19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.02.07 / Verfehlte Gegenwart / Deutschland und seine Elite - kritischer Blick auf unserer Vaterland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-07 vom 10. Februar 2007

Verfehlte Gegenwart
Deutschland und seine Elite - kritischer Blick auf unserer Vaterland

Im vergangenen Jahr erschienen zwei Bücher, die zunächst aus dem gleichen Grund Aufsehen erregten. Beide vertraten sie einen deutschen Standpunkt und beide appellierten an die Deutschen, wieder zu sich selbst zu finden und Selbstbewußtsein zu zeigen. Während "Spiegel"-Redakteur Matthias Matussek durch die Talkshows des Fernsehens tingeln konnte, um für sein Buch "Wir Deutschen - Warum uns die anderen gern haben können" zu werben, wurde es um das andere Buch "Der deutsche Horizont - Vom Schicksal eines guten Landes" des aus dem Banat stammenden Deutschen Richard Wagner sehr schnell ruhig. Der Grund leuchtet ein, wenn man beide Bücher gelesen hat: Hier das in der "Spiegel"-Schreibe verfaßte oberflächliche Buch, das schließlich nichts anderes war als ein schwarzrotgold eingefärbtes 68er Produkt - dort ein über weite Strecken böses, aber die deutsche Misere auslotendes, tief ernstes Werk des Auslandsdeutschen Richard Wagner. Er geht wirklich an die Wurzeln unserer Misere, und das, was er als Ausweg verlangt, kann unserer Schickimicki-Intellektuellen-Gesellschaft nicht in den Kram passen.

"Deutschland ist ein Patient, doch nicht der Körper ist krank, sondern es ist die Seele." So steht es im Klappentext, der offensichtlich vom Autor geschrieben ist. Wagner untersucht den Patienten und stellt fest, daß die deutsche Unlust, das Niedergedrücktsein, der fehlende Aufbruchswille vor allem daran liegen, daß dem Deutschen die Vergangenheitsbewältigung wie ein Mühlstein um den Hals gehängt worden ist, um ihn immer wieder niederzudrücken. Der Deutsche jammert über den Neoliberalismus wie über den Globalismus, hat aber selbst keinen Standpunkt, von dem aus er Kritik übt. Man weiß nicht, was man an deren Stelle setzen soll. Bezeichnend: Der eigentliche Tag der deutschen Souveränität, Ausgangspunkt des Selbstbewußtseins und des eigenen Standpunktes, ist der Tag, an dem die letzten alliierten Truppen aus Deutschland abgezogen sind, doch wird dieses Tages keineswegs gedacht, wobei Wagner allerdings übersieht, daß es auf dem Boden der Bundesrepublik immer noch Truppen der Siegermächte gibt. Weil unserer intellektuellen Elite nichts über den Frieden geht, wird der Kommunismus weiterhin verharmlost. Es ist ein Skandal, meint Wagner, daß bei uns heute die bekannteste Figur des DDR-Systems Gregor Gysi ist und nicht eine Person der Bürgerrechtsbewegung der DDR, die Freiheit und Leben gegen den Kommunismus eingesetzt hat. Anstatt die schweren Erkrankungen, an denen die Bundesrepublik leidet, beherzt zu bekämpfen - als solche nennt er die verbreitete Inkompetenz der politischen Klasse, die Pfründenwirtschaft im Verwaltungsstaat, "das räuberische Wirtschaftsmanagement", aber auch das "kostenreiche Staatssystem" -, meint man als Ablenkung zum Kampf gegen den angeblichen Neofaschismus aufrufen zu müssen. Dabei sei der Nationalsozialismus "spätestens mit dem Erlöschen der Sozialistischen Reichspartei endgültig aufgegeben worden, abgesehen von einigen Spinnern". Wir leben über unsere Verhältnisse, trauen uns aber nicht, die Axt an die Wurzel dieses Übels zu legen. Statt dessen wird immer wieder die Vergangenheit beschworen, wobei die "kollektive Meinung über das Dritte Reich von Nachkriegsklischees überschwemmt wird". Angesichts der Affäre Hohmann fragt er erschüttert: "Braucht man wirklich Mut, um heute in Deutschland die Wahrheit zu sagen?" Die Behauptung, Deutschland sei 1945 "befreit" worden, führt er zurück auf die "Rhetorik des Stalinismus".

Weil man sich nicht traut, durch harte Einschnitte die wirklichen Probleme anzupacken, flüchtet man in die Spaßgesellschaft, die nichts ernst nimmt, tatsächlich aber den Sieg des Dilettantismus über die Professionalität bedeutet. "Die Infantilgesellschaft erfaßt den Ernst der Lage nicht. Sie macht sich einen Jux daraus." Thomas Gottschalk und Günther Jauch seien die Medizinmänner dieser Spaßgesellschaft, aber auch Intellektuelle wie Hans Magnus Enzensberger. Ihnen kommt es nur auf den Unterhaltungswert an, während Probleme der Gegenwart und der Zukunft verfehlt werden.

Das Deutschlandbild von heute verlange nach Normalität, eine Provokation für die linke Schickeria, die aufheult, wenn etwa ein Bundespräsidentenkandidat eben diese Forderung erhebt.

Die Gefahren für Deutschland bestünden nicht in der Rückkehr der Vergangenheit; sondern im Verfehlen der Gegenwart, so Richard Wagner. H.-J- von Leesen

Richard Wagner: "Der deutsche Horizont - Vom Schicksal eines guten Landes", Aufbau-Verlag, Berlin 2006, geb., 399 Seiten, Euro 19,90, Best.-Nr. 6051


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren