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09.12.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lersen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. Dezember 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lersen
von Ruth Geede

Lewe Landslied

und Familienfreunde,

was wäre die Adventszeit ohne Weihnachtsmärchen? Auch wenn so manches Spiel, das heute über die Bühnen geht, wenig märchenhaft und schon gar nicht weihnachtlich ist, so folgen doch die kleinen Zuschauer mit blanken Augen und offenen Mäulchen dem bunten Geschehen - so wie wir damals in unserer Kindheit. Mein Lieblingsstück war "Peterchens Mondfahrt", es stand ja fest auf dem Spielplan der Königsberger Bühnen - aber auch in Memel, und an eine Aufführung erinnert sich unser Landsmann Klaus-Dieter Gehlhaar ganz genau und zwar aus sehr persönlichen Gründen. Es dürfte in der Spielzeit 1942/43 gewesen sein, als "Peterchens Mondfahrt" auch den nicht mehr so kleinen Klaus-Dieter in das Stadttheater zog, denn auf der Bühne agierten die Eltern seiner ersten heimlichen Liebe. "Gitti" hieß sie, drückte mit ihm die Schulbank, und für sie machte er auf dem Nachhauseweg einen großen Umweg, um sie begleiten zu können - und handelte sich dafür manchen elterlichen Mutzkopf ein. Aber auch den ersten Kuß von seiner Gitti, und das mitten auf der Straße! So etwas bleibt natürlich unvergessen, dafür hat Herr Gehlhaar den Nachnamen seiner Jugendfreundin aus dem Gedächtnis gestrichen, er fällt ihm partout nicht mehr ein. Vielleicht können ihm nun alte Memeler helfen. Gittis Vater hat damals im Weihnachtsmärchen den Maikäfer "Sumsemann" gespielt, die Mutter die Morgen- oder Abendröte. Herr Gehlhaar hat bisher auch in ausführlichen Berichten über das Stadttheater in Memel keinen Hinweis auf das Schauspieler-Ehepaar gefunden, der Vater könnte auch eine andere - leitende? - Funktion am Theater gehabt haben. Wenn es gelänge, wenigstens den Namen von "Gitti" - wohl Brigitte - zu erfahren, würde sich Herr Gehlhaar sehr freuen. Natürlich noch mehr, wenn er wüßte, ob seine Jugendfreundin die Flucht überstanden hat und wo und wie sie heute lebt. (Klaus-Dieter Gehlhaar, Dornbergstraße 7 in 91058 Erlangen, Telefon 0 91 31 / 60 36 47, Fax 0 91 31 / 77 17 61.)

Allzu große Erwartungen auf "Familienwunder" wiegele ich ja gerne ab, lieber lasse ich mich überraschen, und das ist Frau Sigrid Müller-Staubert auch voll gelungen. Sie hatte nach der Einsenderin eines Erinnerungsfotos vom Gutshaus Groß-Borken gefragt, das in einer Aprilausgabe 1994 unserer Zeitung erschienen war. Da diese inzwischen verstorben ist, erschien mir die Suche nach einer weiteren, damals zurückgesandten Aufnahme unmöglich. Für die Mutter von Frau Müller-Staubert hätte eine Abbildung des Gutshauses ideellen Wert, weil ihre Großeltern Pächter des Gutes waren, das später RAD-Lager wurde. Und nun kam der Brief, der so beginnt: "Wenn es Ihnen auch, wie Sie selbst schreiben, unmöglich erschien, Wünsche zu erfüllen, die auf länger zurückliegende Veröffentlichungen Bezug nehmen, so ist Ihnen hiermit doch ein Volltreffer gelungen. Es haben sich auf den Wunsch meiner Mutter Erna Staubert nach Ansichten von Groß-Borken drei Damen gemeldet, Frau Macholz noch am Erscheinungstag der Ausgabe telefonisch, Frau Rohmann aus Hamburg und Frau Lanäus aus Köln mit langen herzlichen Briefen und beiliegenden Fotos. Wir hatten mit diesem Erfolg nicht gerechnet und bedanken uns sehr herzlich für Ihre Bemühungen und Mithilfe." Worüber ich mich natürlich freue, und ganz besonders über den Nachsatz von Frau Müller-Staubert: "Schließlich fühlen wir Nachfahren uns auch dieser (Ostpreußischen) Familie zugehörig und hoffen, die Erinnerungen über die Zeiten bewahren zu können."

Ein Dankeschön auch von Herrn Dr. Ulrich Kunkel, ein herzliches sogar. Für die Unterstützung bei der Klärung der Herkunft von Familiennamen seiner Vorfahren durch unsere Ostpreußische Familie. Er bekam zwei schriftliche und fünf fernmündliche Hinweise, und das - so meint Herr Dr. Kunkel - sei doch ein großartiges Ergebnis nach über 60 Jahren Vertreibung aus der Heimat. Er findet es erfreulich, daß so viele Landsleute an einer privaten Familienforschung lebhaften Anteil nehmen, und sieht es als erneuten Beweis für die ungebrochene Hilfsbereitschaft und den Zusammenhalt unter uns Ostpreußen. Sehr konkret war ein Hinweis auf den Namen Mambrey, der auf Einwanderer aus der französischen Schweiz zurückgeht, die aus dem Gebiet von Marin-Epagnier oder aus La Sagne stammen. "Das ist doch ein klares Ergebnis", schreibt Herr Dr. Kunkel. Weitere Hinweise kamen zu einem Teil der vielen Namen, die er angeführt hatte. Keine Reaktion erbrachten die Fragen nach der Herkunft der Familiennamen Kopetsch, Bigang, Terrach, Lenck und Kozian. Na ja, kann noch werden. (Dr. Ulrich Kunkel, Westerallee 25 in 24937 Flensburg.)

Man darf eben nicht zu früh die Flinte ins Korn werfen, denn unsere Zeitung wird ja munter weitergereicht, und dann beginnt das Recherchieren, das Nachfragen im Bekanntenkreis und bei Landsleuten, die vielleicht helfen könnten, manchmal auch erst beim nächsten Heimattreffen - nur so ist ja das Erfolgsgeheimnis unserer Ostpreußischen Familie zu erklären. Wenn man dazu unsere Auslands-Abonnenten einbezieht, die sich ja sowieso erst nach gewisser Zeit melden können, kann es schon vorkommen, daß manchmal eine Reaktion nach Wochen, ja Monaten erfolgt. Diese Klarstellung war wieder einmal notwendig, denn ein Leser schrieb mir bereits neun (!) Tage nach dem Erscheinen seiner Suchmeldung, daß diese nicht sehr erfolgreich gewesen sei, denn er hätte nur eine Nachricht bekommen. Übrigens war diese sogar sehr aufschlußreich! Also ein wenig Geduld muß man schon aufwenden, vor allem dann, wenn es sich um schwierige Fragen handelt - aber die werden ja manchmal schneller gelöst, als man erhofft hatte.

Schwierig wird es vor allem dann, wenn es sich um Frauen handelt, die bei der letzten Begegnung noch unverheiratet waren. Wenn sie Krieg und Flucht überlebt haben, könnten die meisten durch Heirat längst einen anderen Namen tragen. Das dürfte auch auf die ehemaligen vier Hausgehilfinnen zutreffen, die bei der Lehrerfamilie Grübler in Weidenau, Kreis Tilsit-Ragnit, beschäftigt waren. Immerhin hat sich bei Herrn Gernot Grübler die Schwester einer der Gesuchten gemeldet und ihm mitgeteilt, daß diese leider bereits 1993 verstorben sei. "Wir haben aber am Telefon lange miteinander plachandert", schreibt Herr Grübler. Ist doch auch schon was!

