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06.01.07 / Und immer schön freundlich / Ein kurzer Einblick in den Arbeitsalltag eines Call-Center-Mitarbeiters

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-07 vom 06. Januar 2007

Und immer schön freundlich
Ein kurzer Einblick in den Arbeitsalltag eines Call-Center-Mitarbeiters
von A. Ney

Es ist Montagmorgen und die gewöhnliche Alltags-Hektik in dem Großraumbüro des "Call Centers" eines großen deutschen Versicherers hat bereits eingesetzt. Das Anrufvolumen ist heute höher als prognostiziert. 25 Kunden hoffen bereits in der Warteschleife auf Entgegennahme ihres Wunsches. Headset (Kopfhörer mit Mikrophon) aufgesetzt, Computer hochgefahren und Telefon-Anschluß aktiviert. Sofort ist der erste Anrufer in der Leitung. "Guten Tag", dann folgen Name des Unternehmens und des Namens des Mitarbeiters.

Ob Herr Müller zu sprechen wäre, möchte der Anrufer wissen. Der Service-Angestellte tippt den Namen "Müller" ins kleine Namens-Suchfeld, und wie erwartet, zeigt das System eine ganze Reihe "Herr Müller" im Unternehmen an.

"In welcher Sache möchten Sie Herrn Müller sprechen?" fragt der Versicherungsangestellte, in der Hoffnung auf diese Weise herauszubekommen, ob der Kunde Herrn Müller aus der Informatik-, der Marketing-, der Einkaufs- oder Beratungsabteilung sprechen möchte.

"Das will ich mit Herrn Müller direkt klären!", fährt der Kunde zurück. "Ich hab ihm ein Fax geschickt!"

Der Hinweis wird aufgegriffen und der "Call-Cent-Agent" fragt höflich, an welche Faxnummer der Kunde das Fax gesandt habe. Zügig gibt er die Zahlen ins Suchfeld ein, und heraus kommt Werner Müller/Beratungsabteilung. Doch der Anschluß ist besetzt.

Und so fragt der Mitarbeiter, ob er dem Kunden vielleicht auch weiterhelfen könne. Schließlich ist es seine Aufgabe, die leichteren Kundenanfragen schon im Vorfeld abzufangen, um die Kollegen in den Fachabteilungen nicht wegen Lappalien bei ihrer Arbeit zu stören.

Nebenbei zeigt das kleine Feld oben links im Bildschirm die derzeitige Gesprächslänge von drei Minuten an. Damit überschreitet der Angestellte in diesem Moment die von der Unternehmensführung durchschnittlich eingeplante Gesprächszeit. Nebenbei sind mittlerweile 28 Anrufe anderer Kunden in der Warteschleife angezeigt.

Endlich rückt der Kunde damit heraus, daß er sich eigentlich nur erkundigen wollte, ob sein Fax bei Herrn Müller angekommen sei und bittet nochmals darum, verbunden zu werden. Doch der Anschluß ist immer noch belegt. Nun weist der verärgerte Kunde auf die Dauer des Telefonates hin und moniert die hohen Kosten, die er nun nur wegen einer simplen Frage habe. Er verlangt, daß Herrn Müller ein Zettel mit der Bitte um Rückruf hingelegt werde.

Freundlich, aber bestimmt erfährt er nun, daß sich das Büro von Herrn Müller in einem anderen Gebäudekomplex befindet und dies somit leider nicht möglich sei. Dem Kunden wird jedoch versichert, daß sein Fax auf jeden Fall angekommen sei, da er die Faxbestätigung, wie er selbst erklärt habe, vorliegen habe, und daß er in Kürze schriftlich Antwort auf seine Anfrage erhalten wird.

In knappen Worte weist der Versicherungsangestellte den Anrufer zum Ende des Telefonates noch auf das neueste Produkt des Unternehmens hin und es gelingt ihm sogar einen Beratungstermin mit einem Außenmitarbeiter zu vereinbaren.

Der Kunde legt auf und der Call-Center-Angestellte stellt aufseufzend fest, daß dies gerade das erste von über hundert Gesprächen war, die er heute noch führen wird.


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