26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.01.07 / Wie der Lichtmeßtag begangen wurde / Am 2. Februar ist das Fest der Darstellung des Herrn, vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil "Mariä Reinigung" genannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-07 vom 27. Januar 2007

Wie der Lichtmeßtag begangen wurde
Am 2. Februar ist das Fest der Darstellung des Herrn, vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil "Mariä Reinigung" genannt
von Manfred Müller

Mit geweihten, brennenden Kerzen in den Händen ziehen Meßdiener und Geistliche durch die Kirche, auch die Gläubigen im Kirchenraum haben zu dieser Gelegenheit die gesegneten Kerzen entzündet. Dies geschieht am 2. Februar, dem Fest Mariä Lichtmeß. Von den schimmernden Kerzen, die man an diesem Tage in den katholischen Kirchen bei der Prozession und der Meßfeier trägt, hat das Fest seinen volkstümlichen Namen bekommen.

Es hieß auch Mariä Reinigung, denn gemäß biblischer Vorschrift galt die Frau nach der Geburt eines Jungen 40 Tage als unrein. Nach der liturgischen Neuordnung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-

1965) trägt es den Namen Fest der Darstellung des Herrn. Gemäß Altem Testament wurde der erstgeborene Sohn in Erinnerung an die Pascha-Nacht als Eigentum Gottes angesehen und diesem im Tempel übergeben ("dargestellt"), wo er durch ein Geld- beziehungsweise Tieropfer auszulösen war. Das Lukasevangelium berichtet, daß der Knabe Jesus gemäß dieser Gesetzesvorschrift von Maria und Josef zum Tempel gebracht wurde. Mit dieser Darbringung / Darstellung / Übergabe des Herrn im Tempel feierte man zugleich den ersten Besuch Jesu Christi in der Heiligen Stadt.

In der evangelischen Gottesdienstordnung wird man heutzutage vergeblich nach diesem Fest suchen, und auch in katholischen Kirchen wird keineswegs mehr überall an diesem Tage eine Kerzenweihe mit anschließender Prozession im Rahmen der Meßfeier stattfinden. Nur noch ganz selten wird man bei der Prozession den Lobgesang des Simeon in lateinischer Gregorianik mit der innig-schönen Antiphon "Lumen ad revelationem gentium ..." ("Ein Licht zur Erleuchtung der Heiden ...") hören können. Von dieser Antiphon her erhält das Lichterbrauchtem dieses Festtages seinen Sinn.

Auch heute noch nehmen die Gläubigen die geweihten Kerzen mit nach Hause. Nach kirchlicher Auffassung werden die Kerzen geweiht "zum Gebrauche der Menschen und zur Gesundheit des Leibes und der Seele". Nach dem Volksglauben sollen sie vor Krankheit und jähem Tod schützen sowie böse Geister, Blitz und Hagelschlag fernhalten.

Das Fest kam von Jerusalem über Byzanz nach Rom. Schon für das 7. Jahrhundert ist die Lichterprozession in Rom bezeugt. Das christliche Fest Mariä Reinigung mit seiner Lichterprozession sollte wahrscheinlich in Rom die antik-heidnischen Reinigungsfeiern und Sühneumgänge verdrängen. Ein ähnlicher Verdrängungs- und Überlagerungsvorgang ist aus dem Karlsreich überliefert. 789 verbot Karl der Große mit Strafandrohung bestimmte heidnisch-germanische "Unsitten". In den nur oberflächlich christianisierten Gebieten seines Reichs wurden immer noch an Bäumen (Eichen und Linden)‚ die man für heilig hielt, an Quellen und Kreuzwegen brennende Kerzen aufgestellt. Dies sollte Schutzgewalten gegen drohendes Unheil heranflehen. Schon vorher hatten Konzilien und Synoden derartiges verboten. Abhilfe schuf erst die Überlagerung des Lichterbrauchtums durch die feierliche Kerzenweihe, Lichterprozession und Lichtermesse am 2. Februar.

Im Mittelalter und in der Neuzeit war für viele Jahrhunderte der Lichtmeßtag ein wichtiger Einschnitt im Jahreslauf, von dem vor allem Bauern und Handwerker betroffen waren. Vielfach fand am 2. Februar (wie am Remigiustag, 1. Oktober, und am Martinstag, 11. November) ein Gesinde- und Personalwechsel statt. Typisch hierfür ist ein Lied aus dem schwäbischen Unterland: "Heut ist der schöne Lichtmeßtag, / Da bin i munter und frisch, / ... / Ei, Bauer, zahl mi aus: / I bin dir lang gnueg z'wider gwest, / Jetzt such i en anders Haus." Die Arbeit der Mägde in der Spinnstube ging am Lichtmeßtag zu Ende. An diesem Tage wurde vielerorts aus dem Erlös der Spinnarbeit, aus dem Drusch von Hafer, Roggen und Gerste ein fälliger Zins bezahlt. Im Handwerk hörte am Lichtmeßtag die Arbeit bei künstlichem Licht, die an Michaelis (29. September) begonnen hatte, wieder auf.

Lichtmeß war auch ein wichtiger Wetter- und Lostag (Losen im Sinne von: das Wetter belauern). Unsere bäuerlichen Vorfahren beobachteten sorgfältig das Wetter, um daraus zu entnehmen, wie die Witterungsverhältnisse in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten sein würden, was wichtig für Feldarbeit und Ernte war. Viele so gewonnene Wetterregeln beruhten auf jahrhundertlanger Erfahrung. Beispiele zum Lichtmeßtag:

"Wenn's an Lichtmeß stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit. Ist es aber klar und hell, kommt der Lenz wohl nicht so schnell. Gibt es an Lichtmeß Sonnenschein, wird es ein spätes Frühjahr sein. Wenn der Nebel zu Lichtmeß fallt, wird es gewöhnlich noch sehr lange kalt." Da die Kerzen (aus Bienenwachs) in der Lichtmeß-Liturgie eine so große Bedeutung hatten, lag es nahe, daß auch Wetterregeln für das Bienenjahr gewonnen wurden. So rechnete man mit einem guten Bienenjahr, wenn bei der Lichtmeßprozession, sofern sie auch rund um die Kirche stattfand, die Kerzen nicht vom Wind ausgelöscht wurden. Am Niederrhein galt die griffige Wetterregel: "Leetmeß häl on kloar, göft e joot Baiejoar." (Wenn der Lichtmeßtag hell und klar ist, wird es ein gutes Bienenjahr geben.)

Mit der Zurückdrängung der agrarisch-vorindustriellen Lebenswelt im 19. und 20. Jahrhundert sind die weltlichen Lichtmeßbräuche fast gänzlich verschwunden. Auch ein kirchliches und familiäres Brauchtumselement schwand nach der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils dahin. Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war es Brauch, daß in den katholischen Gegenden die Weihnachtsbäume in Kirchen und Wohnzimmern erst nach dem Lichtmeßtag abgeschmückt und weggestellt wurden, erst dann wurden auch die Weihnachtskrippen abgebaut. Grund: Mit Lichtmeß endete die Weihnachtszeit im engeren Sinne. Dies änderte sich nun. Mit dem Sonntag nach Erscheinung des Herrn (Dreikönigen) schließt der weihnachtliche Festkreis. Mariä Lichtmeß geriet so etwas ins liturgische Abseits.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren