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09.12.06 / Billig davongekommen / Josef Ackermann und seinen einstigen Manager-Kollegen wurde der Freikauf leicht gemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. Dezember 2006

Billig davongekommen
Josef Ackermann und seinen einstigen Manager-Kollegen wurde der Freikauf leicht gemacht
von Klaus J. Groth

Schon möglich, daß die Frau Ackermann ihren Josef ermahnte: "Bub, so etwas tut man nicht." Mütter haben das so an sich. Josef aber begriff sehr früh, daß niemand in der Oberliga spielt, der niemals macht, was man nicht tut. Er aber wollte ganz nach oben, und dorthin kam er auch. Dabei durfte er nicht immer auf Verständnis für seine Handlungsweise hoffen, aber das brauchte er auch nicht.

Jetzt braucht er es auch nicht. Auf allgemeines Verständnis kann er pfeifen nach seinem Deal mit Richter Stefan Drees. Josef Ackermann kann schließlich rechnen. 3,2 Millionen Euro für den Seelenfrieden, das ist nicht zu teuer. Dafür wurde auch schon mehr bezahlt. Vor allem ist es nicht zuviel, wenn man jährlich zwischen 15 und 20 Millionen Euro als Einkommen zu versteuern hat. Josef Ackermann meint, das habe er verdient, doch das sieht nicht jeder so. Jedenfalls hat auch er, wie mittlerweile allgemein zu lesen ist, erkannt, daß garstigen Buben die Herzen nicht unbedingt zufliegen. Darum legt er Wert auf die Feststellung, er berappe die 3,2 Millionen aus eigener Tasche. Ja, wie denn sonst? Vom Spesenkonto? Oder von der Kostenstelle für unvorhergesehene Ausgaben? Egal, Hauptsache, niemand kommt auf den Gedanken, die Summe als "Peanuts" zu bezeichnen. Oder die Geldauflage ein Bußgeld zu nennen. Beim Ablaßhandel wurde das Seelenheil schließlich auch durch Zahlung einer Geldspende und nicht eines Bußgeldes gerettet.

Gemessen an den millionenschweren Dankeschöns, mit denen die Angeklagten einst "Mannesmann"-Managern den Abschied nach Gutsherrenart versüßten, erlangten die Angeklagten ihren Freikauf geradezu als Schnäppchen. Trotzdem machte Ackermann dabei noch das schlechteste Geschäft. Außer dem Vergnügen, sich mit dem Geld anderer Leute generös zu geben, sprang für ihn nichts dabei raus. Anders bei Klaus Esser und Joachim Funk. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat der wegen Beihilfe zur Untreue angeklagte Klaus Esser an seiner eigenen Begünstigung mitgewirkt. Der frühere Vorstandsvorsitzende der "Mannesmann AG" erhielt nach Übernahme des Unternehmens durch "Vodafone" - zuzüglich zu der ohnehin fälligen Abfindung von 15 Millionen Euro und zwei Millionen Euro als Abgeltung von Sachansprüchen - eine Anerkennungsprämie von 16 Millionen Euro. Warum? Wofür? Das ist bis heute nicht beantwortet. Einen erkennbaren Nutzen für das Unternehmen, der eine derartige Prämienzahlung in Rekordhöhe vielleicht gerechtfertigt hätte, vermochten die Bundesrichter nicht zu erkennen, als sie 2005 die Freisprüche des ersten Prozesses vor dem Düsseldorfer Landgericht aufhoben. Gleichwohl kam Klaus Esser nun in der Neuauflage nach dem Deal mit dem Düsseldorfer Landgericht mit einer Zahlung von 1,5 Millionen Euro davon, das entspricht nicht einmal einem Zehntel seiner Brutto-Prämie. Selbst nach Abzug der Steuer und anderer ärgerlicher Nebenkosten bleibt das also ein ausgesprochen vorteilhaftes Geschäft.

Oder Klaus Funk. Der war bei "Mannesmann" Vorsitzender des Aufsichtsrates. Als dann alles zusammenbrach bei "Mannesmann" und das Versiegen der lukrativen Pfründe absehbar war, regte er eine Prämienzahlung und eine Abfindung für verlorene Pensionsansprüche an. Für sich selbst, wohlgemerkt. Dabei fügte es sich glücklich, daß er an den Beschlüssen seiner Anregungen teilhaben konnte. Allein die Prämie betrug drei Millionen Euro. Davon ist nun zwar durch die vereinbarte Zahlung eine Million wieder futsch, aber auch so rechnet sich das Geschäft noch.

