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04.11.06 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. November 2006

Depp oder Lügner? / Warum die Schädelfotos unsere Kanzlerin retteten und weshalb wir den Kaczynski einfach auf sein Zimmer schicken sollten
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Ach, das sei doch alles nicht so wild, beruhigt uns Berlin hinsichtlich der unausgesetzten Warschauer Amokläufe gegen die Deutschen: "Hunde, die bellen, beißen nicht!" Na gut - aber gilt das auch für keifende Kartoffeln? Noch dazu für die aus dem Gen-Labor, wo eine genauso aussieht wie die andere?

Pole sein ist in diesen Tagen alles andere als vergnüglich. Zweimal 167 Zentimeter kompakte Peinlichkeit suhlen sich in allen erreichbaren Fettnäpfen, dabei immerzu die weiß-rote Fahne schwingend. Die Kommentare aus dem übrigen Europa sind wie Salz in den Wunden polnischer Komplexe. Viele wenden sich einfach kopfschüttelnd ab und hoffen, daß Warschau so oft wie möglich einfach die Klappe hält. Andere treiben es noch übler mit unseren Nachbarn und streicheln ihnen jovial über den Kopf mit einem Text auf den Lippen wie aus dem Ratgeber über fortschrittliche Pädagogik für schwer erziehbare Kinder: Auch wenn er bloß Mist baut - immer ein wenig loben, damit er nicht völlig durchdreht.

Wir zweifeln, ob diese Therapie anschlägt. Nach Jahrzehnten des pädagogischen Fortschritts haben wir den Eindruck gewonnen, daß allzuviel Görenumschmeichelung eben gerade nicht zu einer harmonischen, toleranten Gesellschaft führt, sondern eher in einen verwahrlosten Haufen mündet, der in tumbe Rabauken auf der einen und windelweiche Allesversteher auf der anderen Seite zerfällt. Warum sollte es in der europäischen Familie anders ausgehen als bei anderen gewöhnlichen Leuten?

Also empfehlen wir der alten Tante Germania ein wenig mehr Resolutheit, wenn ihr die Kaczynski-Gören mal wieder den letzten Nerv rauben: Fieber messen, Nase putzen und ohne Nachtisch aufs Zimmer. Und ab jetzt keinen Mucks mehr, sonst gibt's morgen zum Frühstück statt eines süßen Schuldbekenntnisses nur kalten Realpolitik-Brei, von Schröder und seinem Freund Putin persönlich mit Ostseewasser versalzen!

Ach ja, der Schröder ... Hat sich gar nicht verändert, der Gute. Sein Buch geht prächtig, womit sich die Lebensdevise des Alt-Kanzlers abermals bestätigt: Gekonnt unter die Leute gejubelt läßt sich jeder Krimskrams als großer Wurf verkloppen. Klaus von D., in den 80er Jahren Bürgermeister eines deutschen Stadtstaats, kam über Schröders Buch ins Grübeln: "Warum schreiben Politiker nur so schlecht?" Ist doch ganz einfach: Aus Volksnähe! Mit seinen schnell aufgeblasenen und noch schneller geplatzten Versprechungen hat Schröder den Massengeschmack perfekt getroffen und durfte zum Dank sieben Jahre Kanzler sein. Das Volk hat eine untergründige Schwäche für Gaukler, die ihr Publikum mit aufgetakeltem, aber inhaltsarmem Gedröhn verwöhnen. Das Gedröhn gibt es jetzt als Buch.

Kanzlerin Merkel wird eines Tages auch ihre Memoiren dichten. Da wird es viel Spannendes zu lesen geben. Für das Kapitel über den Libanon-Einsatz der Marine hätten wir schon einen Vorschlag für die Überschrift. Wie wär's mit: "Vor Tisch hü, nach Tisch hott und dann mit Karacho zwischen alle Stühle!"

Die Deutschen haben das ungute Gefühl, schon lange nicht mehr dermaßen veräppelt worden zu sein wie in den Gewässern des Nahen Ostens. Die Libanesen laden die Deutschen erst ein, ihre Küste zu bewachen, und verbannen sie dann auf die hohe See. Die israelische Regierung schleimt sich aus über ihre Dankbarkeit für den deutschen Einsatz, während das israelische Militär deftige Fußtritte verteilt.

Nun gut, man hätte es ahnen können. Ein "robustes Uno-Mandat" war den Deutschen versprochen worden, und wir Blödiane haben das tatsächlich geglaubt. "Robust" und "Uno" - in einem Satz! Wahrscheinlich hätte uns der Annan gleich noch einen "schwarzen Schimmel", einen "jungen Greis" und einen "selbstlosen Parteipolitiker" dazu verhökern können. Wir hätten ihm den Quatsch schon abgekauft, wir Idioten.

Frau Merkel ist nun natürlich in der unangenehmen Situation, entweder einzuräumen, daß sie selbst hinters Licht geführt wurde oder aber daß sie das Volk belogen hat. Eins von beidem muß es sein, für die Kanzlerin und ihren Verteidigungminister ist das aber wie die Wahl zwischen Pest und Pocken: Depp oder Lügner, sucht euch was aus!

Was macht ein kluger Politiker, wenn er einem echten Skandal nicht mehr entwischen kann? Er erfindet einen falschen! Dazu benötigt er natürlich fachmännische Unterstützung. Die sollte nicht auf sich warten lassen: Wie früher so manches Mal dem "Medienkanzler" Schröder eilte auch der Amtsinhaberin im richtigen Moment die lauteste der deutschen Zeitungen zu Hilfe und lieferte ihr ein paar Bundeswehrsoldaten am afghanischen Spieß. Der Ersatzskandal war da, jeden Tag füllte das Blatt den Pranger auf mit neuen Abschußkandidaten - solange, bis wir das Libanon-Desaster vollkommen vergessen hatten.

Das war die Erlösung. Merkel und Jung müssen sich gefühlt haben wie der eingeklemmte Wellington, als er die preußischen Trompetensignale vernahm. Erlöst von der Pein der Bedrängnis gingen Kanzlerin und Minister sofort tapfer zur Attacke über und ritten das Dutzend Soldaten unter fürchterlichem Geschrei so gründlich nieder, bis die verstörten Landser im letzten Kreis der Hölle versunken waren.

Auch weltweit war die Veröffentlichung der Fotos ein enormer Erfolg. Eine russische Zeitung fühlt sich gar an die Hitlerzeit erinnert. Solche Kritik trifft uns wohlig ins Mark - noch dazu aus einem Land, dessen Soldaten seit jeher für ihr untadeliges Benehmen berühmt sind.

Eine gewisse Enttäuschung bereiten uns allerdings die Afghanen. Bis Redaktionsschluß waren die von seiten der Medien dringlich bestellten Unruhen noch immer nicht ausgebrochen. Sollte danach etwas passiert sein, könnte man das kaum noch als "spontane Empörung" verkaufen, eher schon als organisierten Radau wie damals bei den Karikaturen. Doch organisierte "Spontaneität" ist immer noch besser als gar keine. Deutsche Medien trösteten sich Anfang der Woche denn auch mit der Vermutung, daß die Afghanen erstmal das traditionelle "Eid-Fest", das kürzlich begangen wurde, im Kreise ihrer Familien zu Ende feiern wollten, um sich danach endlich "spontan" zu entladen.

Wenig hilfreich sind Äußerungen wie die des afghanischen Bildungsministers Azam Dadfar. Es tue ihm "leid, daß das passiert ist", sagte er, "aber die Leute hier sind realistisch". Was bitte soll das denn bedeuten? Was tut ihm leid? Dis Sache mit den Knochen oder die Veröffentlichung der Bilder? Und was heißt hier "realistisch"? Darüber wissen wir ja wohl besser Bescheid!

Nicht nur über die Realität in Afghanistan, sondern auch die in Deutschland, versteht sich. Da lassen wir uns nur sehr ungern belehren von hergelaufenen Ausländern. Vergangenen Sommer fielen sie massenhaft in unser Land ein, um uns zum zuvor mühsam niedergerungenen Patriotismus anzustacheln. Das Deutschlandbild in der Welt verzerrte sich ins ganz und gar Unrealistische. Seitdem sind wir mit Korrekturmaßnahmen beschäftigt. Charlotte Knobloch ließ verlauten, daß bei uns Zustände herrschten wie 1933, den NPD-Erfolg in Mecklenburg-Vorpommern haben wir unter erheblichen Anstrengungen zum Anfang vom Ende der deutschen Demokratie aufgedonnert. Doch die Wirkung dieser Aufklärungsoffensiven auf die Welt blieb bislang bescheiden. Vielleicht haben wir es ja nun mit der Fotokampagne geschafft, daß die im Sommer schwer an Deutschfreundlichkeit erkrankte Menschheit wieder gesund und brauchbar wird.

Zumindest bei uns kehrt das richtige Selbstbild langsam zurück. Vergangene Woche stürzte der pathetisch-patriotische WM-Film "Deutschland, ein Sommermärchen" von Platz eins. Der neue Spitzenreiter in den Kinos ist Teil zwei von "Sieben Zwerge".


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