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23.12.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Dezember 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

"Schon wieder eine Bibel!" - nein, lieber Jochen Bauer, das sage ich so nicht, denn die Heilige Schrift gehört in die Weihnachtszeit, und wenn es sich um ein sehr altes Buch handelt, das Sie seinen einstigen Besitzern übermitteln wollen, ist das eine wundervolle Gabe. Bleibt nur zu hoffen, daß diese noch leben und unsern Familienbericht lesen, was schon ein Wunder wäre, denn das Ereignis, zu dem diese Bibel geschenkt wurde, war ein Hochzeitstag - und der liegt genau 70 Jahre zurück: Am 5. Dezember 1936 wurden Walter Hans Briken und Käthe Lotte Lobdowski im Königsberger Dom getraut! Gewidmet wurde die Bibel dem Brautpaar von dem damaligen Dompfarrer, wie die Inschrift mit Signatur und Siegel auf der ersten Seite beweist. Die erregte vor allem Herrn Bauers Interesse, als er das leider etwas beschädigte Buch vor zwei Jahren in einem Antiquitätengeschäft in Rößel fand, denn er stammt auch aus der Domstadt, wohnte früher Lawsker Allee 45. Allein diese Widmung kann zu den rechtmäßigen Eigentümern oder deren Angehörigen führen, wie der Finder hofft. Jochen Bauer lebt heute in Spanien, ist über E-Mail schnell zu erreichen. Ich sage Ihnen zuerst einmal herzlichen Dank für Ihr Angebot, lieber Herr Bauer, ich würde mich mit Ihnen freuen, wenn es klappt. (Jochen Bauer, Avd. Levante 18, San Gines, E 30860 Pto. de Mazarron, E-Mail: hj.bauer@gmx.net.)

Eine erfreuliche Resonanz hat auch Waltraut Krause de Olivares zu verzeichnen, obgleich auch wie bei Herrn Lubbe das Hauptanliegen unbeantwortet blieb: Sie und ihre Zwillingsschwester wollten wissen, was im Januar 1945 auf dem Bahnhof Beynuhnen geschah, nachdem der letzte Zug nach Angerburg abgefahren war. Die Familie Krause hatte während der Kriegsjahre dort gewohnt, weil Vater Walter für diese Bedarfsstelle als unabkömmlich abgestellt worden war. Seine schwangere Frau und die beiden ältesten Kinder landeten auf der Flucht auf dem Gut Wüstenfelde bei Stralsund. Wann Walter Krause Beynuhnen verlassen hat, wie der weitere Lebensweg bis zu seinem Tod in Stralsund Ende Mai 1945 verlief, ist unbekannt. Das konnte auch - bisher - nicht geklärt werden. Aber es meldeten sich drei Leserinnen, die Bezug zu Beynuhnen hatten. Eine erinnerte sich an glückliche Kindertage, wenn sie zu Besuch bei den Großeltern war und von ihrem Opa vom Bahnhof Beynuhnen mit Pferdekutsche oder Schlitten abgeholt wurde. Die zweite Leserin hat sogar auf dem Bahnhof gewohnt, weil ihr Vater einer Rotte zugeteilt worden war. Sie konnte sich allerdings nicht an die Familie Krause erinnern. Dafür aber die dritte Anruferin aus Güstrow. Sie stammte aus Beynuhnen, war 1945 bereits 19 Jahre alt und konnte sich noch genau an Herrn Krause erinnern, denn sie mußte jedesmal, wenn sie nach Angerapp wollte, ihre Fahrkarte bei ihm lösen. Er sei, so sagte sie seiner Tochter, ein großer stattlicher Mann gewesen, immer sehr nett und zuvorkommend. Auch an seine Frau und die älteren Geschwister von Frau Krause de Olivares konnte sie sich gut erinnern, und diese Mitteilung war für die Fragestellerin sehr erfreulich, denn sie und ihre Schwester hatten den Vater nie gekannt. Die Mädchen wurden am 28. April 1945 geboren - ihr Vater verstarb einen Monat später nur sieben Kilometer entfernt im Marine-Lazarett Stralsund, ohne von der Geburt der Zwillinge zu wissen!

