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23.09.06 / Zu Besuch beim US-Feind Iran / Iraks Ministerpräsident el-Maliki reiste nach Teheran - und Washington schwieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. September 2006

Zu Besuch beim US-Feind Iran
Iraks Ministerpräsident el-Maliki reiste nach Teheran - und Washington schwieg
von Dietrich Zeitel

Auf erstaunlich wenig Resonanz stieß in den westlichen Medien der Staatsbesuch des oft als "Marionette" der Vereinigten Staaten abgestempelten irakischen Ministerpräsidenten Nuri el-Maliki im Iran, dem derzeitigen Hauptfeind der USA. Ein Besuch, dessen Zustandekommen an sich schon für Aufsehen genug sorgen müßte. Noch verwunderlicher aber ist die Tatsache, daß Irans Präsident Mahmud Ahmadinedjad letzte Woche anläßlich dieses Staatsbesuchs erklärte, dabei mithelfen zu wollen, den Frieden und die Stabilität im Irak wiederherzustellen. Wörtlich erklärte Ahmadinedjad laut "Financial Times Deutschland": "Die Sicherheit im Irak zu verbessern bedeutet, die Sicherheit und die Stabilität der ganzen Region zu stärken." Doch damit nicht genug. Beide Länder, die von 1980 bis 1988 einen erbitterten Krieg gegeneinander führten, vereinbarten überdies eine engere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Mehrheit der Bevölkerung im Iran und im Irak schiitisch ist, war eine derartige Annäherung, die unter dem Sunniten Saddam Hussein undenkbar war, weil dieser die Schiiten im Land unterdrückte, wohl nur eine Frage der Zeit. So jedenfalls fiel auch der Tenor auf den englischsprachigen Internetseiten von "Iran Daily" aus, auf denen der Generalsekretär des höchsten nationalen Sicherheitsrats des Iran, nämlich Ali Laridschani, mit den Worten zitiert wird, daß der Irak ein "natürlicher Alliierter" des Iran sei.

Gerade diese Entwicklung dürfte von den mehrheitlich sunnitisch geprägten arabischen Staaten mit Mißtrauen verfolgt werden. Aber auch Washington hätte seiner antiiranischen Rhetorik nach allen Grund, eine derartige Annäherung zu unterbinden, könnte doch ein steigender iranischer Einfluß im Irak die Gewalt gegen die im Lande befindlichen internationalen Truppenkontingente noch weiter steigern. Dieser iranische Einfluß sollte ursprünglich auch Thema der Reise el-Malikis nach Teheran sein, der laut einem Bericht der Nachrichtenagentur "Reuters" den Iran ursprünglich bitten wollte, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Irak einzumischen.

Wer aus Sicht des Iran für die anarchische Situation im Irak verantwortlich ist, daran ließ das Oberhaupt der iranischen Revolution, Ali Khamenei, keinen Zweifel. Er erklärte laut "Iran Daily": "Wenn sich die ausländischen Truppen einmal aus dem Irak zurückgezogen haben werden, werden der materielle und der spirituelle Reichtum des Landes für die Nation hilfreich sein."

Über die amerikanischen Gründe, die Reise el-Malikis mehr oder weniger kommentarlos hinzunehmen, kann an dieser Stelle nur gemutmaßt werden. Zuletzt kursierten ja Gerüchte, daß der Libanonkrieg Israels quasi nur der Auftakt für eine Neuordnung der Region gewesen sein soll, die die USA mit einem Krieg gegen den Iran durchzusetzen trachten. Dafür sprach zum Beispiel die Reaktion Washingtons auf die wortreiche Auskunft des Iran auf die Forderung des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschlands, auf sein Atomprogramm gegen weitreichende Kooperationsangebote zu verzichten. Dessenungeachtet gibt es in Washington offensichtlich seit einiger Zeit Bestrebungen auf höchster Ebene, bei denen der ehemalige Außenminister Henry Kissinger nur der bekannteste Akteur ist, die darauf hinauslaufen, die Regierung Bush zu bewegen, in direkte Gespräche mit Teheran einzutreten. Über diese Bestrebungen fand sich zuletzt ein längerer Artikel in der libanesischen, englischsprachigen Tageszeitung "The Daily Star", der führenden englischsprachigen Tageszeitung des Nahen Ostens. Diese Zeitung dürfte mit Blick auf die Vorgänge um und in der US-Regierung von ihrer Kooperation mit der "International Herald Tribune" profitieren, die sich hier immer bestens informiert zeigt. Der besagte Artikel, für den Hani Asfour verantwortlich zeichnet, und der mit "Wird das Öl eine amerikanisch-iranische Aussöhnung erzwingen?" überschrieben ist, analysiert vor allem die geopolitischen Vorteile, die den USA entstünden, wenn sie einen Dialog mit dem Iran in Gang setzten. Unter anderem wird darauf verwiesen, daß die USA den Iran bräuchten, um den Russen, den Hauptrivalen Washingtons in Energiefragen, im kaspischen Raum Paroli bieten zu können. Ein Angriff auf den Iran würde diesen nur Moskau näherbringen; darüber hinaus wären die US-Interessen in Zentralasien und am Kaspischen Meer erheblich gefährdet. Des weiteren wird darauf hingewiesen, daß China mittlerweile 15 Prozent seiner Energieimporte aus dem Iran bezieht und dort mittlerweile Milliarden von Dollar investiert hat. Eine US-Bedrohung des Iran könnte China zwingen, seine Energieinteressen im Iran mit militärischen Mitteln zu sichern. Ein derartiges chinesisches Engagement könnte im Kriegsfalle im schlimmsten Fall zu einer direkten chinesisch-amerikanischen Konfrontation führen.

Asfour weist weiter darauf hin, daß Saudi-Arabien, der politische Hauptrivale des Iran in der Golf-Region und der größte Energielieferant der Welt, bei kriegerischen Auseinandersetzungen durch iranische Angriffe auf die Energieinfrastruktur mit unabsehbaren Konsequenzen in Mitleidenschaft gezogen werden dürfte.

Nicht zuletzt wird auch das Thema Irak ventiliert; hier lautet der Hinweis, daß je eher Washington den Iran an der Stabilisierung des Irak beteilige, desto schneller die Befriedung des Landes gelingen werde. Amerikanische und iranische Interessen seien deckungsgleich im Hinblick auf den Wunsch nach einem langfristig stabilen Irak.

Die Herausforderung für die Bush-Regierung besteht vor diesem Hintergrund nach Kissinger vor allem darin, sicherzustellen, daß ihre Drohungen gegen den Iran nicht die Extremisten auf beiden Seiten stärken. Der Iran realisiere derzeit, daß er von einer ernsthaften Entspannung mit den USA erheblich profitieren könnte, und die Vereinigten Staaten seien vor dem Hintergrund ihrer weitreichenden globalen politischen Ziele angehalten zu akzeptieren, daß der Iran ein Recht auf eine friedliche Nutzung der Kernenergie habe. Kissinger sprach in diesem Zusammenhang davon, daß Washington einen "modernen, starken und friedlichen" Iran hinzunehmen hätte, wenn der freie Energiefluß erhalten bleiben solle.

Möglicherweise kann der Besuch el-Malikis im Iran vor dem Hintergrund dieser Diskussion gesehen werden, was das Stillhalten der USA bis zu einem gewissen Grad erklären würde. Es wäre jedenfalls im Interesse der gesamten westlichen Welt, wenn es zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten zu einer Aussöhnung käme.

Foto: Bush mit seinen Jungs: Der irakische Ministerpräsident Maliki (Mitte li.) gilt als US-Marionette. (Reuters)


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