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23.09.06 / Erste Festnahme / Kurz vor Nationalratswahl gewinnt Österreichs "Bawag"-Skandal an Brisanz

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. September 2006

Erste Festnahme
Kurz vor Nationalratswahl gewinnt Österreichs "Bawag"-Skandal an Brisanz
von R. G. Kerschhofer

Der "Bawag"-Skandal, der zuletzt knapp über der Wahrnehmungsschwelle dahindümpelte, ist plötzlich wieder zentrales Wahlkampfthema: Durch eine Indiskretion, die ihrerseits aufklärungsbedürftig ist, wurde Brisantes über eine Vernehmung von Wolfgang Flöttl bekannt. Wie berichtet, hatte der in den USA lebende "Investment-Banker" schon vor 1995, als noch sein Vater Generaldirektor der Gewerkschaftsbank war, diese in Karibik-Geschäfte verstrickt und mit dessen Nachfolger Elsner die katastrophalen Spekulationen fortgesetzt.

Besagte Vernehmung durch den Staatsanwalt fand bereits im Juli statt - und nicht in Wien, sondern in der slowakischen Hauptstadt Preßburg. In einer Vernehmungspause - das Tonbandgerät war nicht eingeschaltet - plauderte Flöttl aus, daß er 1999 im Auftrag Elsners Geld für die SPÖ überwiesen habe, eine Zahlung an eine nicht genannte Firma, eine andere an Ex-Bundeskanzler Vranitzky.

Die SPÖ zeigt sich empört, streitet ab, Gelder erhalten zu haben, und beschuldigt ihrerseits die Regierungsparteien ÖVP und BZÖ, hinter der Sache zu stecken. In der Tat ist es seltsam, daß ein zwei Monate zurückliegender Vorfall 18 Tage vor dem Wahltag publik wird. Die SPÖ-Behauptung, Flöttl könnte sich Strafmilderung ausgehandelt haben, geht aber insofern daneben, als in Österreich die "Kronzeugenlösung" - also Strafmilderung gegen Denunziation von Mittätern - nur bei organisierter Kriminalität gilt. Daß Flöttl, wie berichtet wird, in einem Bank-Safe in Preßburg eine Liste mit allen für die "Bawag" durchgeführten Transaktionen deponiert haben soll und daß er nach früheren Einvernahmen in Wien frei ausreisen durfte, nährt allerdings den Verdacht, daß es doch dubiose Absprachen gibt.

Vranitzky gibt zu, eine Million Schilling (70000 Euro) für "Beratung im Zusammenhang mit der Euro-Einführung" erhalten, aber auch versteuert zu haben. Flöttl dagegen behauptet, die Zahlung sei ohne Gegenleistung erfolgt. Und welche Ratschläge hätte ein Ex-Politiker 1999 einem versierten Finanz-Jongleur geben können? Zudem telefonisch, wie Vranitzky sagt.

Nächster Knalleffekt war die Verhaftung Elsners in seiner Villa in Südfrankreich. Der längst beantragte Haftbefehl war bisher vom Untersuchungsrichter blockiert, nun aber in einer Nacht- und Nebelaktion von einem Journal-Richter abgesegnet worden. Wegen neuer Verdachtsmomente, hieß es, und wegen Fluchtgefahr, denn Elsner sei im August der Aufforderung zu einer Vernehmung mit Hinweis auf Gesundheitsprobleme nicht nachgekommen - "da schrillen bei uns immer die Alarmglocken". Daß Elsner von den Franzosen in ein berüchtigtes Marseiller Gefängnis verbracht wurde, dürfte ihm die Auslieferung schmackhafter machen.

Um das Bild abzurunden: Der Wiener Landespolizeikommandant, der wegen des Verdachts der Geschenkannahme von Elsner suspendiert wurde, steht nun auch im Verdacht, Elsner Informationen geliefert und dessen Strafmandate "abgebogen" zu haben. Und letzter Besucher Elsners vor der Verhaftung war ausgerechnet der langjährige "Bawag"-Geschäftspartner und frühere ÖVP-Chef Josef Taus. Sicher ist vorläufig nur, daß vor dem Wahltag weder die Vorgänge in "Bawag" und ÖGB noch die Rolle von Polizei, Justiz und Politik geklärt sein werden.


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