Es ist schon so, daß die Gedanken zwischen den Jahren noch stärker in die Kindheit zurückwandern als sonst - so ergeht es nicht nur mir, sondern vielen Landsleuten, das merke ich an den Briefen und Karten aus der Weihnachtspost. Da wird von schönen aber auch bitteren Erinnerungen gesprochen, weder die einen noch die anderen gehen auszulöschen. Ich greife einen Brief heraus, der mich besonders berührt hat, denn er enthält keinen Wunsch, keine Bitte, keine Erfolgsmeldung. Es war das Stichwort Metgethen - über das furchtbare Geschehen, das dort durch die russische Soldateska geschah, will ja Herr Tobias Metzner eine Dokumentation erstellen -, das Gisela Brandstätter aus Leichlingen veranlaßte, an uns zu schreiben. Über eine Frau, die dem Waisenkind aus Juditten - Vater erschlagen, Mutter verhungert - damals sehr geholfen hat und die für sie unvergessen blieb. Die zehnjährige Gisela war mit ihrer Schwester in ein Labiauer Kinderheim gekommen, beide fast verhungert. Deshalb waren sie aus dem Kinderheim Juditten weggebracht worden, als dieses offiziell besichtigt werden sollte. Giselas Schwester war nur noch ein Knochengestell, sie selber wurde wegen ihrer großen Augen, die alles widerspiegelten, was sie gesehen hatte, "Eule" genannt. In Labiau nahm sich Frau Besowski der kleinen Gisela an, weil diese so viel wie möglich lernen wollte, wie ihr Vater es den Kindern geraten hatte: Was ihr gelernt habt, kann euch niemand nehmen! Frau Besowski und ihre beiden Schwestern stammten aus Metgethen, sie war Lehrerin und schenkte Gisela als Belohnung für ihren Lerneifer das "Wiesenbuch" von Karl Heinrich Waggerl. Es stammte aus der Schulbücherei der Oberschule für Jungen in Labiau. Frau Brandstätter besitzt es noch heute, es hat sie auf ihrem weiteren Lebensweg begleitet, und sie holt es gerade jetzt zur Weihnachtszeit hervor, um ihren Erinnerungen - und den Tränen - freien Lauf zu lassen. Sie denkt an Weihnachten 1945 im Yorklazarett in Königsberg, 1946 im Kinderheim Juditten, 1947 im Tbc-Krankenhaus Bernburg / Saale. Aber es kommen auch schöne Erinnerungen an unbeschwerte Kindertage, an die Geborgenheit und Wärme, die ihr das Elternhaus gegeben hat - und die Waage ist wieder austariert.

Meine liebsten Gedanken gehen natürlich auch in die ach so ferne Kinderzeit in Königsberg zurück - und da denke ich in jedem Jahr an die Oma Kahnert und ihr Kramlädchen in der Königstraße, über das ich schon oft geschrieben habe, - sogar ein naher Verwandter meldete sich vor einigen Monaten bei mir - denn es war für mich ein kleines Paradies. Zwar gab es bei ihr die notwendigen Schulsachen zu kaufen, aber auch Stammbildchen, Hauchpapier, Bogen mit Anziehpuppen, Murmeln, Kreisel, Malstifte und dann natürlich die Weihnachtsbögen, in die wir unsere Glückwünsche für die Eltern schrieben - mit dem gerade in der Schule gelernten Weihnachtsgedicht. Das man mit gefalteten Händen vor dem brennenden Weihnachtsbaum aufsagte und dabei prompt stecken blieb. Nie hätte ich gedacht, daß ich einmal altersmäßig Oma Kahnert überrunden würde, denn sie war damals bereits in den 80ern und damit für uns steinalt, aber sie kletterte mühelos auf die Leiter, wenn sie aus den obersten Fächern ihres bis auf den letzten Platz vollgestopften Ladens etwas hervorkramen wollte, was sie nie dem jeweiligen Lehrmädchen, das sie stets "Ernachen" nannte, überließ - das hätte ja herunterfallen können! Ihre unverwüstliche Gesundheit schrieb sie den überreich konsumierten Knoblauchpillen zu - man roch es über Lakritz-, Gummi,- Leim- und sonstige Düfte hinweg. Natürlich gibt es einen besonderen Anlaß, daß ich mich auch in diesem Jahr zur Weihnachtszeit wieder so intensiv an Oma Kahnert erinnere, denn ein Leser dieses Namens schrieb mir, weil er im Rahmen seiner Familienforschung Probleme hat, die ich allerdings alleine auch nicht lösen kann. Aber sicherlich unsere große Ostpreußische Familie, die ja immer hilfsbereit ist - entgegen den Erfahrungen, die unser Leser Gerhard Kahnert leider bisher machen mußte, aber das soll hier nicht zur Diskussion stehen.

Also: Gerhard Kahnert gehört der Nachkriegsgeneration an, seine Vorfahren väterlicherseits kommen aus Schlesien, die mütterlichen - deren Namen er auch trägt - aus Ostpreußen. Er beschäftigt sich sehr mit genealogischen Forschungen und hat auf diesem Gebiet viel Erfahrungen, aber hier kommt er einfach nicht weiter. Seine Vorfahren stammen vor allem aus dem Kreis Pr. Eylau. Zu seiner Familie dürfte auch eine Erika Kahnert gehören, über die es vor langer Zeit im Ostpreußenblatt einen Bericht gegeben haben soll, der leider im Augenblick nicht auffindbar ist.

Erika Kahnert wurde zirka 1941 in Tharau geboren. Das Kind ging auf der Flucht verloren, wurde dann später von der Mutter gefunden, wollte aber nicht zu dieser zurück, sondern bei den Pflegeeltern bleiben. Wer kann sich an diese Geschichte erinnern oder hat Beziehung zu den damals erwähnten Personen?

Auch die zweite Veröffentlichung, die Herr Kahnert sucht, habe ich bislang nicht finden können, obgleich ich etliche Jahrgänge des "Redlichen Ostpreußen" durchforstet habe. In einer älteren Ausgabe soll ein Bericht über einen Michael Kahnert aus dem Kirchspiel Uderwangen erschienen sein, der als "Bienenkahnert" bekannt war und 108 Jahre alt geworden sein soll. Im Kirchenbuch konnte Gerhard Kahnert diesen ostpreußischen Methusalem nicht finden, aber sicherlich wird jemand aus unserem Leserkreis helfen können. Denn mit diesem mehr als biblischen Alter dürfte "Bienenkahnert" seiner Zeit zu den ältesten Deutschen gezählt haben, wenngleich er auch die sagenhaften 111 Jahre nicht erreichte, die den Neidenburger Friedrich Sadowski berühmt machten. Ich hoffe, daß Herr Kahnert mit seinen Suchwünschen endlich Erfolg hat und sich auch weitere Träger dieses Namens melden, denn ihm liegt die Geschichte seiner Familie und deren Transparenz in die Gegenwart sehr am Herzen. (Gerhard Kahnert, Buxtehuder Straße 14 in 21689 Harsefeld, Telefon 04 164 / 88 81 62. Mobil 016 062 234 49 )

Auch hier muß jemand aus unserm Leserkreis helfen, denn ich konnte bisher nicht klären, was unter der rätselhaften Bezeichnung "Borussia Orientalisch" gemeint ist. Diese Eintragung steht auf einem Taufschein, der kürzlich dem Kirchenamt der katholischen Pfarrgemeinde "St. Lamperti" in Gladbeck vorgelegt wurde. Herr Karl-Heinz Leitzen, Vorsitzender der Gruppe Gladbeck der Landsmannschaft Ost-und Westpreußen, an den sich das Kirchenamt wandte, konnte trotz intensiver Recherchen die Angelegenheit auch nicht klären und wendet sich deshalb an unsere Ostpreußische Familie. Ich bin gespannt, ob sich eine und welche Deutung dieser seltsamen Bezeichnung ergeben wird. (Karl-Heinz Leitzen, Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen, Humboldtstr. 8 in 45 964 Gladbeck, Telefon: 02 043 / 25 810 )


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