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04.11.06 / 650 Jahre Schmauch / Polnische Verwaltung würdigt zwei Vertriebene mit der Ehrenbürgerschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. November 2006

650 Jahre Schmauch
Polnische Verwaltung würdigt zwei Vertriebene mit der Ehrenbürgerschaft
von Klaus Frank

Gemeinsam reisten 37 Schmaucher und Angehörige in einem Omnibus zur 650-Jahr-Feier des im Kreis Preußisch Holland gelegenen Ortes Schmauch, der zur Gemeinde Göttchendorf gehört. Ein besonderer Höhepunkt war die Übergabe und Weihe eines Feuerwehrautos - es war bereits der zweite Spritzenwagen - an die dortige Feuerwehr (PAZ 37 und 34/2003). Schon seit vielen Jahren bestehen zwischen den vertriebenen Schmauchern sowie den heutigen Dorfbewohnern, deren Verwaltung und der dortigen Kirchengemeinde enge Verbindungen, die durch viele Zusammentreffen von Jahr zu Jahr vertieft und verbessert werden konnten. Einige Mitglieder der deutschen Volksgruppe im Kreis Preußisch Holland konnten auch schon an Treffen der Kreisgemeinschaft Preußisch Holland in Itzehoe teilnehmen.

In den letzten Jahren machten die Schmaucher durch zwei außergewöhnliche Leistungen auf sich und die Kontakte zu der Gemeinde Schmauch besonders aufmerksam. So hatte Kurt Jordan vor sieben Jahren eine bis 1945 reichende Chronik des Dorfes publiziert. Gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung hatte er die 650-Jahr-Feierlichkeiten organisiert, in deren Rahmen auch ein Feuerwehrauto übergeben wurde, was nun wiederum das Verdienst von Horst Heck war. Heck hatte nach dem Kriegsende bei der Feuerwehr in Braunsdorf nahe der Lutherstadt Wittenberg gedient. Bei einem Besuch in Schmauch hatte er miterlebt, wie ein Brand im Dorf nur sehr schwer unter Kontrolle zu bekommen war. Mit seinen Freunden von der Feuerwehr war es ihm nach der Wende gelungen, ein Feuerwehrauto aus Wittenberg mit voller, ja sogar verbesserter Ausstattung der Feuerwehr in Schmauch zu schenken. Nun sollte die Übergabe und Weihe eines zweiten folgen.

Die Leitung der 650-Jahr-Feier lag in den Händen von Gemeindebürgermeister Bogdan Pobiarzyn und Frau Danuta Lastowska. Als Ehrengäste mit persönlicher Einladung waren neben Horst Heck und Kurt Jordan der Ortsbürgermeister und stellvertretende Wehrleiter der Feuerwehr Braunsdorf-Reinsdorf, Reinhard Rauschning, der Chef der Feuerwache in Wittenberg Knut Stephan sowie der derzeitige Wehrleiter von Braunsdorf Thomas Heck anwesend. Ihre Grüße übermittelten zudem der Wittenberger Oberbürgermeister Eckhard Naumann, der Bundestagsabgeordnete Engelbert Wistuba und der Preußisch Holländer Kreisvertreter Bernd Hinz.

