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21.10.06 / Es begann mit Heinrich v. Stephan / Ein Besuch im Frankfurter Museum für Kommunikation

© Preußische Allgemeine Zeitung / 21. Oktober 2006

Es begann mit Heinrich v. Stephan
Ein Besuch im Frankfurter Museum für Kommunikation
von Esther Knorr-Anders

Der ob seiner Verdienste um das Post- und Kommunikationswesen 1885 geadelte Heinrich von Stephan (1831-1897), Generalpostmeister des Deutschen Reiches und späterer Staatsminister, führte nicht nur die von ihm erfundene Postkarte, sondern auch den öffentlichen Fernsprecher ein. Darüber hinaus ist der aus dem pommerschen Stolp stammende Stephan als Gründer des 1882 in Berlin eröffneten "Reichspostmuseums" anzusehen, für das bereits vorhandene Sammlungen den Grundstock bildeten. Überraschend an Stephans Museumsmodell war, daß er mit den alten, auch neue, zukunftsträchtige Objekte vorstellte; der durch den Besucheransturm ausgewiesene Erfolg gab ihm recht. Jahrzehnte später mußten Teile der Sammlungen wegen der Bombenangriffe auf Berlin ausgelagert werden, gelangten 1943 über Thüringen nach Hessen, und zwar nach Frankfurt an den Schaumainkai in eine Patriziervilla, die sich bald als zu klein erwies, doch als Baudenkmal erhalten bleiben sollte.

Was tun? Phantasie war gefragt. Und Phantasie bezeugten die Architekten der Firma Behnisch & Partner mit einem preisgekrönten Entwurf. Sie verbanden unterirdisch das alte Haus (heute Sitz der Verwaltung und der Bibliothek) mit dem gegenübergestellten Neubau und vermieden so eine Reduzierung der Eigenart beider Bauten. Man betritt den 1990 der Öffentlichkeit übergebenen Neubau, ein Gehäuse aus Glas und glänzendem Aluminium - und ist dem Zauber kunstvoller moderner Architektur verfallen. Was soll man mehr bewundern: das lichtdurchlässige Bauwerk oder die in Fülle vorhandenen Exponate? Sie werden nach Bereichen geordnet präsentiert: Kunst und Kultur; Zeitung, Reisen; Transport; Briefmarken, Telegraphie, Telefon und vieles mehr. Carl Spitzwegs "Ankunft des Postwagens" (um 1860) steht im krassen Gegensatz zu Klaus Staecks Bildpostkarte von 1985. Staeck persiflierte Manets Gemälde "Frühstück im Freien", indem er die illustre Runde mit banalen Gebrauchsgütern unserer Zeit versah: Mercedes, Kühltasche, Getränke-Dosen ...

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der Presse ein beachtlicher Aufschwung beschieden. Er führte 1871 in Berlin zur Einrichtung eines "Postzeitungsamtes", von dem 1892 über 250 Millionen Zeitungen verschickt wurden. Holzstiche zeigen das Ver- und Entladen der Zeitungssäcke und Pakete. Reisen mit Kutsche, Bahn und schließlich mit dem "Kraftpost-Omnibus" erfüllten zwar die Sehnsucht des Menschen nach Reisen in die Ferne, waren jedoch keineswegs - bis auf den heutigen Tag - mit durchgängiger Annehmlichkeit verbunden. Darüber täuscht auch das farbenfreudige Titelblatt eines "Taschenfahrplans der Kraftposten in Thüringen" (1932) nicht hinweg. Man sieht einen vollbesetzten, knallgelben Bus den Schlängelweg von der Wartburg herabzuckeln. Modelle altgedienter Busse - einer mit dem Hinweis "Sonderfahrt" (Deutsche Automobil AG, Baujahr 1925) - erwecken lebhaftes Interesse.

Im Museum anwesenden Philatelisten gehen die Augen über. Zwei historisch bedeutende Sondermarken erheischen Aufmerksamkeit: Die blaugrundige Zehn-Pfennig-Marke symbolisiert die "Eröffnung des ersten Deutschen Bundestages in Bonn am 7. September 1949"; die 40-Pfennig-Marke "100 Jahre Postmuseum - 1972" zeigt ein Posthorn auf der handschriftlichen Gründungsverfügung Heinrich von Stephans vom 18. April 1872.

Feinstarbeit ist das Modell des Postdampfschiffes "Washington". 1847 war es - vielleicht bedingt durch die Auswanderungswellen im 19. Jahrhundert - notwendig geworden, eine regelmäßige, direkte Postverbindung mit Nordamerika ins Leben zu rufen. Unter finanzieller Beteiligung einzelner deutscher Staaten wurde genannter amerikanischer Raddampfer gebaut. Er schaffte es, das Postgut in 19 Tagen von New York über Southampton und Le Havre nach Bremerhaven zu liefern. Flugpostkarten gab es schon um 1912. Eine in Dresden aufgegebene Karte belustigt durch ihr Bildmotiv: Ein splitternackter Mann kniet an einem fernen Gestade und streckt die Arme dem am Himmel schwebenden Aeroplan entgegen.

Die kommunikationsfreundlichste Erfindung darf nicht unerwähnt bleiben: das Telefon. Modelle verschiedener Entwick-lungsformen stehen zur Schau. Museale Prunkstücke sind die Originaltelefone von Philipp Reis 1863 und Alexander Graham Bell 1877. Zu vermuten ist, daß sich der Briefwechsel, insbesondere der Liebesbriefwechsel, mit jedem installierten Anschluß verringerte. Wer hört nicht gern eine vertraute Stimme die drei unsterblichen Wörter raunen: "Ich liebe dich ..."

Deutsches Postmuseum / Museum für Post und Kommunikation, Schaumainkai 53, 60596 Frankfurt, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, am Wochenende von 11 bis 19 Uhr, Eintritt frei.


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