des noch heute existierenden Herrenhauses des Rittergutes konnte man die nur 1000 Meter entfernt gelegene Familiengrabanlage sehen.

Nicht mit Klarheit festgestellt werden kann indessen, ob, wie vielfach behauptet, die energetische Wirkung des Pyramidenbaus, eine natürliche Mumifikation in der sumpfigen Luschnitz oder eine künstliche Mumifizierung stattgefunden hat.

Die Familie galt aber in allen Generationen als christlich. Auch der Kunstschöpfer, der sich neben seinem Freund, Major Ulrich von Salpius, beerdigen ließ, wählte seine eigene Grabinschrift: "Verlassend eine Welt, reich an unerfüllter Sehnsucht, harre ich in Demut der hohen Offenbarungen im Herrn."

Das Mausoleum ist heute in einem baufälligen Zustand. Die Administration hatte vor kurzem eine denkmalpflegerische Bezuschussung durch die Kreisgemeinschaft Angerapp und die Landsmannschaft Ostpreußen abgelehnt. Die Polen wollen die Restaurierungsmaßnahme aus eigenen Mitteln finanzieren.

Der Zustand der Pyramide ist in der Tat bedenklich. Durch seitlich herausgebrochene Fenster können Besucher vier Särge sehen, einer davon, der direkt vor den Fensteröffnungen plaziert ist, ist geöffnet. In diesem liegt eine kopflose Mumie. Mit dieser "Attraktion" wirbt die polnische Tourismusbranche intensiv auf Werbeschriften und im Internet für die grenznahe Region.


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