Das verlängerte Festwochenende begann am Freitag mit einer festlichen Gemeinderatssitzung in der ehemaligen Schule, in deren Rahmen die 650jährige Geschichte von Schmauch gewürdigt wurde. Höhepunkt dieser Sitzung war aber die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Kurt Jordan und Horst Heck. Diese Würdigung bedeutet eine große Anerkennung ihrer Leistungen über die Staatsgrenze hinweg, die erst durch die Verbesserungen der deutsch-polnischen Beziehungen nach der Wende möglich wurde. Beide erhielten eine Urkundenrolle, trugen sich in das Goldene Buch der Gemeinde ein und bekamen einen symbolischen Gemeinde-Schlüssel. Bei den Ehrungen und der Überreichung der Gastgeschenke der Geehrten war die tief empfundene Freude auf beiden Seiten spürbar. Jordan hatte Weinpräsente - "in die Flasche gebannte Sonne" - mitgebracht. Heck überreichte eine von ihm zusammengestellte Chronik über die Kontakte zwischen den Feuerwehren Wittenbergs und Schmauchs. Als von einem aus der Bundesrepublik mitgebrachten Tonband das Geläut der Schmaucher Glocken und das von Emil Stern getextete und von den Brüdern Klaukien vorgetragene Heimatlied der Schmaucher erklang, erhoben sich Gäste und Gastgeber in Ehrfurcht von ihren Plätzen. Am Ende der offiziellen Veranstaltung erfreute eine Gruppe polnischer Jugendlicher mit einem großartigen, 30minütigen Vortrag die Festgemeinschaft. In Liedern, Versen und kurzen Vorträgen bot sie eine Bühnenvorstellung, in der sie auf die alte Geschichte Schmauchs und die Ereignisse zum Kriegsende - aus der Sicht beider Seiten - eingingen.

Im Anschluß an diese Festveranstaltung hatten die Gemeindeverwaltung und die Bewohner von Schmauch zu einem üppigen Festmahl eingeladen. Neben den überreichlichen Speisen und Getränken waren die persönlichen Gespräche zwischen früheren und heutigen Bewohnern das Wichtigste. Es besteht ein unendlicher Informationsbedarf auf beiden Seiten, von Jung und Alt.

Der Sonnabend begann mit einem Erntedank-Gottesdienst, an dem auch die Feuerwehren teilnahmen. An diesem Tage erhielt das zweite Feuerwehrauto seine Weihe. Das weitere Festprogramm sah diverse Sport- und Feuerwehrwettbewerbe vor. Die vertriebenen Schmaucher nutzten die Gelegenheit, um die heutigen Bewohner ihrer Häuser und deren Nachbarn persönlich zu besuchen. Sie waren immer wieder von der Herzlichkeit bei den Empfängen überwältigt und freuten sich, wenn die Häuser und Gärten wieder gepflegt und gehegt waren. Leider sind viele Gebäude verfallen und abgetragen, dafür aber auch anderes renoviert und zum Teil modernisiert.

Ein besonderes Ereignis bot der Sonntag. Schmauch erlebte wohl den ersten ökumenischen Gottesdienst in seiner schon vor einigen Jahren renovierten Kirche. Der örtliche katholische Pfarrer leitete den katholischen Teil des Gottesdienstes und der evangelische Pfarrer Pra aus Braunsdorf den protestantischen. Die deutschen Schmaucher trugen mit den Liedern "Lobe den Herrn" und "Nun danket alle Gott" zum gemeinsamen Lobpreis bei. Mit katholischem und evangelischem Segen beschlossen die beiden Geistlichen den Festgottesdienst.

Doch damit nicht genug. Im Anschluß an den Gottesdienst weihten die beiden Männer Gottes und die Bürgermeister sowie Kurt Jordan für die vertriebenen Schmaucher und ihre Angehörigen vor der Kirche in einem mit Feldsteinen ummauerten Karree neben dem Standort der heutigen Mariensäule (dem ehemaligen Kriegerdenkmal) einen Gedenkstein. Dieser erinnert mit der Aufschrift "Skorwony / Schmauch 650 - Lecie" an das Jubiläum. Mit enthüllt und geweiht wurde eine "Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges".

Zwischen beiden Gedenksteinen pflanzten Jordan und der Bürgermeister der Gemeinde Göttchendorf eine Linde. Pfarrer Pra stimmte mit den deutschen Besuchern daraufhin "Am Brunnen vor dem Tore" an.

Ein gemütliches Grillfest rundete die drei Tage währende 650-Jahr-Feier des Dorfes Schmauch ab.

Foto: Deutsche Reisegruppe an der neuen Gedenkstätte in Schmauch: Links die Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, rechts der Gedenkstein an das Jubiläum, in der Mitte die bei der Einweihung der Anlage gepflanzte Linde (Frank)


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