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04.11.06 / Im Stich gelassen / Politik fällt Bundeswehr in den Rücken: Unklare Aufträge, pauschale Vorwürfe

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. November 2006

Im Stich gelassen
Politik fällt Bundeswehr in den Rücken: Unklare Aufträge, pauschale Vorwürfe
von Hans Heckel

Die deutschen Soldaten in Afghanistan haben sich verhalten, wie Soldaten aller Armeen es bisweilen tun. Deren derber, manchmal geschmackloser Humor mag uns nicht gefallen. Die Kämpfer aber sind enormen Anspannungen ausgesetzt und lassen gelegentlich Dampf ab. Wer das nicht erträgt oder gar in die Nähe wahrer Skandale wie den Folterungen von Abu Ghraib rückt, verweigert sich der rauhen Realität eines Kriegsgebiets.

Wenn es sich dabei um einen Politiker, gar um einen Kanzler, einen Verteidigungsminister oder einen Generalinspekteur handelt, heißt dies: Er versagt. Die Bundesregierung tut derzeit sogar Schlimmeres: Sie fällt den eigenen Soldaten feige in den Rücken, besorgt allein um ihr eigenes Ansehen in den Medien statt um das der Soldaten.

"Rücksichtslos", "schonungslos" will Generalinspekteur Schneiderhan gegen die jungen Uniformierten vorgehen und die Bundeskanzlerin möchte "mit aller Härte durchgreifen".

Die Bekundungen von Abscheu gegenüber den Bundeswehrangehörigen, die auf Fotos mit Totenschädeln ihren frivolen Spaß treiben, haben sich überschlagen. Politik und Medien schütteten ihre ganze moralische Untadeligkeit aus über einige junge Leute, die unser Staat aus der Geborgenheit eines Landes, in dem nur die Ältesten noch wissen, was Krieg bedeutet, in eine explosive Wüste geschickt hat. Es sind Anfang 20jährige, die sich über Nacht in die Lage katapultiert sehen, womöglich töten zu müssen oder getötet zu werden.

Die Aufgabe einer verantwortungsbewußten Führung wäre es gewesen, sich vor die Soldaten zu stellen, um Verständnis zu werben für die jungen Männer, die man in eine heikle Operation geschickt hat, über deren eigentliche Ziele unterschiedliche, teils sogar hanebüchene Begründungen durchs Land wabern wie jene, die Streitkräfte verteidigten am Hindukusch die deutsche Demokratie.

Politiker aller Bundestagsparteien aber wetteifern um die lauteste Empörung, die tiefste Verdammung. Statt die vielbeschworene "gewachsene Verantwortung" selbst zu übernehmen, werfen Kanzlerin Merkel und ihr Verteidigungsminister Jung einfache Soldaten öffentlichkeitswirksam ins Feuer, um sich selbst aus der Schußlinie möglicher Kritik zu stehlen. Eifernd bemüht, einen maximalen "Empörungsabstand" zur eigenen Truppe herzustellen, scheuen Politiker nicht einmal davor zurück, die Vorgänge zum Straftatbestand der "Leichenschändung" aufzublasen.

Im häßlichen Kontrast zu der moralisierenden Schärfe der Verurteilungen steht die Leichtfertigkeit, mit der deutsche Soldaten mit unzureichender Ausrüstung und unklarem Auftrag in alle Welt verschickt werden. Die daraus resultierenden Belastungen liegen schwer genug auf den Bundeswehrangehörigen. Nun erlebt die Truppe auch noch, daß sie aus

der Etappe nicht die geringste Rückendeckung erhoffen darf, wenn etwas schiefgeht - eine in höchstem Maße demoralisierende Erfahrung. Eigentlich sollten es die Soldaten sein, um deren Wohl und Wehe sich die Politik sorgt, hinter deren Erfolg sie ihre eigenen Ambitionen zurückstellt.


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