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07.10.06 / Wie verkaufe ich einen Polit-Thriller? / Neues Buch über vermeintlichen Doppelmord an Uwe Barschel verfügt vor allem über eins: eine aufsehenerregende PR-Kampagne

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Oktober 2006

Wie verkaufe ich einen Polit-Thriller?
Neues Buch über vermeintlichen Doppelmord an Uwe Barschel verfügt vor allem über eins: eine aufsehenerregende PR-Kampagne
von Patrick O'Brian

Was kann getan werden, um die Verkaufszahlen eines Buches ordentlich in die Höhe zu treiben? Provokante Thesen, die kontrovers diskutiert werden, haben noch keinem Autor geschadet - Eva Hermann zum Beispiel kann ein Lied davon singen. Sie wird auf allen Kanälen kritisiert, ihr antifeministisches Buch "Das Eva-Prinzip" verkauft sich gerade deswegen phänomenal.

Aber wer ein Buch über Auftragsmorde, Intrigen, Komplotte und Verrat und schließlich über einen toten Spitzenpolitiker verfaßt, der muß die Geheimdienste mit in die Buchvorstellung integrieren. Wenn die Bedrohung durch Stasi, Mossad und CIA besonders lebendig wirkt, dann ist der Punkt erreicht, an dem sich das Buch wie von alleine verkauft.

Der Herbig-Verlag und der Journalist Wolfgang Baentsch, ehemals Chefredakteur der "Wirtschaftswoche", testen das gerade aus. Der Autor hat ein Buch über den "Doppelmord an Uwe Barschel" verfaßt. In Berlin sollte es letzte Woche vorgestellt werden.

Zu dieser Pressekonferenz mußten sich die Teilnehmer vorher anmelden, eine unübliche Vorgehensweise. Normalerweise gehen Journalisten zu solchen Terminen einfach so hin.

Am Nachmittag vor der Pressekonferenz klingelt das Telefon. Eine Mitarbeiterin des Verlags stammelt eine völlig irrsinnige Entschuldigung. "Leider fällt die offizielle Vorstellung des Buches morgen im Bundespresseamt aus. Aber Sie können einen exklusiven Interviewtermin mit dem Autor vereinbaren."

Bei jedem Journalisten ist spätestens jetzt das Interesse geweckt. Über ein exklusives Interview freut sich ein jeder obendrein. In dem Gespräch heißt es dann über die mysteriösen Umstände der abgesagten Pressekonferenz: Es gab Befürchtungen, Geheimdienste würden die Buchvorstellung stören. Uiiih, wie gefährlich.

Vielleicht wollten Mossad oder CIA das Bundespresseamt ja in die Luft sprengen?!

Seit vorletzten Dienstag spekuliert jetzt das halbe Hauptstadtpressekorps, warum diese Pressekonferenz so kurzfristig abgesagt wurde? Ob der BND die "neuen Enthüllungen" im Fall Barschel verhindern wollte? Oder war vielleicht alles vom Verlag vorher geplant? Für diese These spricht die unübliche Anmelde-Zeremonie, denn absagen kann der Verlag ja nur solchen Journalisten, von deren Kommen er weiß.

Vor allem aber ist, aus der Sicht des Verlags, ein Klima der Verunsicherung entstanden, das ausgezeichnet zu dem Buch paßt, das vom Mord an Uwe Barschel handelt. Vielleicht hinterfragt dann niemand mehr die Fakten in dem Buch, die so atemberaubend klingen, daß dem Leser die Nackenhaare zu Berge stehen.

Zusammengefaßt schreibt Baentsch über den toten, vermutlich ermordeten schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten: Barschel wurde das Opfer einer Intrige von Waffenlieferanten, die Geschäfte zwischen Iran und Israel / USA abgewickelt haben. Was das angeht, so stützt er sich auf die Thesen des angeblichen ehemaligen Mossad-Agenten Victor Ostrovsky, der alles dies schon 1994 in "Geheimakte Mossad" zu Protokoll gegeben hat.

Mordpläne gegen Barschel habe es bereits früher im Jahr 1987 gegeben. Baentsch hat eine Zeugin - eine gebürtige Ostpreußin - aufgetan, die Ohrenzeugin des Mordauftrags gewesen sein will. Sie habe daneben gesessen, als ihr niederländischer Gastgeber den Auftrag entgegen genommen habe. Dieses Attentat kam jedoch nicht zustande.

Statt dessen der Flugzeugabsturz, bei dem außer Barschel alle anderen Insassen ums Leben kamen. Wieder Geheimdienste am Werk? Baentsch vermutet es.

Dann der Mord im Genfer Hotel. Und die Vertuschung durch die Justiz. Die Medien, die Justiz in der Schweiz, in Deutschland - alle mauern. Die von Baentsch zusammengetragenen, aus geheimnisvollen Archiven stammenden Fakten lassen nur einen Schluß zu: Geheimdienste haben Barschel - auch im Auftrag der SPD - schließlich liquidiert, weil er sonst Dinge ausgepackt hätte, die ihre Geschäfte behindert hätten. Der BND hat die Sache zu vertuschen versucht, indem er falsche Fährten legte.

Am Ende präsentiert der Autor sogar ein Bekennerschreiben des Auftragsmörders, der 16 Jahre nach der Tat sein Gewissen gegenüber der Witwe erleichtert und alles zugibt (ohne sich zu erkennen zu geben indes). Die Zahl der Rätsel ist durch diese letzten Seiten des Buches nicht gerade kleiner geworden.

Baentsch sieht sich verfolgt. "Da gibt es ein Schweigekartell", klagt er beim exklusiv einberaumten Interviewtermin. Ein Radiointerview von ihm wurde auch nicht gesendet. Bei Kerner wurden er und die Barschel-Witwe wieder ausgeladen. Auch die "Bild"-Zeitung will plötzlich von ihm nichts mehr wissen.

Das scheint eine echte Verschwörung zu sein. Diesmal nicht gegen Barschel, sondern gegen Baentsch.


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