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20.01.07 / Nicht alles war bare Münze / Serie: So kam der Mensch zum Geld / Teil III

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 20. Januar 2007

Nicht alles war bare Münze
Serie: So kam der Mensch zum Geld / Teil III
von Klaus J. Groth

Manche Lizenz oder Gewerbeerlaubnis kommt einer Genehmigung zum Gelddrucken gleich. Nur die Herstellung von Geld macht noch reicher - vorausgesetzt, das Geld wird nicht zu gut gemacht. Nicht jeder, der gegen Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit die Erlaubnis zum Prägen von Münzen erhielt, machte aus Geld auch Geld.

Erzherzog Sigismund von Tirol erwarb sich den Beinamen "der Münzreiche" nicht nur, weil er in Hall in Tirol außerordentlich viele Münzen aus dem Silber der benachbarten Schwazer Minen schlagen ließ. Die Entdeckung dieser Lagerstätte beendete einen großen Silbermangel. Da die Fugger das Pachtrecht in Schwaz besaßen, erhielt der Erzherzog nur ein Drittel des geförderten Silbers. Entsprechend streckte er den wertvollen Rohstoff, um ja nicht zuviel von dem kostbaren Silber zu verbrauchen.

Wer das Recht zum Prägen von Münzen zugesprochen bekam, durfte den Münzfluß bestimmen. Damit legte er fest, wie viel Münzen aus einer bestimmten Menge Metall geschlagen werden. Der Feingehalt (Korn) des Edelmetalls am Gesamtgewicht einer Münze (Schrot) bestimmte also nicht nur den Wert der Münze, sondern darüber hinaus auch den Gewinn des Prägers. Zwar sollte der Nennwert der Münze dem Wert des anteiligen Edelmetalls entsprechen, aber: Nicht jeder war von echtem Schrot und Korn. Zur Steigerung des Gewinns bedienten sich die Münzherren gern - und zunehmend häufiger - einiger Tricks.

Da sie allein die Differenz zwischen dem Metallwert und dem Nennwert einer Münze festlegen durften, verringerten sie bei gleichbleibendem Nennwert den Anteil des Edelmetalls. Oder sie ließen die Mischung wie gehabt, setzten aber den Nennwert herauf. Die Differenz war der Gewinn. Und da mit der Nähe des Geldes das Streben nach Gewinnmaximierung zunimmt, erfanden die Münzherren die Münzverrufung. Das war nun wirklich ein verrufener Trick, der um so häufiger angewandt wurde, je mehr der Münzherr zu raffen versuchte: Die im Umlauf befindlichen Münzen wurden eingezogen und als Ersatz neue ausgegeben, entweder mit einem geringeren Anteil des Edelmetalls oder zu einem höheren Nennwert. Dabei wurden dann weniger Münzen ausgezahlt als eingezogen.

Noch ausgeklügelter war das System, Münzen mit geringem Korn zum alten Nennwert in Umlauf zu bringen, dann aber neue Münzen mit hohem Feingehalt zu prägen. Damit verloren die alten Münzen zwangsläufig an Wert. Münzherren, die ihr Geld nicht in Verruf brachten, ließen sich diese Zurückhaltung durch regelmäßige Sondersteuern honorieren. Da war es nicht verwunderlich, wenn Bürger und Bauern nicht alles für bare Münze nahmen.

Der französische Mathematiker und Astronom Nicolaus Oresmius (1320-1382) schrieb mit "De Moneta" die erste theoretische Abhandlung über das Geld und kritisierte die Praktik des Verrufens: "Aufgrund dieser Münzverschlechterung wird gute Ware oder natürlicher Reichtum nicht länger in das Königreich gebracht, indem man die Münzen verändert, denn die Kaufleute gehen lieber an die Orte, wo sie eine gute und feste Münze erhalten. Außerdem stören und verhindern diese Münzveränderungen den Binnenhandel in dem Königreich, da dadurch Geldrenten, jährliche Zahlungen, Pachten, Zinse und ähnliches nicht gut und gerecht festgesetzt oder abgeschätzt werden können. Auch kann Geld nicht sicher verliehen oder als Kredit vergeben werden. In der Tat verweigern viele diese wohltätige Hilfe wegen solcher Münzveränderungen. Dabei sind Edelmetall, Kaufleute und all die anderen nützlichen Dinge für die Menschheit notwendig und außerordentlich nützlich, wogegen ihr Fehlen für die gesamte Gesellschaft schädlich und nachteilig ist."

