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25.11.06 / Endgültig heimgekehrt / Heinz Wolfs Lebenskreis hat sich in Ostpreußen geschlossen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. November 2006

Endgültig heimgekehrt
Heinz Wolfs Lebenskreis hat sich in Ostpreußen geschlossen
von Walter T. Rix

Besucher des nördlichen Ostpreußens werden sich mit Freude und Dankbarkeit an das gastfreie Haus von Heinz Wolf in Großrominten erinnern. Heinz Wolf war ein Pionier und zugleich ein Mann der Konsequenz. Er zählte zu den ganz wenigen, die es wagten, in die Heimat zurückzukehren, und zwar nicht als Tourist, sondern als "Einheimischer", der sich wieder im Ort seiner Herkunft niederläßt. Nach seiner Pensionierung als Verlagsbuchhändler in Köln zog der 1931 in Großrominten Geborene mit Sack und Pack in seinen Geburtsort zurück. Das war natürlich erst nach Überwindung der größten Schwierigkeiten sowohl persönlicher als auch politischer Natur möglich. Aber mit seiner Entschlußkraft setzte er sich über alle Hindernisse hinweg. In Großrominten wählte er das abseits des Dorfes am Waldrand gelegene Haus des ehemaligen Bahnhofvorstehers als Wohnsitz und ließ es grundlegend renovieren. Es wurde ihm zu einem behaglichen Heim und zahlreichen Besuchern, darunter auch wiederholt Jugendgruppen, zu einem gastfreundlichen Haus.

Dem Buch bereits beruflich verbunden, legte er großen Wert darauf, seine umfangreiche und eindrucksvolle Bibliothek, die er bis zuletzt erweiterte, mit nach Großrominten zu nehmen. Hinzu kamen die Abonnements mehrer Zeitschriften sowie des Ostpreußenblattes beziehungsweise der PAZ. So wurde sein Wohnzimmer zu einem geistigen Forum, in dem man, vermittelt durch die Impulse der umgebenden Bücher, Gedanken austauschen konnte. Mit seinem wachen Geist verfolgte Heinz Wolf die Geschehnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Er zeichnete sich gleichzeitig durch seine vorzüglichen Einblicke in die Tendenzen der russischen Politik aus. Auf ausgedehnten Waldspaziergängen konnte man dann, begleitet von drei geliebten Hunden, die in der Bibliothek erörterten Gedanken fortsetzen, nicht ohne daß Heinz Wolf bestimmte Tendenzen in der Bundesrepublik kritisch und ironisch kommentierte. Überhaupt fand er es zunehmend schwieriger, sich mit der Bundesrepublik zu identifizieren.

Das Verhältnis zu den russischen Behörden war einvernehmlich, und die Dorfbewohner respektierten ihn als aufrechten und standhaften Deutschen. Stark gelitten hat er unter zwei brutalen Überfällen, durch die er auch erheblich verletzt wurde. Die Täter hatten sich ausgerechnet, daß sein einsam gelegenes Haus besonders leicht zu überfallen und bei ihm besonders viel zu holen sei. Glücklicherweise wurden die Verbrechen von den russischen Behörden schnell aufgeklärt. Es nagte besonders am Herzen von Heinz Wolf, daß die Täter ausgerechnet Rußlanddeutsche waren, die er vorher unterstützt hatte. Bei einem Überfall wurden ihm sämtliche Papiere entwendet. Nicht ohne Bitterkeit erzählte Heinz Wolf in diesem Zusammenhang, daß ihm die russischen Behörden weitaus besser geholfen hätten als das deutsche Konsulat in Danzig.

Ein verhängnisvoller Schicksalsschlag war für ihn der schwere Verkehrsunfall, den ein polnisches Auto in der Nähe von Prenzlau verursachte. Die Kunst der Charité vermochte zwar, ihn trotz des Schädelbruchs und des zweimal gebrochenen Beines wiederherzustellen, aber infolge der hochgradigen Zuckerkrankheit vollzog sich die Heilung nur sehr zögerlich. Zweifellos hat der anhaltende Krankheitszustand in Zusammenhang mit seiner Enttäuschung über den Weg der Bundesrepublik seine mentale Verfassung äußert negativ beeinflußt. Seit dem 6. November 2006 ist Heinz Wolf endgültig heimgekehrt. Am 11. November wurde er in Anwesenheit von 50 Trauergästen, darunter leider keiner aus der Bundesrepublik Deutschland, zu Grabe getragen.

Besucher in jüngster Zeit berichteten von zunehmender Einsamkeit und schwermütigen Gedanken. Heinz Wolf erwähnte sogar, daß er sich bereits einen Platz auf dem alten Dorffriedhof von Großrominten ausgesucht habe. Nun hat ihn die ostpreußische Erde für immer wieder. Auch das ist als ein Vermächtnis von Heinz Wolf zu verstehen. Aber dieses Vermächtnis erfüllt uns jetzt mit Trauer und Schmerz. Die große Bibliothek, in der sich so viele Gedanken entwickelt haben, ist jetzt verwaist. In den vielen Besuchern hingegen leben die Gedanken weiter und verbinden sich mit dem Bild der Persönlichkeit von Heinz Wolf.


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