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27.01.07 / "... wenn man hier bleiben könnte" / Carl Zuckmayers "Paradies" und seine Wahlheimat in den Schweizer Bergen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-07 vom 27. Januar 2007

"... wenn man hier bleiben könnte"
Carl Zuckmayers "Paradies" und seine Wahlheimat in den Schweizer Bergen
von Helga Schnehagen

Als wir, meine Frau und ich, an einem Juliabend des Jahres 1938 mit unseren Rucksäcken den Kapellenweg von Saas-Grund nach Saas-Fee hinaufwanderten, wußten wir nicht, daß wir heimgingen." Im Epilog seines großen Werkes "Als wär's ein Stück von mir" beschreibt Carl Zuckmayer jenen Moment, als er und seine Frau Alice erstmals nach Saas-Fee, das am Ende des Saastales im Schweizer Kanton Walllis liegt, gekommen sind.

Carl und Alice Zuckmayer können "nach dem ersten heiligen Schreck, mit dem uns dieser Anblick durchfuhr" noch lange nicht sprechen. "Hier", sagt dann einer von ihnen - "wenn man hier bleiben könnte." Im Mai 1939 wandern sie jedoch erst einmal nach Amerika aus. Erst Ende der 50er Jahre läßt sich das Ehepaar endgültig in Saas-Fee nieder. Im Juli 1958 beziehen sie die "Vogelweid", einen alten Saaser Hof, umgeben von immergrünen Arven, Bergkiefern und Fichten. Saas-Fee wird ihnen zur Heimat. "Jeden Tag, den ich nicht hier in Saas-Fee verbringe, ist für mich nur ein halber Tag. Nur hier lebe ich ganz", schreibt der gebürtige Rheinländer am 18. Januar 1973 - exakt vier Jahre vor seinem Tod.

"Lieber in Saas-Fee bei schlechtem Wetter als anderswo bei gutem." Carl Zuckmayer lebt im und mit dem Dorf.

Mit viel Liebe bewahrt Saas-Fee das Andenken seines berühmten Einwohners. Die "Vogelweid" steht heute noch, auch wenn die immergrünen Arven, Bergkiefern und Fichten neuen Chalets weichen mußten. Im Saaser Museum ist das originale Arbeitszimmer ausgestellt. In der "Carl Zuckmayer Stube" im Hotel Gletschergarten ist noch ein Hauch des großen Dichters zu spüren. Die Gemeinde hat im vergangenen Herbst eine Gedenktafel zu seinen Ehren enthüllt.

Dem Schriftsteller besonders nah ist man auf dem Carl-Zuckmayer-Wanderweg.

Entlang des fünf Kilometer langen Rundweges stehen fünf Serpentinsteine mit Zitaten des Literaten: "Heimat ist nicht, wo man geboren ist, sondern, wo man zu sterben wünscht", ist auf einem von ihnen zu lesen. Auf dem Friedhof hinter der Kirche haben er und seine Frau die letzte Ruhe gefunden.

Sein "Paradies" hatte Carl Zuckmayer bereits zuvor in Österreich gefunden. Ein literarischer Spaziergang durch Henndorf am Wallersee folgt den Spuren des Dramatikers.

Schließlich ist das Haus Wiesmühl erreicht, wo Carl Zuckmayer mit Ehefrau und Tochter Winnetou zwölf glückliche und schaffensreiche Jahre verbracht hat. Das Lustspiel "Der Fröhliche Weinberg" (1926) hatte ihm Erfolg beschert und finanzielle Unabhängigkeit. Mit den Tantiemen kauft er den Wohnsitz in Henndorf. Stefan Zweig offeriert ihm als Einstandsgeschenk einen Kachelofen. Wenn die heutige Besitzerin der Wiesmühle, wie der Dichter sein Heim liebevoll genannt hat, Johanna von Schöning, in Henndorf ist, darf man ihn auch sehen.

In Henndorf entstehen die Erfolgsstücke "Schinderhannes" (1927), "Katharina Knie" (1929) und der "Hauptmann von Köpenick" (1931). Im März 1938 gelingt Zuckmayer mit seiner Familie die Flucht in die Schweiz. Danach plündern und besetzen die Nationalsozialisten die Wiesmühle. Wie sehr der Dichter seine Wahlheimat geliebt hat, verrät er in "Einmal gelebt im Paradiese".

Vor den Toren Salzburgs gelegen, ist Henndorf besonders zur Festspielzeit während der 20er und 30er Jahre Treffpunkt illustrer Gäste. Zu den literarischen Freunden der Familie Zuckmayer - dem sogenannten Henndorfer Kreis - zählen Ödön von Horvath, Franz Theodor Csokor, Richard Billinger, Stefan Zweig, Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Franz Werfel mit seiner Gattin Alma Mahler und Alexander Lernet-Holenia.

Nach etwa zwei Stunden literarischer Spurensuche geht's ins Caspar Moser Bräu, eine der ältesten noch weitgehend original erhaltenen Gaststuben. Die Holztäfelung, der grüne Kachelofen, die alte Wanduhr, die beiden Ölporträts des Bierbrauers Caspar Moser III., alles ist unverändert erhalten. Auch das Geisterzimmer, in dem Carl Zuck-mayer die Zeit überbrückte bis die renovierungsbedürftige Wiesmühle fertig war, existiert noch im barocken Originalzustand und kann jederzeit gemietet werden. Ob allerdings die Geister, wie eine Dame fest behauptete, dann auf der Bettkante sitzen, kann nicht garantiert werden.

Infos: Saas-Fee Tourismus, CH-3906 Saas-Fee, Telefon (00 41) 2 79 58 18 58, www.saas-fee.ch, Salzburger Seenland Tourismus, A-5201 Seekirchen, Telefon (00 49) 6 21 23 03 70, www.salzburger-seenland.at.

Foto: Carl Zuckmayer: "Lieber in Saas-Fee bei schlechtem Wetter als anderswo bei gutem."


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