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04.11.06 / Die Rente wird ein Stück sicherer / Erster Schritt gegen Finanzierungspleite - Noch schwere Mängel beim Entwurf der Regierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. November 2006

Die Rente wird ein Stück sicherer
Erster Schritt gegen Finanzierungspleite - Noch schwere Mängel beim Entwurf der Regierung
von Klaus D. Voss

Die Rente mit 67 ist auf dem Weg - überdeckt vom Dauerstreit um die Gesundheitsreform hat die Bundesregierung jetzt eine wichtige Entscheidung zur Sicherung der Altersversorgung getroffen: Das Kabinett beauftragte Sozialminister Franz Müntefering, den Gesetzentwurf zur "Rente mit 67" im Detail ausarbeiten zu lassen. Ein Schritt zu mehr Ehrlichkeit beim Thema Rente - damit stellt sich die Regierung der drohenden Finanzierungskatastrophe bei der Alterssicherung.

"Das ist die zentrale rentenpolitische Maßnahme dieser Legislaturperiode", meinte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Vorstellung der zwischen Union und SPD verabredeten Eckpunkte. Die Beitragslasten sollen bis zum Jahr 2020 unter der 20-Prozent-Marke gehalten werden, "um Betriebe und Arbeitnehmer nicht zu überfordern". Das Gesetz soll im Frühjahr 2007 in Kraft treten; die Länderkammer muß diesem Vorhaben nicht zustimmen. Angesichts rückläufiger Bevölkerungszahlen und steigender Lebenserwartung läßt sich das System in dem bisherigen Rahmen nicht mehr finanzieren, die "Rente mit 67" ist ein ehrlicher Eingriff.

Noch ehrlicher wäre es allerdings gewesen, statt des eher fiktiven "Rentenalters 67" von einer notwendigen, aber heftigen generellen Kürzung der Altersbezüge für die künftige Rentnergeneration zu sprechen - um bis zu 7,2 Prozent. Die heutige Altersgrenze mit 65 Jahren erreichen nur 44 Prozent der Arbeitnehmer, alle anderen gehen mit Abschlägen von 0,3 Prozent auf den Rentenanspruch je vorgezogenen Monat in den Ruhestand. Ein Jahr vorgezogene Rente summiert sich da zu einem Rentenabschlag von 3,6 Prozent. An eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit will die Bundesregierung nicht so recht glauben: Die volle "Rente mit 67" werden ihrer Einschätzung nach nur noch 40 Prozent der Senioren erhalten. Aber es gibt eine Reihe von Ausnahmen. Die geplanten Regelungen im einzelnen:

Neue Altersgrenze: Das Regelalter für Rentner wird von 2012 an (Geburtsjahrgang 1947) schrittweise jedes Jahr von 65 um einen Monat angehoben (siehe Tabelle), ab Geburtsjahrgang 1959 wird die Altersgrenze Jahr um Jahr um zwei Monate angehoben.

Garantie für Langzeitversicherte: Wer mindestens 45 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt hat, kann auch in Zukunft mit 65 ohne Abschläge in Rente gehen.

Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen sollen berücksichtigt werden - eine Regelung, die vor allem Frauen helfen wird. Allerdings werden in Zukunft nur noch wenige Versicherte ein so volles Rentenkonto zur Verfügung haben.

Abschlagsregelung: Weiterhin werden Arbeitnehmer mit 63 in Rente gehen können, sofern sie mindestens 35 Versicherungsjahre nachweisen können. Allerdings wird die Rente dann um 0,3 Prozent je Monat, den man früher aufhört zu arbeiten, gekürzt - gerechnet bis zu dem für den jeweiligen Geburtsjahrgang inzwischen angehobenen Rentenregelbeginn.

Rente bei Erwerbsminderung: Altersbezüge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit können ohne Abschläge weiter ab 63 beantragt werden, wenn mindestens 35 Versicherungsjahre erfüllt sind. Ab dem Jahr 2023 müssen Beiträge für 40 Jahre nachgewiesen werden. Es gelten die gleichen Anrechnungszeiten für Kindererziehung und Pflege wie bei der normalen Altersrente.

Schwerbehinderte: Die Altersgrenze für Schwerbehinderte wird ab 2029 auf 62 Jahre angehoben, zwei Jahre später als heute. Der volle Rentenbezug steht ihnen erst bei einem Renteneintritt mit 65 zu, sonst werden je vorgezogenen Monat 0,3 Prozent abgezogen.

Hinterbliebenenrente: Die Altersgrenze für die sogenannte große Witwenrente soll zum Stichjahr 2029 von 45 auf 47 Jahre angehoben werden.

Knappschaftsrenten: Für Bergleute mit Verwendung unter Tage erhöht sich das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre.

Beamte: Die neuen Altersgrenzen sollen gleichlautend auch für Beamte gelten.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Gesetzentwurf noch vor Weihnachten in den Bundestag eingebracht werden - dann wäre auch Zeit genug, zwei schwere Konstruktionsmängel zu beheben.

Die Große Koalition will sicherstellen, daß das Rentenniveau bis zum Jahr 2020 nicht unter 46 Prozent des früheren Erwerbseinkommens absinken wird, bis 2030 sollen noch wenigstens 43 Prozent gesichert werden. Noch ist offen, wie die Bundesbürger zu einer ausreichenden privaten Vorsorge angehalten werden können - und nicht einfach darauf vertrauen, zu schmale Renten über Zusatzleistungen aus den Sozialkassen aufstocken zu können. Ungeklärt ist auch, zu welcher Altersvorsorge die heutigen Bezieher von Niedriglöhnen in der Lage sind.

Der zweite wichtige Punkt betrifft drohende Arbeitslosigkeit kurz vor Rentenbeginn. In vielen Arbeitsverträgen finden sich noch Formulierungen wie diese: "Das Arbeitsverhältnis endet mit dem Jahr, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird, ohne daß es einer besonderen Kündigung bedarf." Noch hat der Gesetzgeber keine Antwort gefunden, wie hier der Übergang zur Rente mit 67 geregelt werden kann.

Foto: Arbeiten bis zum Umfallen? Die Erhöhung des Renteneinstiegsalters auf 67 Jahre ist de facto eine Rentenkürzung. (BilderBox)


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