18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.01.07 / Zickenalarm / Töchter in der Pubertät sind oft mehr als man ertragen kann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 20. Januar 2007

Zickenalarm
Töchter in der Pubertät sind oft mehr als man ertragen kann
von Helga Licher

Der Tag hatte wie immer hektisch begonnen. Viermal hatte ich laut und energisch an Sandras Zimmertür geklopft, bevor sie endlich ihren Kopf durch den Türspalt steckte und mich unfreundlich anknurrte: "Ist ja gut, ich bin schon wach ..."

"Sie wird den Schulbus verpassen", sagte ich zu meinem Mann, der bereits am Frühstückstisch saß. Dieter seufzte nur und vergrub sich hinter der Zeitung. Nachdenklich setzte ich mich an den Tisch und strich für meine Tochter ein Nutella-Brötchen.

Sandra hatte sich im letzten Jahr völlig verändert. Aus einem hübschen stets freundlichen Mädchen war ein nörgelnder, aufbrausender, zickiger Teenager geworden. Sie legte keinen Wert mehr auf ihre Kleidung und ihre schönen haselnußbraunen Haare hingen zottelig und ungepflegt am Kopf hinunter. Meine Mutter war der Meinung, Sandra brauche eine starke Hand, meine Schwester dagegen riet mir, sie einfach ihren Weg gehen zu lassen. Mein Mann hatte, wie immer, wenn es um Erziehungsfragen ging, gar keine Meinung.

"Ich mag kein Nutella-Brötchen ..." Sandra schob den Teller weit von sich und nahm eine Scheibe Käse vom Teller.

"Aber du hast doch immer ..."

Sie runzelte die Stirn und sah mich provozierend an. "Ab heute mag ich eben kein Nutella-Brötchen mehr, ist das so schwer zu verstehen?"

Mein Mann sah beunruhigt über den Zeitungsrand zu ihr hinüber. Sandra nahm sich die zweite Scheibe Käse, griff nach ihrer Jacke und knallte die Hautür hinter sich zu.

"Was ist nur mit ihr los?"

"Sie ist in der Pubertät, dann sind alle Mädchen so", sagte ich erklärend und begann den Tisch abzuräumen. "Aha", entgegnete mein Mann, und ich sah an seinem Blick, daß er absolut nichts verstanden hatte.

Später im Supermarkt ließ ich das Nutella-Glas im Regal stehen und kaufte 200 Gramm Käse mehr als üblich. Vor einem Kleiderständer mit hübschen modischen Blusen blieb ich stehen. Erst gestern hatte Sandra mich kritisch darauf hingewiesen, wie altmodisch meine Klamotten waren. Vielleicht sollte ich mich wirklich mal etwas modischer kleiden. Ich nahm eine royalblaue Bluse vom Ständer und hielt sie prüfend hoch. Sie war ziemlich kurz und würde kaum bis zum Hosenbund reichen. Die Farbe paßt ausgezeichnet zu meinen grün-blauen Augen, dachte ich und suchte nach dem Preisschild. Na ja, das Teil war nicht gerade billig, aber es war ja schon ewig her, daß ich mir etwas Neues geleistet hatte. Entschlossen legte ich die Bluse in den Einkaufswagen und ging zur Kasse. - Jetzt fehlt nur noch eine modische Frisur, überlegte ich, während ich nach Hause fuhr.

Staunend stand ich einige Stunden später vor dem großen Wandspiegel und betrachtete wohlwollend mein Spiegelbild. War das wirklich ich?

Die enge schwarze Jeans und die bauchfreie Bluse standen mir ausgezeichnet, und die aktuelle rote Kurzhaarfrisur ließen mich einige Jahre jünger erscheinen. Während ich im Bad noch frisches Makeup, blauen Lidschatten und pinkfarbenen Lippenstift auftrug, hörte ich die Haustür zuschlagen. Erwartungsvoll machte ich mich auf den Weg in die Küche.

Sandra stand vor dem geöffneten Kühlschrank und hielt ein Glas Milch in der Hand. Am Tisch saß Lena, ihre beste Freundin, die mich mit offenem Mund anstarrte. Ich räusperte mich und schob lässig eine Hand in die Hosentasche. "Hallo Mädels, alles klar?"

Meine Tochter drehte sich um, und mit lautem Klirren fiel das Milchglas auf den Boden.

"Mama ..."

Ich überhörte den Vorwurf in ihrer Stimme und ging mit wiegenden Hüften zum Schrank, um einen Besen zu holen.

"Mama, wie siehst du denn aus?"

"Ich war es einfach leid, ständig von dir kritisiert zu werden. Gefalle ich dir so besser?"

Lena lachte und sah mich bewundernd an. "Hey Sandra, du hast aber eine coole Mutter. Ich wünschte, meine Mutter würde sich so anziehen." Meine Tochter lächelte gequält und schlich mit hängenden Schultern in ihr Zimmer.

Später, nach dem Mittagessen, Lena war längst nach Hause gegangen, setzte sich meine Tochter zu mir auf das Sofa und legte ihren Kopf an meine Schulter. Sie holte tief Luft, und sagte stockend: "Ich wünsche mir, daß du wieder so bist wie früher. Eine bauchfreie Bluse und rote Haare passen einfach nicht zu dir."

Gerührt schloß ich meine Kleine in den Arm. Später ging ich noch ein Glas Nutella holen, denn man weiß ja nie ...


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren