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23.12.06 / Alle Jahre wieder / Nürnberg ganz im Zeichen der studentischen Verbindungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Dezember 2006

Alle Jahre wieder
Nürnberg ganz im Zeichen der studentischen Verbindungen
von Ernst Kulcsar

Am Nachmittag des dritten Advents endete in Nürnberg der diesjährige Thomasbummel bayerischer Couleurstudenten. Angeführt von der ersten nichtschlagenden Studentenverbindung Deutschlands, der 1836 gegründeten "Uttenruthia Erlangen", zog sich eine weit mehr als tausend Couleurstudenten und Alten Herren zählende Kolonne durch zwei Straßen der Altstadt. "Es war ein friedlicher und fröhlicher Abschluß des Thomasfestes, genau wie in den letzten Jahren", so der Vorsitzende des Bayerischen Landesverbands des Schwarzburgbundes, Dr. Werner Ihle. Vielleicht ein fröhlicherer als letztes Jahr, nachdem in der SPD die Diskussion um die Unvereinbarkeit der SPD-Mitgliedschaft von Korporierten in der Partei entbrannt war.

Das Thomasfest gilt als das schönste Fest der bayerischen Korporierten. Im großen Aufseßsaal des Germanischen Nationalmuseums legte sich am späten Sonnabend das Stimmengewirr, Hunderte Korporierte und ihre Gäste nahmen ihre Plätze ein, und mit einer durch die Sprechanlage leicht verzerrten Stimme erklang die Aufforderung, die den Festkommers zum Thomastag einleiten sollte: "Corona hoch zum Einzug der Chargierten!" Einige Sekunden Stühlerücken, schnell auf die Beine, das Bierglas zur Hand und schon erklang der "Hohenfriedberger Marsch", den der "Bierorgler", wie der Klavierbegleiter genannt wird, dem Instrument entlockte. "Es chargiert eine sehr verehrliche Akademische Landsmannschaft ,Onoldia' zu Nürnberg", rief der Saalfux und plötzlich fühlte man sich mitten drin in der fränkischen Universitätsgeschichte.

Was fasziniert so am Thomastag? Diese Lebenslust der Korporierten, gepaart mit weihnachtlicher Vorfreude, Ferienbeginn und das oft feenhafte Ambiente der verschneiten Nürnberger Altstadt ist das eigentliche Wesen des Thomastages seit seinem Beginn.

Vieles hat sich seither geändert. Jeder Dachverband, der etwas auf sich hält, schickt heute seine Vertreter zum Thomastag. Die eingangs beschriebene Szene im Germanischen Nationalmuseum lieferte der "Schwarzburg". Dieser Dachverband nahm als erster großer Korporationsverband auch Damen auf. Der "Schwarzburgbund" hat auch eine eigene Damenverbindung, die Akademische Verbindung "Athenia Würzburg", die zum diesjährigen Thomastag schon zum zweitenmal präsidiumsführende Verbindung war.

Der "Bund deutscher Ingenieurkorporationen" (BDIC) feierte in der Mauthalle, der katholische CV in der Meistersingerhalle. Alle Verbände stellen ihren Lebensmut unter Beweis, ihre Freude am Leben, ihre Verbundenheit zu Deutschland und Europa. Manche werden in ihnen die "ewig Gestrigen" sehen, und merken gar nicht, wer hier gestrig ist, sogar ewig.

Im Germanischen Nationalmuseum nahm die Feier ihren seit mehr als einem Jahrhundert festgelegten Lauf. Es wurden Reden gehalten, und trotz der liebenswürdig-straffen Führung des Kommerses durch Viktoria Platzen, Seniorin der "Athenia", lockerte sich die Atmosphäre von der Feierlichkeit zum geselligen Beisammensein. Es ertönten das "Gaudeamus igitur", Lieder aus der vornapoleonischen Zeit, Lieder der Urburschenschaft, aus der Gründerzeit, sogar ein Kommerslied, das DDR-Studenten als Verbindungslied im Honnecker-Staat durchgesetzt hatten, genau wie sie die Wiedergründung von Korporationen durchgesetzt hatten. Wer darin etwas Nationalistisches oder gar Nationalsozialistisches sehen will, der hat den Kopf an der falschen Stelle. Es sind immer die gleichen Selbsthasser, die hassen, weil sie sich selbst nicht leiden können. Diese kommen alle aus der linken Ecke, teils aus der SPD-Jugend, teils von den Grünen, teils von der Linkspartei. Sie können ohne ein Feindbild nicht existieren, und dieses Feindbild sind eben die Korporierten. Den Verbindungen werfen sie Frauenfeindlichkeit, Xenopobie vor. Wenn sie das deutsche Korporationswesen wenigstens einmal klaren Auges betrachten wollten, dann würde die Realität sie zurückholen.

