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13.01.07 / Von der Muschel zur Münze / Serie: So kam der Mensch zum Geld / Teil II

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-07 vom 13. Januar 2007

Von der Muschel zur Münze
Serie: So kam der Mensch zum Geld / Teil II
von Klaus J. Groth

Es gab Zeiten, da lief es auch ohne "Bares" ganz gut. Man tauschte Hirse gegen Hammel, zahlte mit Dattel oder Kakaobohne und erfand die Kleiderwährung. Feiner wurde es dann mit Gold- und Silberplatten.

Alle wollen nur Ihr Bestes! Ihr Geld! Um daran zu kommen, wird geschmeichelt und betrogen, gearbeitet und geschummelt. Am Ende ist es wie gewonnen so zerronnen. "Ein Heller und ein Batzen, die waren beide mein" - wer würde heute noch ein Lied darauf singen? Keinen Pfifferling sind Heller und Batzen mehr wert. Und die Deutsche Mark mußte vor fünf Jahren nach 1000 Jahren Verläßlichkeit dem Euro Platz machen.

Geld ist flüchtig, und jeder will es halten. Aber der Taler muß wandern, sonst taugt er nichts.

Kluge Abhandlungen über das Wesen des Geldes reihen sich in den Bibliotheken der monetären Wissenschaften zu Regalkilometern. Eine Untersuchung klingt komplizierter als die andere, aber so recht begreiflich kann keine machen, was nun dran ist an dem Geld, das materiell keinen Wert hat und doch demjenigen, der es besitzt, fast alles geben kann.

Aber: Geld will nicht verstanden werden. Geld will geliebt werden. Es bevorzugt keineswegs die klugen Köpfe. Die mögen noch so sehr über das Wesen des Geldes nachdenken, sie haben trotzdem keines. "Wenn einer Geld hat", stellte der römische Dichter Ovid fest, "darf er dumm sein." Er darf es auch schon sein, wenn er zu Geld kommen will. Nur fällt das dann noch ein paar Leuten mehr auf. Das ändert sich erst, wenn einer aus dem Schneider ist und seine Kreditwürdigkeit nicht mehr in Peanuts aufgewogen wird.

Wer wie die Wikinger, Hamstern gleich, in großer Zahl Töpfe prall gefüllt mit dem schönsten Silbergeld hinter der Hütte verbuddelte, hatte von der flüchtigen Seele des Geldes nichts begriffen. Immer wenn die Wikinger einen ihrer Töpfe wieder fanden, war sein Inhalt nur noch die Hälfte wert. Der Erfolg ihrer Raubzüge war nicht von Dauer. 80000 orientalische, 45000 englische und 85000 deutsche Münzen vergaßen sie in der Erde. Wer Geld so schnöde behandelt, erfreut sich nicht lange daran.

Der wirkliche Liebhaber nimmt wie Dagobert Duck regelmäßig ein erfrischendes Bad in Dukaten. Oder wie jener Erzherzog Sigismund von Tirol, den man auch "den Münzreichen" nannte, der sich kurz vor seinem Tod rasch noch eine Schüssel mit 400 Guldinern bringen ließ, "weil sein gnad", wie überliefert wurde, "noch einmal in ain Silber greifen wolt". Bei solchen Liebhabern bleibt das Geld. Bei denen also, die wissen, was sie an ihm haben. Wer, wie die Gattin eines rheinischen Industriellen, diese Maxime für Leben und Luxus ausgab: "Wir haben es nit vom usjebe, wir haben es vom behalde", der wird sein Geld auch behalten. Vergelt's Gott.

Der Ursprung des Wortes ist germanisch und wird aus dem Stammwort Vergeltung oder Vergütung abgeleitet. Sprachlich in der Nähe ist ebenfalls das englische "guilt", aber das bedeutet Schuld - und das ist die andere Seite des Geldes.

"Das Geld ist in der modernen Wirtschaft das allgemein anerkannte Tausch- und Zahlungsmittel und gleichzeitig der Wertmaßstab für alle Güter und Leistungen", faßt der Brockhaus zusammen.

Wie aber kommt der Mensch ans Geld? Entgegen landläufiger Vorstellung ist diese Frage keineswegs so alt wie die Menschheit. Es gab Zeiten, da kam der Mensch sehr gut ohne Geld aus - und hatte keinen Mangel daran.

Weil aber Geld nicht nur nützlich, sondern auch praktisch ist, wurde es immer wieder und immer noch einmal erfunden. Denn irgendwann wird es jedem zu lästig, erst einen Sack Hirse zu Markte zu tragen und anschließend einen störrischen Hammel vom Markte zu treiben.

Manche Dinge waren zum Tausch geeigneter als andere. Was leicht zu bewegen war, wurde häufiger getauscht. So entwickelten sich in nahezu allen Kulturen symbolhafte Tausch- und Wertgegenstände. Am Anfang waren die auf Schnüre gezogenen Kauri- und Achatschnecken als Schmuckgeld, aus Muscheln zu Ringen geschliffenes Geld oder aber auch die Eckzähne von Hunden und die Hauer von Keilern, mit denen auf Neuguinea gehandelt wurde. Das Federgeld wurde nach Farben bewertet. Rot stand besonders hoch im Kurs.

Mit Kleidergeld war die Währung in Pelzen gemeint, die in Rußland und Nordamerika galt. In der Südsee stand Rindenstoff für Geld, im Sudan Baumwollstoffe. Nahe am praktischen Nutzen war die Währung in Somalia, wo die Dattel für Geld galt. In Altmexiko waren Kakaobohnen und in Hochasien Teeziegel bares Geld wert. Doch solch Nutzgeld, das im Falle einer Pleite immer noch zu einem bekömmlichen Getränk taugt, hat nichts zu tun mit den verfeinerten Symbolwerten des wahren Geldes.

Statt nützliche oder auch unnütze Dinge gegeneinander zu tauschen, legten persische Händler den Gegenwert der Ware in leicht zu transportierenden Gold- und Silberplatten fest. Bei jedem Handel mußten sie ausgewogen werden. Daraus entwickelten sich die ersten in Metall geprägten Münzen, die zuerst in den ionischen Städten Kleinasiens auftauchten. Das war 700 Jahre vor Christus. Hundert Jahre später herrschte jener König, dessen Name heute noch für finanziellen Reichtum steht: Krösus. Er ließ Münzen aus reinem Gold und Silber prägen. Mit seinem Zeichen stand er für das Gewicht und den Metallgehalt der Münze ein. Das machte ihn unvergeßlich - und unermeßlich reich. Persische Könige machten es ihm nach, und bald waren die silbernen Drachmen und die goldenen Stater überall dort willkommen, wo die Kultur durch die feinere griechische Lebensart geprägt war.

Die Römer arbeiteten sich bekanntlich aus kleinen Anfängen empor - auch bei den Münzen. 400 vor Chr. brachten sie Kupfergeld in Umlauf, erst 150 Jahre später gaben sie silberne Denar aus und unter Julius Cäsar dann auch Münzen aus Gold.

Aber als das römische Reich unter die Bastschuhe der Völkerwanderung kam, war es bald vorbei mit dem hoch entwickelten Münzwesen. Zwar nutzten die germanischen Könige weiterhin die römischen Prägestöcke, weil es ihnen aber zunehmend an Silber, Gold und Kupfer mangelte, hatten die Münzen bald nicht mehr den Gegenwert, den sie vorgaben. Wie immer in schlechten Zeiten blühte der Tauschhandel wieder auf. Für schlechtes Geld will niemand gute Ware geben. Und so gab es im mittelalterlichen deutschen Land große Landstriche, in denen Geld vollkommen unbekannt war. Im Jahr 827 kaufte das Kloster Fulda ein Stück urbar gemachtes Land. Das bezahlte es mit acht Schwertern, fünf Stücken Tuch, vier Stück Vieh, einem Pferd und zwei Paar Ohrringen.

Noch hatte das Volk kein Geld - und vermißte es auch nicht im geringsten. Wer tatsächlich schon einmal etwas von den seltsamen Münzen gehört hatte, hatte auch gehört, daß nicht alles Gold ist, was glänzt. Erst die Mark polierte den verdorbenen Ruf des Geldes wieder auf. Die nordgermanischen Stämme hatten mit der Mark gehandelt. Sie war eine Gewichtseinheit für Gold- und Silberplatten. Im 11. Jahrhundert wurde sie als feste Gewichtsnorm eingeführt - und in ganz Europa akzeptiert. Der Silbergehalt einer Gewichtseinheit bestimmte die Nordische Mark, die Flandrische Mark, die Kölner Mark, die Italienische Mark, die Venedig-Nürnberger Mark, die Prager Mark, die Wiener Mark, die Mark von Troyes und die von Barcelona. Vorerst blieb sie Rechengröße. Geprägt wurden Münzen mit anderen Bezeichnungen, gerechnet aber wurde mit der Mark.

Im Binnenhandel kam man sehr gut ohne Geld aus. Zudem war der Wert der Münzen viel zu hoch, selbst um eine Kuh zu kaufen. Nur wer als Fernhändler ganze Schiffsladungen mit Stockfisch, Wachs, Pelzen und Honig in Bergen und Nowgorod kaufte, erkannte den praktischen Nutzen des Geldes.

So erklärt sich auch, warum es wenig Sinn hat, nach vergrabenen mittelalterlichen Münzschätzen in Deutschland zu suchen. Hier gab es kaum Geld. Besser sind die Aussichten hoch im Norden oder im Osten. Denn dorthin ging das mittelalterliche Geld und wurde gelegentlich im Wald vergraben.

Foto: Krösus: Außer auf Tributzahlungen, wie die hier dargestellte, und den Rohstoffreichtum seines Reiches ist der sagenhafte Reichtum des letzten Königs Lydiens auf die Erfindung des gemünzten Geldes zurückzuführen.


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