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02.12.06 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 02. Dezember 2006

Die Bessersozis / Merkel will nicht mehr, sie will alles. Schulz will nur Geld und kriegt Prügel, und ein frischer Ehrendoktor will nur noch raus
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Außergewöhnlich böse Zungen behaupten, daß Halter von Haustieren nach vielen Jahren inbrünstiger Beschäftigung mit dem geliebten Getier dem meist vierbeinigen Genossen irgendwie ähnlich werden. Klingt nicht schmeichelhaft, aber folgerichtig: Als ein auf Geselligkeit ausgerichtetes Wesen ist der Mensch darauf geeicht, sich seiner Gesellschaft anzupassen. Und wenn die nunmal knurrt oder an der Kandare nuckelt - was soll man machen?

Indes muß eingeräumt werden, daß die Angleichung wirklich viel Zeit braucht, meistens. Aber nicht immer: Die Partner in der Großen Koalition aus Christdemokratischer Partei und Sozialdemokratischer Union haben sich programmatisch schon nach einem Jahr derart ineinander verschlungen, daß die Deutschen sie nicht mehr unterscheiden können. Seit Dresden schon gar nicht.

Allerdings treibt die Koalitionäre keineswegs die tiefe Zuneigung, die Herrchen und Tierchen verschmelzen läßt. Ihre Annäherung ist gezeichnet von fieser List. Es geht zu wie in einer vergifteten Partnerschaft, wo der Mann die Kinder nur deshalb bekocht, um der Hausfrau ihre Überflüssigkeit nachzuweisen - und nicht etwa, um sie zu entlasten. Währenddessen repariert sie den Rasenmäher, um es ihm heimzuzahlen. So macht die CDU den Bessersozi und kuschelt mit der "sozialen Gerechtigkeit", während Kurt Beck schon mal Sätze à la "Leistung muß sich wieder lohnen!" unters verblüffte Volk streut.

In Dresden nun hat die CDU den Beweis antreten wollen, daß sie beides gleichzeitig kann: Küche und Rasenmäher. Mögen sich die Entscheidungen in der Richtung doch widersprechen - jedenfalls kann uns keiner Untätigkeit vorwerfen und für jeden ist was dabei. Diese Philosophie wird man später das "System Merkel" nennen, da können wir heute schon sicher sein.

Wer die CDU-Chefin fragt, ob sie lieber schwimmt oder fliegt, dem würde sie antworten: "Am liebsten schwimme ich auf den Wolken und fliege durchs Wasser, und zwar beides zugleich!" Sie nennt ihre Zustimmung zu allem und jedem auf dem Parteitag die Stärkung der Parteiflügel. Flügel gäben nämlich Auftrieb, belehrte Merkel die Delegierten. Wenn die Flügel allerdings mit gleicher Kraft in entgegengesetzte Richtungen drängen, kommt der Vogel nicht von der Stelle und endet als Fleck auf dem Pflaster.

Bundestagswahlen entfalten genügend Schwerkraft für einen heftigen Aufprall. Immer weniger Deutsche haben Lust, beim Absturz zu den Havaristen zu gehören und geben ihre schwarzen und roten Parteibücher zurück. Der nächste Bundestagswahlkampf könnte daher eine recht fade Veranstaltung werden. Wenn es kaum noch Parteiaktivisten gibt, die für die Postenerhaltung anderer ihre Freizeit opfern, dann schrumpft auch die Zahl der beliebten Wahlkampfstände.

Das wäre ein herber Verlust. Bei wem sollen die Deutschen dann ihren Alltagsgroll entsorgen? Das war doch stets eine hübsche Unterbrechung beim Einkaufsbummel: Zu so einem bunten Tisch gehen, den Gratiskugelschreiber abgreifen und den armen kleinen Aktivisten zusammenscheißen für die Politik seiner Partei (nach dem Kugelschreiber, sonst gab's keinen!).

Infolge des Mitgliederschwunds stehen da bald nur noch bezahlte Profis von Agenturen. Die Schatzmeister aller Parteien werkeln gerade an einem Gesetz, das die Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung deutlich anhebt. Danach hätten sie das Geld für professionelle Wahlstand-Hostessen, die dann wahrscheinlich "political communicater" oder so heißen und den Charme geschminkter Sprechmaschinen verströmen. Wenn man ihnen am linken Revers zupft, machen sie den Rüttgers, fürs rechte gibt's den Oettinger. Nur Münzautomaten sind noch langweiliger.

Ja, wir werden es vermissen, das gemeine Parteimitglied: Plakatschmierer, Jubelperser und Seelenkloake des parteifernen Volkes in einem - und das auch noch beitragspflichtig! Möglicherweise dämmert den müden Parteisoldaten, daß das Versprechen, für all ihre Mühen dürften sie ja auch mitreden, "Politik gestalten", natürlich Blödsinn ist. Sie waren zeitlebens nur Beiwerk. Doch für derlei romantische Politfolklore, für solch rührende Selbstlosigkeit hat unsere globalisierte Welt keinen Platz mehr. Wir sind, auf Geheiß von Politik und Wirtschaft, nämlich alle "flexibel" geworden und verabschieden uns jeden Morgen aufs Neue von "eingefahrenen Denkmustern".

Das gibt uns die Kompetenz, "realistisch in die Zukunft zu schauen". Die ist nicht mehr von schäumenden Idealisten bevölkert, sondern von der Gier. Wir sehen natürlich ein, daß das so sein muß, aber wohl ist uns dabei nicht gerade. So träumen wir manchmal von einer besseren Welt.

Gelegentlich werden Träume sogar wahr, ehrlich! "Ach, wenn Geldgier doch weh täte!" Das haben wir uns immer schon gewünscht, nicht wahr? Jetzt ist es endlich passiert. Gucken Sie mal in die verhauene Visage von Axel Schulz. Da können Sie in unschuldiger Häme über die Schmerzen lachen, die ihm sein Gegeiere nach den 1,5 Millionen eingetragen hat. Zum Schaden schenken wir ihm den hoch verdienten Spott.

Das hat nichts mit schnödem Neid zu tun. Wir achten und verehren gerade solche Leute, die aus einfachen Verhältnissen ganz nach oben vorgedrungen sind. Wie so ein Schmiedelehrling, der mit 26 als Mechaniker zu VW geht, mit 48 Betriebsratsvorsitzender wird und mit 57 sogar zum Chef des Weltkonzernbetriebsrats aufsteigt. Ein sagenhafter Werdegang!

Die Technische Universität (TU) Braunschweig krönte die strahlende Laufbahn des einstigen kleinen Schmieds 2002 mit der Ehrendoktorwürde "in Anerkennung seiner herausragenden innovativen Leistung bei der Gestaltung moderner Unternehmensstrukturen".

Mittlerweile beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft mit der "innovativen Leistung" des geehrten Dr. h. c. Klaus Volkert, dem die "modernen Unternehmensstrukturen" von VW angeblich 1,95 Millionen Euro zuviel in die Taschen gespült haben. Die Weihnachtszeit wird Volkert im Knast verbringen.

Über die blendende Biographie des Klaus Volkert hat sich ein fetter Schmierfilm gelegt, der den Doktormachern von der Braunschweiger TU die Feiertage versauen könnte. Ausgerechnet 2002 haben sie ihn dekoriert, als sich Volkert den bisherigen Ermittlungen zufolge auf der Höhe seiner moralischen Tiefe bewegt haben soll.

Natürlich sind 1,95 Millionen nebst ein paar Rio-Reisen für einen Weltkonzern wie VW im Grunde - wie sagt man gleich? - "Peanuts". Daß die deutschen Großunternehmen im internationalen Vergleich zuwenig Gewinn machen, daher zuwenig Geld haben und immerfort vor feindlichen Übernahmen zittern müssen, kann an solchen Kleinigkeiten nicht liegen.

Aber haben die Konzerne wirklich zuwenig Geld? Oder können sie es nur nicht finden? Vielleicht sollten sie mal gründlich zu Hause nachsehen. Bei Siemens beispielsweise tauchen ständig neue Kassen auf, von denen die Unternehmensspitze überhaupt nichts wußte! Und auch sonst kaum einer, bis so eine Petze alles ans Licht zerrte, das mit den "schwarzen Kassen".

Kinder, wie die Zeit vergeht! Ist Preußen wirklich schon so lange her? Vor ein paar Jahrzehnten noch hatten wir Deutschen den Ruf, bis in die Zehenspitzen ehrlich zu sein. Ein bißchen pedantisch vielleicht, anstrengend, aber fern jeder Gaunerei. Der Siemens-Skandal, so fürchten einige Leute, könnte in unserem leuchtenden Antlitz einige Schrammen hinterlassen. Siemens ist ja nicht irgendeine Klitsche.

Holen die Leute jenseits der Grenzen demnächst die Wäsche von der Leine, wenn wir mit unserem Kennzeichen D vor ihrer Pforte parken?


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