Zu der Suche nach Zeitzeugen von dem furchtbaren Geschehen in Metgethen in den letzten Kriegstagen 1945, die ich für Herrn Tobias Metzner in Nummer 43 der PAZ / OB veröffentlichte, habe ich auch Zuschriften erhalten, mit denen die unvorstellbaren Grausamkeiten, die damals von den Russen verübt wurden, belegt werden. So danke ich besonders Frau Ingrid Heisler geborene Philipp für ihre präzisen Aufzeichnungen, aus denen ein erschütterndes Schicksal sichtbar wird. Auf diese werde ich noch einmal gesondert eingehen, weil sie auch beweisen, daß die Greueltaten nicht nur während der letzten Kriegsmonate, sondern auch noch Monate danach verübt wurden. Eine weitere Zuschrift muß ich doch noch erwähnen, es ist die von Frau Christel Wels, die ein Buch über ihre furchtbaren Erlebnisse geschrieben hat, das demnächst erscheint. Sie hat es "Der unvergessene Weg" betitelt, denn für die 76jährige blieben und bleiben die grausamen Vorgänge in Metgethen im Gedächtnis. Es dürfte für die Arbeit von Herrn Metzner sehr wertvoll sein. Wir werden darauf zurückkommen.

Erhalten habe ich auch das Gedicht "Allein", das Andrea Pucknus für ihre Großmutter suchte. Herzlichen Dank, liebe Brigitte Kremser - ach, als ich den Namen der Dichterin las, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Lulu von Strauß und Torney. Ich habe ihre Lyrik immer geliebt - Agnes Miegel war mit ihr eng befreundet -, und beim Lesen der Verse kamen sie mir wieder in das Gedächtnis. Ich ärgere mich immer, wenn ich nach Gedichten gefragt werde, weil ich sie kenne, manchmal sogar Textzeilen sagen kann - aber ich finde sie nicht. So geht es mir mit dem Gedicht "Land an der Memel", das unser Leser Benno Krutzke aus Rostock sucht. Nicht für sich, sondern für Frau Edith Kunz, die es aus ihrer Schulzeit kennt, aber nur noch die erste Strophe weiß: "Es schlägt die Glockenuhr von Tilsit zwölf dumpfe Schläge in das Land. Vom hohen Himmel grüßen Sterne, es blinkt der Memel graublau Band." Wer kennt das Gedicht in voller Länge und kann es Frau Kunz zusenden? (Edith Kunz, Kiefernweg 20 in 47405 Rheinsberg.)

Ach ja, das Land an der Memel - auch den Maler Hans Kramer aus Zittau hat es fasziniert, als er während der Kriegsjahre in Ostpreußen war. Er hat die einmalige Landschaft in seinen Bildern festgehalten, vor allem in sanften Aquarellen, die sich heute im Besitz seiner Nichte Alexandra Marion Schubert befinden. Die Schönheit der Arbeiten hat auch der Kustos des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg, Dr. Barfod, in einem Schreiben bestätigt. Nun fragt Frau Schubert, ob vielleicht unsere Leserinnen und Leser an diesen Aquarellen und Zeichnungen interessiert sind, vor allem, wenn sie aus den Gegenden stammen, auf die sich seine Motive beziehen. Es sind hauptsächlich die Kurische Nehrung und das Haff, aber auch das nördliche Masuren - und gerade diese sind interessant, weil sie Seltenheit haben wie die Aquarelle "Seepromenade in Sensburg" und "Gehlandsee", beide im Jahr 1943 geschaffen. Mehrere Bilder zeigen Motive aus Pillkoppen, darunter ist die Porträtzeichnung eines - leider namenlosen - Fischers besonders reizvoll, wie auch die Rötelzeichnung "Fischermädchen aus Sarkau", mit der Hans Kramer 1944 die junge Erika Kaminski porträtiert hat. Leider sind die Fotos von den Bildern mit ostpreußischen Motiven, die Frau Schubert ihrem Schreiben beigelegt hat, für den Abdruck in unserer Zeitung nicht geeignet, können aber bei Interesse zugesandt werden. Alle Arbeiten - im Format von etwa 50 Zentimeter (Breite) mal 40 Zentimeter (Länge) - sind handsigniert. Viele Werke von Hans Kramer, der an der Kunstakademie in Dresden studiert hat, befinden sich heute im Zittauer Museum. Wer Interesse am Erwerb dieser sehr schönen Bilder hat, wende sich bitte an Alexandra Marion Schubert, Habichthof 21 in 24939 Flensburg.

Eure

Ruth Geede

Fotos: "Fischermädchen aus Sarkau": Hans Kramers Rötelzeichnung stammt aus dem Jahre 1943; "Fischer aus Pillkoppen": Hans Kramers Porträtzeichnung stammt aus dem Jahre 1943.


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