28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.03.07 / Alles für den Arterhalt / Mit neckischen Spielchen kämpfte Königsberg am Valentinstag gegen das Aussterben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-07 vom 03. März 2007

Alles für den Arterhalt
Mit neckischen Spielchen kämpfte Königsberg am Valentinstag gegen das Aussterben
von Jurij Tschernyschow

Neuerdings wird auch in der Russischen Föderation der Valentinstag, also der Tag des heiligen Valentin, begangen. Doch so, wie der Tag dieses Jahr in Königsberg öffentlich gefeiert wurde, findet er wohl nirgendwo Beachtung. Den Valentinstag entdeckten mehr noch als die Verliebten die Geschäftsleute. Schon zwei Wochen vorher füllten sich die Läden und Kioske mit Souvenirs, Geschenken, und allem, was man für diesen Tag angeblich so braucht. Dank dieses neuen Feiertages konnten sich die Geschäfte, die früher nach Neujahr für gewöhnlich leer blieben, über stabile Frühjahrumsätze freuen. Nun gibt es neben den bisherigen einen weiteren, vierten Tag in Rußland, an dem man Schönes verschenkt - Neujahr am 6. Januar, Valentinstag am 14. Februar, Tag der Russischen Armee am 23. Februar und Weltfrauentag am 8. März.

In diesem Jahr beschloß der Bürgermeister Königsbergs, der Stadt am Valentinstag ein ungewöhnliches Geschenk zu machen. Es handelt sich um eine sechs Meter lange Bank, auf der ein Dutzend verliebter Pärchen gleichzeitig sitzen kann. Sie wurde an dem Denkmal "Mutter Rußland" im Zentrum der Stadt aufgestellt. In weiser Voraussicht achtete man darauf, daß die Bank aus unzerstörbarem Material gefertigt ist. Die Rücklehne ist mit herzigem Schmuck aus Metall gekrönt, damit man auf ihr nicht - mit den Füßen auf der Sitzfläche - sitzen kann.

Die Feierlichkeiten wurden um 16 Uhr mit einem Konzert städtischer Musikanten eröffnet, das fließend in das Spiel "Finde Deine bessere Hälfte" überging. Den teilnehmenden jungen Königsbergern wurden numerierte halbe Herzen ausgeteilt, mit denen sie sich zur Bank begeben mußten. Diejenigen, deren Nummern zusammenpaßten, mußten sich auf die Bank setzen und sich küssen. Diejenigen, zu deren Nummern sich das passende Gegenstück nicht fand, konnten sich statt dessen als Liebesengel hinter einer lustigen Fotowand ablichten lassen. Eigentlich sollten sich auf diese Weise zwölf Paare bilden, die auf der Bank gleichzeitig Platz gefunden hätten. Doch kam die Zahl nicht zusammen, weil das Wetter zu schlecht war.

Überhaupt droht die Bank ein Schuß in den Ofen zu werden. Die städtischen Unternehmen, die dieses "Eldorado der Liebenden" ermöglicht hatten, hatten damit die Hoffnung verbunden, einen Beitrag zur Verbesserung der demographischen Lage in der Russischen Föderation zu leisten. Es kam jedoch anders: Schon am Abend fand sich eine Gruppe junger Leute ein, um auf der Bank sitzend Alkohol zu konsumieren. Der Platz am "Mutter Rußland"-Denkmal ist nämlich ein traditioneller Treffpunkt herumlungernder Jugendlicher geworden. Um so mehr, als die meisten der großen Läden in Königsberg inzwischen rund um die Uhr geöffnet haben. So ist es für die jungen Leute überhaupt kein Problem, sich jederzeit mit Alkohol zu versorgen. Ohnehin führt das Königsberger Gebiet seit Jahren die Statistiken in Sachen Alkoholismus an.

Es scheint so, als ob die Königsberger Jugend sich nicht so sehr für das demographische Problem interessiert. Sie hat andere Interessen. Vielleicht bringen Zugereiste den Umschwung. Schon in diesem Jahr sollen ungefähr 10000 Menschen ihren ständigen Wohnsitz ins Gebiet verlegen.

Foto: Neckisches Spielchen: Wer seinen Partner fand, mußte diesen auf der neuen Bank (rechts) küssen, wer keinen fand, konnte sich statt dessen als Liebesengel ablichten lassen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren