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13.01.07 / Atemlose CDU

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-07 vom 13. Januar 2007

Atemlose CDU
von Harald Fourier

Nur nichts anmerken lassen, lautet die Devise von Spitzenpolitikern am Wahlabend immer. Und so verkündete Friedbert Pflüger am 17. September 2006 fröhlich, die "Union hat wieder Tritt gefaßt." In Wirklichkeit haben die Wähler ihm, dem Spitzenkandidaten, einen gehörigen Fußtritt verpaßt, aber einer wie Pflüger steht da drüber.

Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat jetzt eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die das maßlos schlechte Erscheinungsbild der Partei im Osten verbessern will. Doch deren Scheitern ist bereits programmiert.

"Die CDU hat heute leider den Nimbus einer West-Partei", klagt der stellvertretende Vorsitzende Mario Czaja. Ihm ist es als einzigem CDUler gelungen, sein Mandat im Osten direkt zu gewinnen.

In einzelnen Bezirken habe die Union den Status einer Volkspartei verloren, findet Czaja. Deswegen will er "alte Strategien und Wege in Frage stellen". Ihm schwebt ein "Leitbild Ost" vor, in das die "spezifischen Erfahrungen der Menschen aus der Ex-DDR einfließen". Wie soll das aussehen? Will Czaja demnächst bei der Demo für "Karl und Rosa" (Liebknecht und Luxemburg) mitmarschieren? Oder wieder Trabi fahren? Bald 17 Jahre nach dem Mauerfall sollte dem CDU-Politiker klar sein, daß es den Berlinern auch im Ostteil eher um die Bewältigung ihrer Gegenwarts- und Zukunftsprobleme geht als um das Streicheln alter Befindlichkeiten.

Czaja schlägt zudem vor, Personen über 45 und "vereinsamte Senioren" persönlich anzusprechen. Das entscheidende Stichwort in diesem Zusammenhang ist wohl "vereinsamt".

Es gibt in der Tat Stimmbezirke im Osten, in denen die CDU zur Splitterpartei geworden ist. Beispielsweise im Wahlkreis sechs in Pankow. Hier lag die Union mit sieben Prozent Erststimmen auf dem vierten Platz. Im Stimmbezirk 190 etwa machten von 514 Wahlberechtigten nur zwei ihr Kreuz bei der CDU. Das entsprach 0,8 Prozent der abgegebenen Erststimmen. Selbst die Tierschutzpartei mit ihren drei Stimmen ist dort stärker vertreten.

Trotzdem läuft Czajas Vorschlag, vereinsamte Menschen mit DDR-Biographie nach Art einer Drückerkolonne anzusprechen, ins Leere. Die Partei weiß ja selbst nicht, wo sie steht. Auf ihrer Internetseite bemüht sie sich nicht nur um "Ossis", sondern unter dem Stichwort "Hos geldiniz" um türkischstämmige Mitbürger. Gleichzeitig wirbt der neue Bürgermeister von Zehlendorf für sein "schwarz-grünes Bündnis, das Perspektiven aufzeigt".

Die CDU hat kein Ost- oder West-Problem. Sie hat ein grundsätzliches Problem: Niemand weiß noch, wofür sie steht. Ihr atemloser Tanz quer durch alle Reihen und Richtungen führt die Hauptstadt-Union immer mehr ins Abseits der Beliebigkeit.


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