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13.01.07 / Gezielte Wadenbisse / Die Fürther Landrätin Pauli schadet Stoiber - und ihrer eigenen Karriere

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-07 vom 13. Januar 2007

Gezielte Wadenbisse
Die Fürther Landrätin Pauli schadet Stoiber - und ihrer eigenen Karriere
von Sverre Gutschmidt

Für ihren "Alleingang im Bewußtsein, für viele gehandelt zu haben" bekam die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) den öffentlich-rechtlichen Ritterschlag, die maximale Ehrung, die einem politischen Menschen zuteil werden kann. Sie wurde in die ARD-Talkshow Sabine Christiansen eingeladen. Die Menschen hätten kein Vertrauen mehr in Edmund Stoiber. Er solle zurücktreten, sagt die CSU-untypische Dame mit den roten Haaren aus Bayerns kleinstem Landkreis seit Monaten. Pauli sei nicht wichtig, blaffte Stoiber im Herbst noch. Inzwischen hat die in ihrer fränkischen Heimat in CSU wie Bevölkerung beliebte Frau und gelernte Öffentlichkeitsarbeiterin den Gipfel medialer Aufmerksamkeit erklommen. Von jetzt an kann es für sie nur noch abwärts gehen.

Stoiber verstehe halt nicht, wie der Vertrauensverlust der Bayern zustande gekommen sei, und überhaupt sei es traurig mit anzusehen, wie er sich selbst demontiere, legte Pauli nach. Bei Christiansen bot sie sich als Frau im besten Alter für eine Stoiber-Nachfolge dar - Bescheidenheit sieht anders aus. Im Auftrag des nicht gerade CSU-nahen "Stern" erstellten Meinungsforscher eine passende Umfrage: Die Mehrheit der Bayern wolle demnach Stoiber nicht mehr. Schon am 13. Oktober hatte die Landrätin Stoiber auf dem CSU-Parteitag aufgefordert, 2008 nicht mehr zur Landtagswahl anzutreten. Seit der bayerische Zauderer ins Kabinett Merkel zu wechseln vorgab, dann aber doch in Bayern blieb, zeigt Pauli Skepsis, was die Führungsrolle Stoibers angeht. Das Problem der CSU: Pauli ist damit nicht allein und erinnert Stoiber fortwährend an dessen bisher größte Krise.

Am 2. November rief Pauli in ihrem Internet-Forum dazu auf, über die politische Zukunft Edmund Stoibers zu diskutieren. Antworten gab es reichlich. Ob Stoiber ja oder nein sei sekundär, schrieb ein Bürger - es gehe darum, daß die CSU endlich wieder Profil zeigen müsse. Andere Teilnehmer am Forum ließen sich zu Stoiber und BSE aus. Ein Kummerkasten war entstanden. Sein Zweck: Gabriele Pauli konnte sich bestätigt fühlen.

Wer die Münchener eigentlich auf den virtuellen Kummerkasten in der Provinz aufmerksam machte, bleibt unklar. Das elektronische Störrauschen von Paulis kleiner Anti-Stoiber-Zone rief Stoibers Büroleiter Michael Höhenberger auf den Plan. Pauli warf ihm am 19. Dezember öffentlich Bespitzelung vor. Er habe versucht, bei Parteimitgliedern in der Region auszukundschaften, ob man ihr "etwas anhängen" könne. Dummerweise hätten die solch plumpe Versuche der Landrätin gemeldet, sagt diese. Drei Tage später gab Michael Höhenberger sein Amt ab.

Jetzt, nach direktem verbalen Schlagabtausch mit Pauli und einer fruchtlosen Parteidiskussion um ihren Ausschluß will Stoiber doch mit seiner Widersacherin reden. Pauli sagt vorab, sie erwarte sich wenig davon. Eine kluge Idee, gaben dagegen die Delegierten der CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth Journalisten zu Protokoll. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe in Berlin, Peter Ramsauer, müht sich, Stoiber aus der Schußlinie zu manövrieren, auch wenn er selbst noch Tage zuvor Journalisten erklärt hatte, Stoiber könne vielleicht früher aufhören - ein Mißverständnis, so Ramsauer über Ramsauer.

Längst geht es nicht mehr um Pauli, auch wenn sie als moralische Gewinnerin aus der Krise hervorgehen sollte. Es geht um die Geschlossenheit der Partei. "Wenn heute Landratswahlen währen, bekäme sie 80 Prozent", so schätzen Journalisten der "Fürther Nachrichten" Paulis Chancen nach dem Kräftemessen mit Stoiber. Immer habe sie Landrätin sein wollen. Es sei das schönste Amt der Welt. Die Hoffnung auf einen Aufstieg in die CSU-Führung kann Pauli jedenfalls begraben. Als Unruhestifterin kann sie nichts gewinnen. Käme das Münchner Posten-Karussell in Fahrt, gäbe es keinen Platz, auf den sie aufspringen könnte. Und doch hat sie nicht nur die Medien und Sympathien vieler Bayern auf ihrer Seite. Zweimal geschieden, ist sie Exotin im Familienbild ihrer Partei. Doch ist sie kein neuer weiblicher Typ, vor dem die CSU Angst haben müßte - so sieht sie sich gern. Lange hatte Pauli keine Veranlassung, ihren fränkisches Sprengel zu verlassen. Von ihren Ehen dort ist besonders die mit dem CSU-Politiker und Erlanger Oberbürgermeister Dr. Siegfried Balleis hervorzuheben. Mit ihm war sie in erster Ehe liiert. Inzwischen hat sie sich auch von ihrem zweiten Mann getrennt - neue Aufgaben rufen, zumal weiß-blaue Parteikarrieren erst ab 50 Jahren statistisch Aussicht auf Erfolg haben.

Viel hatte die Partei für Pauli getan, hatte die Motorradfahrerin auf der Überholspur starten lassen: Die Direktwahl zur jüngsten Landrätin Deutschlands 1990 gewann sie, weil sie damals im Gegensatz zu SPD-Amtsinhaber Dietrich Sommerschuh jung, charismatisch und unbelastet zur Wahl antrat und nicht im örtlichen Gemauschel "Schmarrn gemacht" hatte, wie sich Zeitgenossen erinnern. Dann mußte sie sich sehr lange in ihr Amt einarbeiten.

Naiv wäre es zu glauben, Pauli habe quasi als ihre persönliche Handschrift mit der Kritik an Stoiber eine besonders ehrliche Debattenkultur in der CSU begründen wollen. Forderungen wie: "Edmund Stoiber sollte 2008 nicht mehr als Ministerpräsident antreten" sind für so etwas jedenfalls denkbar ungeeignet. Wenn sie viel Glück hat, kann sie selbst noch einmal antreten - als Landrätin.

Foto: Gefällt sich in den Medien: Landrätin Gabriele Pauli (ddp)


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