Lange Zeit noch werden die Worte des Festredners Raimund Lang, ein bekannter Studentenhistoriker, die im Aufseßsaal Anwesenden beschäftigen. Raimund Lang sprach über den Studentendichter Josef Viktor Scheffel und beendete seine Festrede mit folgendem Trinkspruch Scheffels:

"Stoßt an! Ein Hoch dem Deutschen Reich! / An Kühnheit reich, dem Adler gleich / Mag's stets aufs neu sich stärken! / Doch Gott bewahr's vor Klassenhaß / Und Rassenhaß und Massenhaß / Und derlei Teufelswerken!"

Scheffel starb 1886. Den Trinkspruch hätte er auch 2006 schreiben können.

Foto: Thomasbummel: Alt und jung vereint (Andreas Mattern)

 

Thomasfest - Eine alte Tradition

Die 1863 in Altdorf bei Nürnberg gegründete "Onoldia" ist die einzige bayerische Verbindung im "Schwarzburgbund", deren Wurzeln bis in die Zeit der 1623 in Altdorf bei Nürnberg gegründeten Universität reichen. Der Dachverband wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im thüringischen Schwarzburg gegründet. Damals zogen um den Thomastag am letzten verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten Professoren und Studenten zu Fuß gemeinsam nach Nürnberg, um Weihnachtseinkäufe zu tätigen. Und der Tag des Heiligen Thomas - unter anderem Schutzpatron der Studenten, fahrenden Gesellen und anderer lichtscheuer Gestalten - war eben der letzte verkaufsoffene Sonntag vor Weihnachten. Die Professoren in ihren Talaren schritten würdevoll wie Marabus durch die Menge, bis auch sie in der einen oder anderen Kneipe mit den Köpfen auf den Tischen landeten oder gar ganz unter selbigen. Sie hatten es sogar erreicht, daß der Bummel zur Lehrveranstaltung erklärt wurde, weil sie sonntags auch einen Gottesdienst besuchen mußten. Das waren die Geburtsjahre des Thomasbummels, so wie ihn die Studenten seit anderthalb Jahrhunderten in Nürnberg auch heute feiern.

Als Nürnberg 1806 seine Reichsunmittelbarkeit verlor, wurde die Universität Altdorf aufgelöst. Die Tradition des Thomastages wurde von den Studenten der von der Bayreuther Markgräfin und Tochter des Soldatenkönig 1743 gegründeten Universität Erlangen übernommen und so weitergepflegt, daß dann die Erlanger als eigentliche Erfinder des späteren Thomasbummels galten. Ein Umzug durch das Zentrum von Nürnberg beendete die Veranstaltung. So heißt es in den Annalen des "Corps Bavaria" über das Wintersemester 1841-1842 unter anderem: "Der Thomastag wurde durch eine gemeinschaftliche Fahrt der beiden Corps [Anm. der Red: Bavaria und Onoldia] bestehend aus zwei Vorreitern, vier Droschken und 14 Chaisen nach Nürnberg gefeiert. Daselbst wurde recht fidel in verschiedenen Kneipen herumziehend der Tag verlebt. An diesem Tag begannen die Weihnachtsferien." Trotzdem scheint es sich nur um Einzelpersonen und nicht ganze Verbindungen gehandelt haben, Personen deren Zahl die 300 wohl nicht überschritt, aber die Studenten nahmen sozusagen als Bürger teil und nicht als Korporierte.

Gleich nach dem Ersten Weltkrieg nahmen etwa 19 Verbindungen den Brauch wieder auf. 1934 wurde der letzte Bummel vor dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt und genau am 16. Dezember 1951 fand unter der freundlichen Aufnahme der Bevölkerung der erste Thomastag mit Thomasbummel nach der großen Katastrophe von 1945 statt.


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