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10.03.07 / Koalition steckt zurück / Neue Schonfrist bei der Ausländer-Bleiberegelung - Zeit bis 2009

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-07 vom 10. März 2007

Koalition steckt zurück
Neue Schonfrist bei der Ausländer-Bleiberegelung - Zeit bis 2009
von Klaus D. Voss

Die Große Koalition schreckt davor zurück, in der Ausländerpolitik konsequent zu handeln - sie will die Fristen und Bedingungen, nach denen nicht legal in Deutschland lebende Ausländer entweder ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten oder abgeschoben werden, vorerst so nicht anwenden. Zunächst soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung alles in der Schwebe bleiben - aus wahltaktischen Gründen bis nach der Bundestagswahl 2009.

Zur Erinnerung: Erst am 17. November hatten die Innenminister von Bund und Ländern beschlossen, den Status von rund 200000 Ausländern neu zu regeln, die keine Aussicht haben, als Asylbewerber anerkannt zu werden. Der unter großen Mühen vereinbarte Kompromiß sah vor, daß Ausländer dann eine Dauer-Aufenthaltserlaubnis erhalten können, wenn sie als Familie mit Kindern mindestens sechs, als Alleinstehende acht Jahre in Deutschland leben. Sie müssen ihre Integrationsbereitschaft beweisen können, etwa durch Kenntnis der deutschen Sprache. Außerdem müssen die Antragsteller eine Wohnung und den Schulbesuch ihrer Kinder nachweisen. Weiter ist gefordert: keine Straftaten, keine extremistischen oder terroristischen Bezüge.

Dreh- und Angelpunkt war aber die zentrale Forderung, daß diese geduldeten Ausländer für sich selbst sorgen, um eine Einwanderung in die Sozialsysteme zu unterbinden. Dazu müssen die Geduldeten umgehend ein verbindliches Arbeitsangebot nachweisen, das dauerhaft den "Lebensunterhalt der Familie durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen sichert". Letzte Frist für den Arbeitsnachweis: 30. September 2007.

Die Innenministerkonferenz wollte mit diesem Beschluß vorläufige Rechtssicherheit schaffen, bis ein Bundesgesetz das Bleiberecht endgültig regelt. Doch bereits wenige Monate später hat die Große Koalition Angst vor der eigenen Courage. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat sich mit der SPD auf eine Aufweichung dieser Regelung verständigt.

Der überwiegende Teil der geduldeten Ausländer kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien, daneben gibt es Zuwanderer aus dem Irak, Afghanistan, Syrien, Libanon und der Türkei. Nach Schätzungen aus Behördenkreisen werden bis zu 65000 Betroffene einen Arbeitsplatz nachweisen können - für die anderen gilt nach dem 30. September die Kehrseite der Abmachung: Sie müssen und können abgeschoben werden. Für eine Abschiebung nach Ex-Jugoslawien gibt es kaum noch einen Hinderungsgrund.

Bundesarbeitsminister Müntefering aber hat kurzfristig Bedenken entwickelt, er fürchtet "einen zu großen Druck auf den Niedriglohnsektor". Aber es gibt noch einen offensichtlicheren Grund. Eine Abschiebung ist - gerade nach jahrelangem Aufenthalt - für alle Seiten mit Härten und wenig angenehmen Eingriffen verbunden. Müssen die Behörden durchgreifen, werden sie oft genug mit Unterstützern aus dem Multikulti-Umfeld konfrontiert - Menschen aus dem Wählerspektrum der SPD oder anderer linker Parteien. Zuviel negative Begleitmusik bei weit mehr als 100000 Abschiebefällen fürchten Sozialdemokraten mit Blick auf die Wahlkämpfe 2008 in Hamburg, Niedersachsen, Hessen und Bayern - und vor allem die planmäßige Bundestagswahl im Herbst 2009. Jetzt sollen nach Beschlußlage der Großen Koalition die geduldeten Ausländer mehr Zeit bekommen für die Arbeitsaufnahme - bis Ende 2009. Und auch die fälligen Abschiebungen wären damit aufgeschoben bis ins Jahr 2010 - oder wie sich auch immer die neue Regierung dann entscheidet.


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