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30.12.06 / Dem Tode geweiht / Engländerin erinnert sich an ihr sterbendes Baby

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. Dezember 2006

Dem Tode geweiht
Engländerin erinnert sich an ihr sterbendes Baby

Eigentlich ist es ein normaler Tag. Die Engländerin Sarah fährt mit ihrer Mutter zur Schwangerschaftsroutineuntersuchung, bevor sie gemeinsam den Kindergeburtstag von Sarahs fünfjähriger Tochter Emilia vorbereiten wollen. Doch dieses Mal schaut der Arzt nicht zufrieden wie bei Sarahs anderen beiden Schwangerschaften, sondern verläßt den Raum, um eine Kollegin zu holen. Dann schauen beide Ärzte intensiv auf die Ultraschallaufnahme und reden von "Thanatophoren Dyplasie", sprich Sarahs Kind hat unter anderem einen zu kleinen Brustkorb, die Lunge wird nicht atmen können, das Kind bei der Geburt ersticken.

In "Der Flug der Lerche - Die Geschichte eines kurzen Lebens" verarbeitet die Oxforddozentin Sarah Williams das Sterben ihres ungeborenen Kindes. Sehr einfühlsam schildert sie die Freude der Familie, als Sarah fünf Jahre nach einem Bandscheibenvorfall während ihrer zweiten Schwangerschaft endlich wieder schwanger werden darf, extreme Übelkeit dämpft jedoch ihre Vorfreude ein wenig.

Doch Sarahs Mann, Freunde, Nachbarn und sogar die Töchter Hannah und Emilia helfen ihr über die ersten anstrengenden Schwangerschaftsmonate hinweg. Als es Sarah endlich besser geht, zerstört die Diagnose der Ärzte jedoch ihre Hoffnungen auf ein drittes Kind. Noch während die Mittdreißigerin die Diagnose der Ärzte verarbeitet, bieten ihr diese einen schnellen Abtreibungstermin an, doch nur wenige Stunden danach entscheiden Sarah und ihr Mann Paul, beide religiös, daß sie sich nicht vorstellen können, das Kind im Bauch durch eine Giftspritze ins Herz zu töten.

Ihre Entscheidung, der Natur nicht ins Handwerk zu pfuschen, wird jedoch nicht nur von den Ärzten nicht gutgeheißen. "Was ich überhaupt nicht vorhergesehen hatte, als ich mich gegen eine Abtreibung entschied, war die Wut, die diese Entscheidung bei manchen Leuten auslösen würde." Man warf der Autorin sogar vor, moralisch die falsche Wahl getroffen zu haben, da sie vermeidbares Leid nicht unterband. Doch die Familie bleibt trotz allem Gegendwind bei ihrem Entschluß. Auch die beiden Töchter werden darüber informiert, daß sie ihr kleines Schwesterchen nur im Bauch der Mutter lieben können, da Gott es bei der Geburt zu sich nehmen würde.

Gemeinsam sucht die Familie nach einem Namen und entscheidet sich für Cerian, walisisch für geliebter Mensch. Doch Cerian bringt bald das Leben ihrer Mutter in Gefahr. Es gibt Komplikationen und die Geburt muß eingeleitet werden. Trotz aller Hoffnungen stirbt die Kleine bei der Geburt. "Es war merkwürdig, daß sie so deformiert war, weil alle meine Gedanken über sie mit Schönheit gefüllt gewesen waren."

Das traurige Schicksal Cerians und ihrer Familie bedrückt, gibt aber gleichzeitig Hoffnung, denn es hat die Familie zusammengeschweißt und die Autorin das Leben mehr schätzen gelehrt. "Mein Leben und sogar mein Glauben hatten sich lange nur darum gedreht, diesen Dingen zu dienen. Ich hatte mich mit einem perfekten Heim, perfekten Kindern, einem perfekten Garten, meinem perfekten Körper (den ich mir zumindest wünschte!) beschäftigt, ... Ich war freudlos, kontrolliert und vorhersehbar geworden. Und dann gab Gott mir Cerian." Bel

Sarah Williams: "Der Flug der Lerche - Die Geschichte eines kurzen Lebens", Brunnen Verlag, Basel 2006, broschiert, 191 Seiten, 9,95 Euro, Best.-Nr. 5992


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