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17.02.07 / Die pharisäische Atom-Moral des Westens / Iran: Wie das Ausland die Mullahs an der Macht hält

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-07 vom 17. Februar 2007

Die pharisäische Atom-Moral des Westens
Iran: Wie das Ausland die Mullahs an der Macht hält
von R. G. Kerschhofer

Als der Iran am 11. Februar den Jahrestag der Revolution von 1979 feierte, waren zwar nicht alle 70 Millionen Einwohner mit gleicher Begeisterung dabei. Doch eine große Mehrheit steht der Sache zumindest positiv gegenüber. Und das ist weniger der eigenen Regierung zu verdanken als dem konsequenten "Wirken" der USA.

Neben militärischen und verbalen Drohungen waren es zuletzt zwei Aktionen, welche die Iraner erbitterten: In Bagdad wurde ein iranischer Diplomat entführt, nach weitverbreiteter Meinung im Auftrag der USA. (Eine Besatzungsmacht ist ohnehin für den Schutz von Diplomaten verantwortlich.) Und zwei Wochen davor hatten US-Truppen das iranische Konsulat im kurdischen Erbil gestürmt und die dort tätigen Iraner verschleppt. De jure war das zwar kein Konsulat, weil das irakische Kurdengebiet de jure kein Staat ist. Aber de facto ist es einer, und Erbil ist die Hauptstadt. (Seit Dezember gibt es dorthin sogar Linienflüge der "Austrian Airlines".)

Probleme hat der Iran natürlich zur Genüge. Doch nicht selten steckt hinter Negativ-Meldungen gezielte Desinformation. Schließlich muß die Welt davon überzeugt werden, daß Aktionen gegen den Iran "gerechtfertigt" sind. "Selektive" Übersetzungen von Äußerungen iranischer Politiker sind da recht hilfreich.

Irans Hauptproblem - aus dem sich fast alles ableiten läßt - ist die komplizierte Machtstruktur: Parallel zu den staatlichen Institutionen bestehen die Netzwerke der religiösen Führung, der Milizen, der Veteranenverbände und einiger "mächtiger" Familien. Die Regierung kann meist gar nicht autonom handeln, sondern ist auf diese Netzwerke angewiesen. Bei Interessenskonflikten entscheidet in letzter Instanz Ajatollah Chamenei, der höchste geistliche Würdenträger des Landes und Nachfolger von Ajatollah Chomeini.

Auch die Bürger können ihre Anliegen nur durch (zeit-)aufwendiges Bemühen um die "richtigen Leute" durchbringen - ein arger Hemmschuh auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet. Eben deshalb gewann 2005 Mahmud Ahmadinedschad als Hoffnungsträger der kleinen Leute die Präsidentenwahlen. Als "Laie" und ohne Vermögen siegte er gegen den hohen geistlichen Würdenträger und einen der reichsten Iraner, gegen den früheren Präsidenten Rafsandschani.

Doch wegen der realen Machtverhältnisse kann Ahmadinedschad die Erwartungen kaum erfüllen und muß in allen wichtigen Fragen seinen "geistlichen Betreuer" Chamenei einschalten. Da der Präsident in der Atom-Frage die volle Unterstützung der Geistlichkeit und der breiten Öffentlichkeit hat, ist es um so erstaunlicher, daß sich das Ausland ausgerechnet auf den "Populisten Ahmadinedschad" einschießt, der laut Verfassung ohnehin nur der zweite Mann im Staate ist.

Zu den von außen herangetragenen Problemen zählen die systematischen Subversionsversuche seitens der USA und Israels, hauptsächlich vom Irak aus. Erleichtert werden diese Aktionen durch die Existenz ethnischer Minderheiten im Iran, durch Exil-Iraner sowie dadurch, daß die meisten persischen Juden nach Israel emigrierten (darunter Staatspräsident Moshe Katzav) und daß daher genügend Sprach- und Sachkenntnisse verfügbar sind.

Ein weiteres externes Problem sind die jahrzehntelangen Boykottmaßnahmen der USA, die zur Überalterung der maschinellen Ausrüstung führten, auch bei der Ölförderung.

Wenn heute europäische Spitzenpolitiker zum Schaden ihrer Länder als Handlanger der Regierung Bush agieren und sich zu weitergehenden Boykottmaßnahmen drängen lassen, sollten sie aber bedenken, daß US-Konzerne wie "Motorola", "General Electric", "Baxter" und natürlich "Halliburton" ihre Büros in Teheran haben. Und sie sollten bedenken, wie die jetzige Situation zustande kam:

Es waren die USA, die 1953 mit Großbritannien die nationale, aber weltliche Regierung von Ministerpräsident Mossadegh stürzten und den Schah wieder einsetzten. Nach dem endgültigen Aus für den Schah 1979 waren es wieder primär die USA, die Saddam Hussein 1980 zum Überfall auf den Iran ermunterten und ihn massiv unterstützten. Und nun sorgt das amerikanische und israelische Kesseltreiben dafür, daß der Mullah-Apparat an der Macht bleiben wird - selbst wenn ein Angriff auf den Iran das Land verwüsten sollte.

Die höchst einseitigen moralischen Maßstäbe des Westens in der Atom-Frage liefern obendrein den Islamisten weltweit Munition in ihrem Kampf gegen die "christlichen Kreuzfahrer".


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