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17.02.07 / Gericht: Tempelhof soll 2008 sterben / Senat setzt Schließung des legendären Zentralflughafens durch - 68 Prozent der Berliner sind dagegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-07 vom 17. Februar 2007

Gericht: Tempelhof soll 2008 sterben
Senat setzt Schließung des legendären Zentralflughafens durch - 68 Prozent der Berliner sind dagegen
von Markus Schleusener

Tempelhof, das ist lebende Legende. Zudem ist Berlins Zentralflughafen ein enormer Standortvorteil: Besonders Geschäftsreisende können mitten in der Stadt landen und sparen wertvolle Zeit, die sie andernorts in langen Anfahrten von weit außerhalb liegenden Großflughäfen vergeuden. Bei der Auswahl der Standorte von Deutschland- oder Europazentralen großer Konzerne kann das den Ausschlag geben.

Auf intensives Betreiben der Berliner Politik ist damit mit ziemlicher Sicherheit spätestens ab 31. Oktober 2008 Schluß, denn nun hat ein weiteres Mal ein Gericht (diesmal das Oberverwaltungsgericht) geurteilt: Der Flughafen wird geschlossen. Klaus Wowereit bezeichnete den Urteilsspruch als "fairen Interessenausgleich" und appellierte an die Fluggesellschaften, sich auf den Umzug nach Schönefeld ("Berlin-Brandenburg International", kurz BBI) vorzubereiten.

Die politische Linke in der Stadt ist begeistert. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler sagte: "Ich hoffe nicht, daß die Kläger nun weiter nach rechtlichen Lücken suchen, die es nicht gibt." In das gleiche Horn stieß die PDS-Verkehrsexpertin Jutta Matuschek: "Alles muß sich jetzt auf den Bau des BBI-Flughafens in Schönefeld konzentrieren." Die Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig schließlich legte noch einmal Wert auf die vollständige Schließung.

Sie alle folgen Klaus Wowereit auf Gedeih und Verderb. Der Regierungschef wird angetrieben vom unabänderlichen Willen, Tempelhof zu schließen, damit der Flughafen Schönefeld, der zum internationalen Luftkreuz ausgebaut werden soll, keine Konkurrenz zu fürchten hat. Und das in einer Zeit, in der Politiker stets das Wort von Wettbewerb und Liberalisierung im Munde führen.

Seit 1990 träumen ganze Seminare von Stadtentwicklungsplanern davon, das riesige Gelände des legendären Tempelhofer Flugplatzes, ein innerstädtisches Filetstück, endlich "entwickeln zu dürfen". In den Regierungsfraktionen werden bereits Pläne gemacht, die Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) wünscht sich eine großes "Wiesenmeer" mit "naturnaher Nutzung".

Gegen diese Umwandlung in eine "große Spielwiese" wehrte sich zuletzt auch die "Deutsche Bahn". Sie hat ein Gutachten vorgelegt: Den behaupteten Automatismus, nach dem Tempelhof geschlossen werden muß, weil in einigen Jahren der neue Schönefelder Großflughafen seinen Betrieb aufnimmt, gibt es danach nicht. Zwar haben der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg vor über zehn Jahren festgelegt, daß Tempelhof und Tegel ihren Betrieb einstellen, damit Schönefeld konkurrenzlos arbeiten kann; aber das gilt nur für den "normalen" Publikums-Flugverkehr.

Als Sonderflughafen mit beschränktem Privatflugverkehr könne Tempelhof weitergenutzt werden, so das Bahn-Gutachten. Ob dies geschehe, hänge "allein vom politischen Willen" ab, nicht von Urteilen oder Gesetzen. Die Bahn möchte den Flughafen übernehmen und in eigener Regie weiterbetreiben. Doch den politischen Willen, den gibt es offenbar nicht.

Zumindest nicht bei den Berliner Parteien, die Bürger sehen das ganz anders. In einer Umfrage im Auftrag des "Rundfunks Berlin-Brandenburg" und der "Berliner Morgenpost" sprachen sich 56 Prozent der Anhänger der PDS, 63 Prozent der Grünen, 73 Prozent der FDP, 76 Prozent der SPD und sogar 80 Prozent der CDU- (insgesamt: 68 Prozent der Berliner) für Tempelhof aus. Nur 22 Prozent sind für die vollständige Schließung.

Wenn die innerstädtischen Flugplätze erst einmal geschlossen sind, dann werden die Berliner zu spüren bekommen, was eine lange Anreise zum Flughafen bedeutet. In New York, London und selbst in München können sie das ja heute schon erleben: 70, 80 Minuten Fahrt vom Flughafen ins Zentrum sind in New York keine Seltenheit.

Für prominente Gäste und Messebesucher wird bereits an einem besonderen Privileg getüftelt: Hubschrauber-Transfers. Die Fluggesellschaft "German Wings" und eine Firma namens "Air Service Berlin" wollen einen Helikopterflugdienst anbieten.

Mit Tempelhof hätte die Stadt das auch haben können. Jedoch ohne die beträchtlichen Mehrkosten für die Reisenden.


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