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09.09.06 / Über 2000 Seiten Lesegenuß / Sonderedition zum 110. Geburtstag des Schriftstellers F. Scott Fitzgerald

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. September 2006

Über 2000 Seiten Lesegenuß
Sonderedition zum 110. Geburtstag des Schriftstellers F. Scott Fitzgerald

Sie sind nicht nur äußerlich ein Schmuckstück: Die fünf Romane des im September 1896 geborenen amerikanischen Schriftstellers F. Scott Fitzgerald, die jetzt in neuer Übersetzung und mit klugen Nachworten vom Zürcher Diogenes-Verlag anläßlich Fitzgeralds 110. Geburtstages herausgebracht wurden. Der Erstleser wird sich mit Wonne dem schönen Erzählfluß des früh gestorbenen Autors hingeben. Und auch der Fitzgerald-Kenner wird die Lektüre von Klassikern wie "Zärtlich ist die Nacht" und "Der große Gatsby" nicht bereuen. Mit dieser verlegerischen Tat schenkt der Diogenes-Verlag den Lesern Stunden unerhörten Lesegenusses.

Vielleicht schreckt der eine oder andere vor der Wucht der rund 2000 Seiten starken Ausgabe zurück. Doch man muß ja nicht gleich alles lesen. Entbehrlich erscheint die Lektüre des Romans "Diesseits vom Paradies", mit dem der 23jährige F. Scott Fitzgerald im März 1920 die literarische Bühne betrat. Laut Manfred Papst handelt es sich hierbei um einen typischen Erstling; "ein genialischer, weitgehend autobiographischer Bildungsroman und ein ziemlich waghalsiges Konglomerat von allen möglichen Texten, die der gescheiterte Princetonianer bis dahin geschrieben hat".

Auch wenn H. L. Mencken - eine Art Marcel Reich-Ranicki der damaligen Zeit - das Buch als "den besten amerikanischen Roman" bezeichnete, den er in letzter Zeit gelesen habe, darf der heutige Leser durchaus anderer Meinung sein und zu den "reiferen" Werken greifen. Es erstaunt ein wenig, daß "Diesseits vom Paradies" zu Lebzeiten Fitzgeralds sein erfolgreichstes Buch war, das häufig und lobend besprochen wurde.

Bereits zwei Jahre nach seinem Erstling, der den Mythos des Erfolgsautors und Salonhelden F. Scott Fitzgerald begründete, erschien der Roman "Die Schönen und Verdammten", der es auf immerhin 578 Seiten schafft.

Auch wenn Fitzgerald und seine schöne Frau Zelda zu Symbolfiguren der Roaring Twenties wurden, zeigt dieses Werk, daß es mit seinem Schöpfer in den nächsten 20 Jahren bergab gehen sollte. Der Roman beginnt als Gesellschaftskomödie und endet als drastische Schilderung einer Alkoholikerkarriere. Die autobiographischen Bezüge sind nicht zu übersehen. "Die Zeit, in der Fitzgerald die Doppelrolle als Partylöwe und Autor meisterte, ohne Schaden zu nehmen, war, wenn es sie denn überhaupt gegeben hat, sehr kurz." Er wurde schon um 1920 das, "was man im medizinischen Sinn einen Alkoholiker nennt", so Papst, der Fitzgerald bestätigt, "eine so hellsichtige wie beklemmende Studie zum Thema Alkoholismus" geschrieben zu haben.

Der 1925 erschienene dritte Roman "Der große Gatsby" ist zugleich der kürzeste und vielleicht auch der beste. Fitzgeralds schriftstellerisches Vermögen ist spätestens jetzt voll ausgereift. Damals war der Autor noch keine 30 Jahre alt. Erzählt wird eine tragische Liebesgeschichte.

Die Protagonistin des Buches entscheidet sich am Ende für den Mann, der ihr Sicherheit und Geld bieten kann. Gatsby bezahlt seine schwärmerische Liebe, die voller Illusionen über die vergötterte Daisy ist, mit dem Leben. Die amerikanischen Leser haben dieses Werk augenscheinlich nicht sonderlich geschätzt. Es war kein kommerzieller Erfolg für den Verfasser. Die Auflage war eher bescheiden und verkaufte sich nur schleppend. Mit seinen Erzählungen machte Fitzgerald, der mit seiner Frau ein aufwendiges Leben führte, deutlich mehr Kasse. Im Jahr der Weltwirtschaftskrise erklomm Fitzgerald die Höchstmarke von 4000 US-Dollar pro Erzählung.

Wer jetzt noch nicht von der Liebe genug hat, greift zum fünften, unvollendet gebliebenen Roman "Die Liebe des letzten Tycoon"; nach den Worten der "FAZ"-Kulturredakteurin Verena Lueken eine "der schönsten Liebesgeschichten der amerikanischen Literatur". Fitzgerald konnte dieses Buch nicht mehr vollenden. Er starb am 21. Dezember 1940 an seinem dritten Herzinfarkt.

Das Romanfragment liegt uns in der Diogenes-Ausgabe nun in einer Neuübersetzung vor, die sich im wesentlichen an der kritischen Ausgabe von Matthew J. Bruccoli orientiert.

Die rot-weiß gestreifte Buchkassette macht sich nicht nur optisch gut im Bücherschrank. Ihr Inhalt sollte auch gelesen werden. Der Genuß ist garantiert. A. Lange

F. Scott Fitzgerald: Die Romane. Fünf Bände im Schuber, Diogenes-Verlag, Zürich 2006, 2096 Seiten, 95 Euro, Best.-Nr. 5723


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