Nun wird über den Freikauf kräftig lamentiert, nun werden die vereinbarten Zahlungen als viel zu gering beklagt. Zuvörderst und am lautesten klingt das Lamento derjenigen, die längst auf die Höhe solcher Zahlungen hätten Einfluß nehmen können, das der Politiker. Denn sehr viel kräftiger als vereinbart, hätte die Wirtschaftskammer des Landgerichts nicht zur Kasse bitten können. Die Höchstgrenze für Geldstrafen liegt in Deutschland bei 720 Tagessätzen à 5000 Euro. Das macht 3,6 Millionen Euro, und ist ganz schön viel Geld. Nicht aber im Verhältnis zu den Bezügen in der Oberliga der Wirtschaft. Leser diverser "Manager-Magazine" wissen, was dort verdient wird, Politiker offenbar nicht. Sonst hätten sie vielleicht gemerkt, daß die Geldstrafen weit hinter den wirtschaftlichen Realitäten zurückgeblieben sind. Bei 126000 Verfahren, die in jedem Jahr von deutschen Gerichten gegen Auflagen eingestellt werden, dürfte es sich schließlich nicht ausschließlich um Lappalien handeln. Zumal, wenn man weiß, daß theoretisch zwar jeder Ladendieb in den Genuß eines solchen Freikaufs mit strafendem Charakter kommen kann, tatsächlich aber vorzugsweise komplizierte Wirtschaftsstrafverfahren mit einem derartigen Deal zum Abschluß gebracht werden.

Noch befremdlicher als die äußerst moderaten finanziellen Auflagen wirken jedoch die Begründungen, die das Gericht als Weichspüler zu dem Deal lieferte. Nach nur sechs Verhandlungstagen und zwei Tagen der Beweiserhebung kam die Wirtschaftskammer zu dem Schluß, dem öffentlichen Interesse sei Genüge getan, die lange Verfahrensdauer und das öffentliche Interesse seien Belastung für die Angeklagten genug. Solch Einfühlungsvermögen wünschte man sich bei anderer Gelegenheit, beispielsweise wenn tausende Arbeitsplätze gestrichen werden und zugleich ein Rekordgewinn des Unternehmens verkündet wird.

Der Freikauf zum Schnäppchenpreis ist lediglich ein Ärgernis am Rande. Als der Bundesgerichtshof den Freispruch im Fall Mannesmann kassierte und an das Landgericht Düsseldorf zurückverwies, da hatte er eine "treupflichtwidrige Verschwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens" erkannt. Die Manager, so die Bundesrichter, seien nicht Gutsherren, sondern Gutsverwalter. Geschenke dürfe nur der Gutsherr machen, der Verwalter sei der Treupflicht unterstellt. "Es ist schlechterdings nicht vorstellbar", argumentierten die Bundesrichter, daß sich der in führenden Positionen der deutschen Wirtschaft tätige Angeklagte Dr. Ackermann und der Gewerkschaftsführer Zwickel für berechtigt gehalten haben könnten, in Millionenhöhe willkürlich über das ihnen anvertraute Gesellschaftsvermögen verfügen zu dürfen."

Haben sie aber doch. Weil das längst alle tun. Weil nicht das fixe Gehalt, sondern der Bonus das Jahreseinkommen vieler Manager bestimmt. Darum ist die langfristige Wertsicherung schon lange dem kurzfristigen Erfolgsdenken gewichen. Was man hat, das hat man. Ein in diesem Jahr gezahlter Bonus wird nicht zurückgefordert, auch wenn im nächsten Jahr Millionen in den Sand gesetzt werden. Das Geld der Anleger wird so zum Spielkapital, das bedenkenlos einzusetzen ist. Wer bei dieser Selbstbedienung nicht zulangt, hat selber Schuld.

Das Victory-Zeichen zum Beginn des ersten Prozesses haben viele Josef Ackermann übelgenommen. Warum eigentlich? Er hat von Anfang an gewußt: Persil kommt von Henkel. Henkel sitzt in Düsseldorf. In Düsseldorf gibt es den Persilschein.


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