Doch solche Mahnungen verhallen vor allem dann wirkungslos, wenn wieder einmal besonders viel Geld benötigt wird. In Frankreich kursierten im 15. Jahrhundert Silbermünzen mit einem Silberanteil von nur noch drei Prozent, wurden 1422 aus der gleichen Menge Silber 46mal mehr Münzen geschlagen als noch sechs Jahre zuvor.

Die Versuchung, den Anteil des Edelmetalls zu reduzieren, wurde um so größer, je knapper das auf dem Markt angebotene Silber vor der Entdeckung Amerikas wurde. Frankfurt hat eine lange Tradition als Europas Hauptstadt des Geldes. Hier kauften die Münzer ihren Rohstoff schon im 15. Jahrhundert ein. Für Silber gaben sie Gold.

Silber war das Metall der christlichen Währungen, Gold das der islamischen. Diese Trennung hatte 500 Jahre lang gegolten. Sie endete erst, als 1252 Genua den Genovino und Florenz den Fiorini als Goldmünzen einführten. Während das bis dahin verarbeitete Silber vor allem aus sächsischen Bergwerken stammte, kam das Gold von den Ufern des Senegal und des Niger über den Markt von Timbuktu.

Schier unerschöpflich schienen die Quellen dort. Gold wurde gegen Salz aufgewogen, wobei der Wert des Salzes höher angesetzt war. Die sächsischen Silberströme hingegen versiegten allmählich.

Warum also sollten die Münzherren in Material- und Geldnot gegenüber dem Gold zimperlich sein? Lübeck ließ 1342 als erste Stadt in Deutschland Goldgulden prägen. Dazu stellte die Stadt einen Münzmeister aus Italien ein. Die Gulden waren fast aus purem Gold, und sie blieben es nahezu unverändert 30 Jahre lang. Das war eine außerordentliche Stabilität. Dennoch blieb das Silbergeld beliebter. Nicht selten wurden Schiffsfrachten mit Fässern voller Silbermünzen bezahlt.

Welche Mengen zur Zeit der Münzwährung bewegt wurden, verdeutlicht das Lösegeld, das für die Freilassung des englischen Königs Richard Löwenherz aus der Gefangenschaft des Kaisers gezahlt wurde: 100000 Mark Silber. Das entsprach einem Gewicht von 23 Tonnen. Bescheidener, aber immer noch beachtlich sind dagegen die 40000 Mark Silber, die sich Venedig für den Transport der Kreuzfahrer bezahlen ließ. Daraus prägte die Republik vier Millionen Grossi, mit denen sie unter anderem die Arbeiter auf den Werften entlohnte. So wurde aus viel Geld noch mehr Geld plus einer ganzen Flotte - so etwas nennt man Wertschöpfung.

Gold und Silber eignen sich aber nicht sonderlich gut, um Arbeit zu bezahlen. Zu hoch war der Wert der Münzen, zu gering der Lohn. Besser möglich war das mit weißem Geld, das zur Hälfte aus Silber bestand. Der Weißpfennig im Rheinland und der Schilling in Norddeutschland gehörten zu dieser Alltagswährung.

Die Mark als geprägte Münze kam erst später in die Börse. Die Städte Lübeck, Wismar, Hamburg und Lüneburg ließen sie 1502 gemeinsam prägen. Für den Alltag taugte auch sie nicht. Die Reichsmünzenordnung des 16. Jahrhunderts legte die Kölner Mark mit 233 Gramm als Münzgrundgewicht fest. Das galt bis 1857.

Für die bescheidenen Ansprüche des täglichen Bedarfs entstand in Italien und Frankreich schwarzes Geld mit einem hohen Kupferanteil. In den deutschen Ländern aber bestand wenig Vertrauen in das Schwarzgeld, das zwar eingeschmuggelt, aber hierzulande nicht geprägt wurde. Mit solch verdächtigem Geld wollte man nichts zu tun haben. Schließlich wußte jeder, was er an Heller und Pfennig hatte. Der in Schwäbisch-Hall von einer venezianischen Gesellschaft geprägte Heller war zwar untergewichtig, doch stabil. Er geriet nicht in Verruf. Über mehrere Jahrzehnte verzichteten die Betreiber der Münze auf jede Neufestsetzung des Wertes. Das brachte dem Heller den Ruf des "ewigen Pfennigs" ein. Höhere Anerkennung kann in deutschen Landen keiner Währung zuteil werden.

Demnächst lesen Sie: "Wie der Geldwechsler Bankier wurde".

Foto: "Der Münzreiche": Erzherzog Sigismund von Tirol brachte schlechtes Geld in Umlauf.


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