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30.12.06 / Nicht ohne meine Töchter / Ehemalige DDR-Bürgerin erinnert sich an Inhaftierung und Kindesentzug

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. Dezember 2006

Nicht ohne meine Töchter
Ehemalige DDR-Bürgerin erinnert sich an Inhaftierung und Kindesentzug

"Es gibt Geschichten, die man erzählen muß", erklärt die Autorin Ines Veith im Vorwort von "Die Frau vom Checkpoint Charlie - Der verzweifelte Kampf einer Mutter um ihre Töchter". In der Tat: Selbst wer schon viel über erschütternde DDR-Schicksale gelesen hat, wird bei diesem Buch kaum Tränen zurückhalten können! Im Sommer 1982 ist Jutta Gallus in der DDR gerade geschieden, ihre Mutter an Krebs gestorben, ihr zwölfter (!) Ausreiseantrag abgelehnt und sie auf einen schlechteren Arbeitsplatz verwiesen. So will sie mit ihren zwei Töchtern heimlich in den Westen fliehen.

Ihr Fluchtversuch via Rumänien scheitert, brutal werden die Kinder von der Mutter getrennt. Dieser zeigt der Stasi-Vernehmer den Auftritt ihrer Töchter im DDR-Fernsehen und lockt: Sie können ein Star und sie selber entlassen werden - "nur" müsse sie den Ausreiseantrag zurückziehen. Sie weigert sich und wird zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt; verbittert meint sie: "Ich habe nur eins der vielen Menschenrechte, deren Durchsetzung auch die DDR unterschrieb, wahrnehmen wollen."

Immer wieder bedrängt man sie, ihren Antrag zurückzunehmen: Teilte sie westlichen Behörden mit, sie beabsichtige eine Ausreise nicht mehr, würde sie bald entlassen.

Ohnehin käme eine Ausreise - wenn überhaupt - nur ohne die Töchter in Betracht! Erst im April 1984 wird sie in die Bundesrepublik abgeschoben ...

Hier fleht sie die Öffentlichkeit um Hilfe an, doch kommen lediglich übliche Ausweichantworten. Schließlich reist sie nach Berlin, um am Checkpoint Charlie mit einem riesigen Protest-Plakat "Gebt mir meine Kinder zurück!" zu protestieren.

Den Töchtern in der DDR werden neue Fernseh-Rollen versprochen für ihre Unterschrift, nicht mehr zur Mutter zu wollen - doch auch sie bleiben hart! Weihnachten protestiert die Verzweifelte bei eisiger Kälte mit einem kleinen Tannenbaum vor der DDR-Vertretung in Bonn.

In Rom spricht sie den Papst an, auf einer Jahrestagung der KSZE-Konferenz kettet sie sich mit Handschellen an.

Indes: Es bewegt sich nichts. August 1986 (25. Jahrestag der Berliner Mauer) gelingt es ihr, sich bei den Ansprachen der Politiker vorzudrängen und in die Fernsehkameras ihren Kindern im Osten zuzuschreien: "Claudia und Beate, wenn ihr mich jetzt seht, sollt ihr wissen, daß ich nicht loslassen werde, bis ihr bei mir seid. Haltet durch!"

Doch es vergehen mehr als zwei Jahre, bis sie unter großer Medien-Anteilnahme diese in die Arme nehmen kann.

"Was für eine verrückte Welt ist das, wo es zum Ereignis wird, wenn eine Mutter ihre Kinder von Deutschland-Ost nach Deutschland-West holt und dafür sechs lange Jahre braucht", meint sie recht nachdenklich. F.-W. Schlomann

Ines Veith: "Die Frau vom Checkpoint Charlie - Der verzweifelte Kampf einer Mutter um ihre Töchter", Knaur-Verlag, München 2006, 198 Seiten, 7,95 Euro, Best.-Nr. 5991


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