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27.01.07 / Die bayerische Tragödie / CSU nach Stoiber-Sturz ratlos - Konservative Alternative geht verloren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-07 vom 27. Januar 2007

Die bayerische Tragödie
CSU nach Stoiber-Sturz ratlos - Konservative Alternative geht verloren
von Klaus D. Voss

So schnell wie die CSU stürzt eine Partei nur zusammen, wenn die innere Statik nicht mehr stimmt. Die bayerische Tragödie allein Edmund Stoiber anzulasten trifft die Wahrheit aber nicht. Die CSU hat Verrat an sich selbst begangen. Das Stoiber-Drama mußte sie deswegen härter treffen als alle anderen Staatsaffären zuvor, von "Amigo" bis "Old Schwurhand Zimmermann". Und mit erheblichen Folgen: Der bayerische Sonderweg ist zu Ende.

Die CSU ist jetzt ins politische Mittelmaß eingereiht und muß neu ansetzen, weil sie den Bayern-Bonus verspielt hat, ihre sprichwörtliche Geschlossenheit. Kritiker halten Edmund Stoiber immer wieder vor, er habe seinen Autoritätsverlust mit dem übereilten Rückzug aus Berlin im November 2005 selbst ausgelöst. Der Form nach ist dieses Urteil richtig, in der Sache aber nicht: Das Kabinett Merkel ist alles andere als eine Siegermannschaft, und Stoiber hat sich nur zu spät verweigert. Richtig bleibt, daß er als bayerischer Ministerpräsident ohne Pflicht zur Kabinettsdisziplin letztlich mehr durchsetzen konnte - zum Beispiel hat er die erste und übelste Fassung der Gesundheitsreform verhindert.

In einem anderen Buch steht, daß Stoiber nicht bemerken wollte, wie intensiv seine Umgebung den einmal geplanten Personalwechsel weiter verfolgte; wie sollte er auch? Stoiber hatte nicht wahrhaben wollen, daß auch seine Partei vom Zeitgeist angekränkelt ist, sich auch die bayerischen Verantwortungsträger in spe vorzugsweise mit der Frage beschäftigen, was aus ihnen wird - und nicht, was aus dem Land werden kann.

Die Ablösung Stoibers entwickelte sich denn auch nicht aus einem politischen Entscheidungsprozeß, sondern entstand ungeplant, unkoordiniert und unbestimmt in seinem Ausgang aus der Internet-Meckerei der Fürther Landrätin Gabriele Pauli. Da hat ein Depp oben im Berg die Lawine losgetreten. Herausgekommen ist dabei eine ratlose Partei, entzaubert wie nie zuvor, sowie ein Ministerpräsident und Parteichef mit neunmonatiger Kündigungsfrist. Kurz gesagt: ein Gespött.

Viel zu spät erinnert sich die CSU an ihre historischen Stärken. Wenn eine Partei - gegen jede demokratische Reflexhandlung, die Mehrheiten verändern müßte - schon im fünften Jahrzehnt mit absoluter Hoheit im Landtag ausgestattet ist, dann gibt es nur eine Erklärung: Die Wähler vertrauten dieser Partei, die mit christlichen Traditionen und konservativen Werten verwachsen ist und dabei wie keine andere moderne Initiative zeigen kann wie auch unverfälschten Patriotismus. Ein herbe Enttäuschung für alle, die auf eine konservative Alternative setzen wollten.

Auch der Freistaat wird nun durchgemustert, wieviel denn vom "Vorbild für alle" wirklich stimmt; in einer Stunde der Wahrheit gibt es keine patriotisch-freundliche Sichtweise mehr. Tatsache sind Erfolge beim Aufbau einer modernen Wirtschaftsstruktur, unübersehbar aber auch die anhaltenden Infrastrukturprobleme: Über den fehlenden Münchener Autobahnring ärgern sich die Deutschen seit 40 Jahren, und auch die dramatischen Dauerstaus auf den Süd-Autobahnen sprechen nicht für eine entschlossene Landesentwicklung. Selbst die günstige wirtschaftliche Entwicklung hat eine Kehrseite: Bayern kann aus eigener Kraft nicht ausreichend Arbeitskräfte ausbilden und muß qualifizierte Mitarbeiter aus anderen Bundesländern "abwerben": Bayern lebt auf Bildungspump.


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