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20.01.07 / Zwischen Krieg und Frieden / Schäuble bleibt hart: Schutz vor Terroristen gäbe es nur bei Verfassungsänderung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 20. Januar 2007

Zwischen Krieg und Frieden
Schäuble bleibt hart: Schutz vor Terroristen gäbe es nur bei Verfassungsänderung
von Bernhard Knapstein

Wolfgang Schäuble ist beharrlich: Die Bundeswehr soll auch im Inland eingesetzt werden, Flugzeuge abschießen und - seit neuestem - auch Schiffe versenken. Er will damit Terrorangriffe ähnlich dem auf das Welthandelszentrum in New York vom 11. September 2001 zu Luft, Land und zu Wasser abwehren können. Vor allem die politische Linke im Bundestag von SPD bis PDS winkt ab. Einsätze der Bundeswehr im Innern, das riecht für sie nach Militärputsch. Ihnen sind die ständig neuen Vorstöße Schäubles bereits lästig.

Im Februar 2006 scheint nun auch das Bundesverfassungsgericht sich gegen die Bundesregierung gestellt zu haben. Das gab einer Beschwerde Recht und entschied: Das Leben der Reisenden in einem von Terroristen gekaperten Flugzeug darf nicht gegen das Leben von Menschen auf der Erde abgewogen werden. Das grundgesetzlich geschützte Recht auf das Leben und die Menschenwürde stehen davor - zumindest im Frieden. Ein Verteidigungsfall liegt jedenfalls nicht vor, darin stimmen alle Juristen überein, denn dann müßte der Staat durch einen anderen Staat angegriffen werden. Aber was ist ein solcher Angriff von fanatischen Selbstmördern im Auftrage ihres Gottes dann und wie geht man damit um?

Die Bundesregierung hatte zur Gefahrenabwehr den so gearteten Angriff, der irgendwo zwischen Krieg und Frieden anzusiedeln ist, deshalb als "besonders schweren Unglücksfall", als Katastrophennotstand im Sinne von Artikel 35 des Grundgesetzes gewertet, um auf diesem Wege die Bundeswehr zur Unterstützung der Polizeibehörden im Inland einsetzen zu können. Das Luftsicherheitsgesetz sieht ein solches Zusammenwirken vor. Die Wahl des Abwehrmittels muß allerdings verhältnismäßig sein. Die Bundesregierung ist bisher davon ausgegangen, daß das Flugzeug der Terroristen eigentlich nur abgeschossen werden kann, da radikale Islamisten aller Erfahrung nach sich zur Aufgabe ihres Vorhabens im Zweifel nicht überreden lassen. Das Leben anderer, zumal ungläubiger Flugzeuginsassen, zählt Ihnen nichts. Die Polizeibehörden verfügen über keine Abfangjäger, weshalb die der Bundeswehr das einzige Mittel der Problemlösung darstellen.

Wolfgang Schäuble will eine Verfassungsänderung und genau so ist auch das Urteil des Gerichts zu verstehen.

Wir müssen eines erkennen: Der internationale und nicht an Staaten gebundene Terrorismus bildet eine Gefahr neuer Art, eine Gefahr, die das Grundgesetz bisher nicht kennt, aber kennen muß, um sinnvolle Abwehrmaßnahmen zu ermöglichen. Das ist das Ergebnis einer einfachen und logischen Analyse, die Konsequenzen haben muß. Im Grundgesetz muß die Situation berücksichtigt werden, daß unschuldige Menschen (Flugzeugreisende), die unabwendbar als Waffe benutzt werden, mit den Terroristen getötet werden. Schäuble hat dafür den Begriff vom "Quasi-Verteidigungsfall" geprägt. Dieser Fall soll - wie der tatsächliche Verteidigungsfall - das Kriegsvölkerrecht eröffnen und das Grundgesetz insoweit einschränken. Die Tötung unschuldigen Lebens zur Verhütung eines noch größeren Schadens - und das kann nur quantitativ noch mehr Todesopfer heißen - wäre dann möglich.

Hierzu müßte Artikel 87 a des Grundgesetzes (Streitkräfte für Verteidigungsfall) erweitert werden. Der Innenminister will den zusätzlichen Einsatz der Bundeswehr auch "zur unmittelbaren Abwehr eines Angriffs auf die Grundlagen des Gemeinwesens". Das lehnt die SPD, darunter Bundesjustizministerin Zypries und der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz, ab. Letzterer plädiert für eine Änderung des Artikels 35 des Grundgesetzes (Polizei darf Unterstützung der Streitkräfte anfordern), so daß nicht nur Soldaten für den Deichschutz, sondern auch militärische Mittel (Abfangjäger der Luftwaffe) angefordert werden können. Diese Änderung, das gibt Wiefelspütz zu, sieht nicht vor, daß unschuldiges Leben geopfert werden darf. Es betrifft also nur leer gekaperte Flugzeuge, auch ohne Flugpersonal - eine theoretische Situation. Wir leben nicht mehr im Jahr 1949. Als das Grundgesetz in Kraft trat, gab es solche Gefährdungen schlichtweg nicht. Jetzt schon. Schäuble ist leider der einzige, der hierzu bisher einen sinnvollen Beitrag geliefert hat.


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