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03.02.07 / Traurige Zeugen des Verfalls / Balga ist ein Bespiel für die Unterlassungssünden der Russen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-07 vom 03. Februar 2007

Traurige Zeugen des Verfalls
Balga ist ein Bespiel für die Unterlassungssünden der Russen

Das Spezialprogramm für den Wiederaufbau deutscher Architekturdenkmäler dürfte für viele Gebäude viel zu spät in Kraft treten, da der Verfall schon zu weit fortgeschritten ist. Die gemeinsamen Bemühungen deutscher und russischer engagierter Heimatforscher haben zwar in den vergangenen Jahren Früchte getragen - so wurde der Dom mittels finanzieller Unterstützung aus der Bundesrepublik Deutschland wieder aufgebaut -, viele Kirchen, Burgen und Schlösser liegen aber über 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges immer noch in Ruinen. Selbst diese Ruinen sind Plünderern schutzlos ausgeliefert.

Es gab und gibt Menschen im Königsberger Gebiet, denen das allmähliche Verschwinden deutscher Kultur nicht gleichgültig ist. Dem ehemaligen Offizier der Roten Armee Awenir Owsjanow beispielsweise ist es zu verdanken, daß zahlreiche Bauten überhaupt erst in die staatliche Liste der zu erhaltenden und zu schützenden Baudenkmäler aufgenommen wurden.

Es hat Jahre und viel Mühe gekostet, bis Owsjanow die Machthabenden in Königsberg und auch in Moskau von der Notwendigkeit überzeugt hatte, sich mit dem Wiederaufbau deutscher Architekturdenkmäler auseinanderzusetzen. Auch sein Plan, ein Museum für Befestigungsanlagen zu gründen, stieß zunächst auf den Widerstand der Gebietsadministration. Dann gab es unerwartete Unterstützung durch eine Initiative der Gebietsregierung, die Nutzung alter Burgen, Kirchen und Schlösser für Privatpersonen auszuschreiben.

Ein trauriges Beispiel für ein sterbendes Kulturerbe ist die Halbinsel Balga, wo nur noch Ruinen von dem einst stolzen Schloß Balga zeugen. Zwar sammelt Awenir Owsjanow seit Jahren alle Informationen, die noch über Balga existieren, der Verfall läßt sich jedoch nicht mehr stoppen. Owsjanow wertet historische Quellen aus, die er in Archiven in Rußland, Polen, Deutschland, Litauen, Frankreich und Schweden fand. Er befragte auch Menschen, die bis zum Krieg in Balga lebten.

Es scheint völlig unverständlich, daß die russischen Regierungen bis zum heutigen Tag nichts für den Erhalt der Kulturdenkmäler getan haben, obwohl es mehr als Tausende von Bedeutung gibt, darunter über 30 Schlösser, deren Zustand für ein Land wie Rußland einfach nur peinlich ist. Leider gibt es nur wenige Verantwortungsbewußte, die so denken.

Neben Balga gibt es viele historisch bedeutende Stätten, die bis heute nicht wieder hergestellt wurden. Zu nennen sind das Königsberger Schloß, auf dessen Platz nun seit über 40 Jahren die Bauruine des Hauses der Räte steht, die Schloßgebäude von Pr. Eylau, wo kommenden Mittwoch und Donnerstag vor 200 Jahren sich Preußen, Franzosen und Russen die gleichnamige Schlacht lieferten, und die Königin-Luise-Brücke in Tilsit, wo vor fast 200 Jahren zwischen Alexander I. und Napoleon der gleichnamige Frieden geschlossen wurde. Das heißt, hier fand nicht nur europäische Geschichte, sondern auch russische statt. Die geplante Restauration der Luisenbrücke zieht sich hin.

Balgas Bedeutung ist auch deshalb besonders, weil es das erste Ziegelgebäude in Ostpreußen war. Schloß Balga wurde noch vor dem Königsberger Schloß und dem Königstor in Königsberg gebaut. Letzteres wurde für die 750-Jahrfeier restauriert.

Die Russen hatten erstmals Anfang er 80er Jahre Interesse an Balga bekundet, als sie vermuteten, daß sich das Bernsteinzimmer dort befände. Eine Expedition der Roten Armee durchkämmte die unterirdischen Gewölbe der bis dahin unbeachtet gebliebenen Ruinen. Es gab eine Explosion, bei der ein Soldat starb und mehrere verletzt wurden. Die Expedition wurde beendet, aber danach war das Interesse privater Schatzsucher geweckt, welche die Ruinen plünderten.

Owsjanow fordert einen verantwortungsvollen und behutsamen Umgang mit dem kulturellen Erbe. Er verfaßte bereits ein Buch über Balga, in dem er seine Forschungsergebnisse zusammenfaßte. Sein Wunsch wäre es, daß seine Landsleute Balga so erhielten, wie die Deutschen es vor dem Zweiten Weltkrieg getan haben. Dazu gehört auch, die alte deutsche Straße, die nach Balga führt, wieder in Ordnung zu bringen, um Touristen den Besuch zu erleichtern. Im Tourismus liegt auch die Voraussetzung für Erhaltungsarbeiten. Durch die Einnahmen ließe sich eine touristische Infrastruktur entwickeln, die es zudem ermöglichte, auch die Mittel für den Wiederaufbau bereitzustellen.

Ein amerikanischer Forscher sagte den Russen bei einer Expedition Anfang der 90er Jahre, er würde Balga sofort kaufen, wenn er das Geld dazu hätte, und warf ihnen vor, sie hätten einen Schatz vor sich liegen und seien nur zu faul, sich danach zu bücken. MRK


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