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30.09.06 / Fanatisch gläubig / Spanischer Autor schildert Wandlung vom Ketzer zum Inquisitor

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. September 2006

Fanatisch gläubig
Spanischer Autor schildert Wandlung vom Ketzer zum Inquisitor

Der bisher nur in Spanien erfolgreiche Autor Antonio Orejudo feiert in Deutschland mit dem Roman "Feuertäufer" sein Debüt.

Die vom Autor beschriebenen Konsequenzen von Fanatismus und religiösem Wahn weisen deutliche Parallelen zur momentanen außenpolitischen Lage auf und spiegeln sich in dem brandaktuellen Streitthema zwischen Vatikan und Moslems bezüglich der theologischen Vorlesung Benedikts XVI. in Deutschland wieder.

"Bernd kniet demütig vor dem Bischof nieder, nimmt seine Hand und küßt sie, während die Orgel ein brausendes As in der Schwebe hält, und mit dem Ton auch die Inbrunst der Gläubigen. Als der Zeitpunkt für die Predigt gekommen ist, geht Bernd entschlossen zur Kanzel hinüber ... Als es im Dom totenstill geworden ist, hebt Bernd Rothmann den Kopf. Seine glühenden Augen jagen Frederick plötzlich einen Schreck ein. Rothmann stemmt die Hände auf die Brüstung der Kanzel und spricht mit einer donnernden Stimme, die man noch Jahrhunderte später unter dem Kanzeldach und zwischen den Mauern der Kirche widerhallen zu hören vermeint ..."

An diesem Sonntag 1535 denunziert Bernd Rothmann im Dom zu Münster die verkommene Institution Kirche, ruft die gebannt lauschende Menge dazu auf, diese gnadenlos niederzubrennen, und verschweigt auch nicht, wie er Bischof Frederick hatte zu Diensten sein müssen, um überhaupt die Möglichkeit zu bekommen, Theologie zu studieren.

Ab diesem Zeitpunkt häufen sich die Aufstände in Münster sowie in ganz Europa.

Für eine kurze Dauer gerät Rothmann in die Position einer der führenden Personen der aufrührerischen Wiedertäufer, ehe er, geschockt von Gewalt und Machtstreben, vorläufig von der Bildfläche verschwindet.

Einige Jahre später taucht Rothmann wieder aus der Versenkung auf. Jedoch hat er das Lager gewechselt und sich mittlerweile als Typograph Joachim Pfister einen Namen gemacht.

Auf der Suche nach dem Verfasser einer klugen Ketzerschrift, wird Pfister mit seiner Vergangenheit, seinen ehemaligen Träumen und Idealen konfrontiert und muß sich erneut mit seiner Loyalität und Grundeinstellung zur katholischen Kirche auseinandersetzen.

Ein sehr intelligentes Buch, das nicht zur oberflächlichen Zerstreuung gedacht ist. (A. Ney)

Antonio Orejudo: "Feuertäufer", Knaus Verlag, München 2006, geb., 253 Seiten, 18 Euro, Best.-Nr. 5786


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