20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.03.07 / Warum ausgerechnet China? / Dem Land Maos gehört offenbar die Zukunft, und der rote Diktator hat offenbar seinen Anteil daran

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-07 vom 10. März 2007

Warum ausgerechnet China?
Dem Land Maos gehört offenbar die Zukunft, und der rote Diktator hat offenbar seinen Anteil daran
von Wolfgang Thüne

Seit vielen Jahren rätseln die Ökonomen und Politiker der westlichen Industrienationen mit zunehmender Erfolglosigkeit, welches das Geheimnis des ebenso rasanten wie nachhaltigen Aufstiegs Chinas zu einer globalen Wirtschaftsmacht ist. Offensichtlich paßt es nicht in die simplen Denkstrukturen privatkapitalistischer Wirtschaftsweiser, daß alle Planwirtschaften kommunistischer Prägung inzwischen zusammengebrochen sind, aber ausgerechnet China eine Ausnahme machen soll?

In der Tat, was China an Wachstum und Wirtschaftskraft vorzuweisen hat, ist beeindruckend, ja atemberaubend. Es sind keineswegs nur gigantische Staudammprojekte, mit denen China Schlagzeilen macht. Das Erwachen des chinesischen Drachens spiegeln am eindrucksvollsten die Bilder der aufstrebenden Millionenmetropolen wider, allen voran Shanghai. Kann, wie ein Nachrichtenmagazin mutmaßt, eine "mausgraue Riege stocksteifer Technokraten" solch technologische Vielfalt aus dem Boden zaubern? Weltweit ist China inzwischen zweitgrößter Investitionsmagnet nach den USA. Laut Statistik gab es Anfang 2005 knapp 500000 Firmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung mit einer Investitionssumme von zig Milliarden US-Dollar. Allein die BASF hat bis 2005 bereits zwei Milliarden Euro in neue Fabrikationsanlagen investiert.

Die recht hilflos klingende Frage des "Spiegel" lautet: "Strafen die Chinesen alle Kritiker und Skeptiker Lügen, die glauben, daß Marxismus-Leninismus und Kapitalismus so wenig zusammenpassen wie Teufel und Weihwasser?" Im Gegenteil, die Chinesen zeigen, wie wenig unsere linksintellektuelle Elite nicht nur die Wahrheit, sondern mehr noch die Wirklichkeit wahrhaben will. Sie lebt in vorgefertigten Denkmustern und verdrängt mit Gewalt, daß der Kapitalismus gemeinsames Fundament von individueller Marktwirtschaft wie sozialistischer Planwirtschaft ist. Doch wer falsche Fragen stellt, wird nie richtige Antworten bekommen.

Die überwiegende Mehrheit unserer intellektuellen Elite in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft wurde von der Kulturrevolution der 60er Jahre geprägt. Den jungen neomarxistischen studentischen Revolutionären war das privatkapitalistische System zutiefst zuwider, weil zu repressiv und freiheitsfeindlich. Sie träumten von einem human geläuterten Kommunismus und Sozialismus, erklärten dem Kapitalismus den Krieg und forderten die "Transformation der Industriegesellschaft". In den Händen schwenkten sie dabei die kleine rote Mao-Bibel.

Doch während sich unsere Elite auf den "Langen Marsch" durch die Institutionen machte, um sie personell zu erobern, machte sich die Elite Chinas auf den "Langen Marsch", um China zu einem modernen Industriestaat, zur wirtschaftlichen und technologischen Supermacht zu machen, die inzwischen auch den Weltraum erobert hat.

Die Elite der kommunistischen Partei Chinas hatte Mao wirklich ganz und nicht nur halb gelesen. So steht in der Mao-Bibel von 1986 geschrieben: "Mit Fleiß und Genügsamkeit müssen die Fabriken und Geschäftsläden, alle staatlichen, genossenschaftlichen und sonstigen Unternehmungen betrieben werden. Was auch immer unternommen wird, es muß das Prinzip ,Fleiß und Genügsamkeit' eingehalten werden." Weiter: "Bei den Budgetausgaben muß man das Prinzip der Sparsamkeit einhalten. Alle Mitarbeiter der Regierungsinstitutionen müssen begreifen, daß Korruption und Verschwendung schärfste Verbrechen sind."

Während China den harten preußischen Weg ging, bevorzugte unsere Elite den weichen Weg nach dem Motto "Die Arbeit tun die anderen"! Sie ignorierte Mao, der sagte, daß alle Erkenntnis mit der Praxis beginnt und nicht mit der Theorie und ihrem endlosen Geschwafel. Schon 1944 beklagte Mao: "Vielen unserer Genossen fehlt ein analytisches Denkvermögen, sie wollen nicht tief in die komplizierten Dinge eindringen, sie nicht wiederholt analysieren und erforschen, sondern ziehen simple Schlußfolgerungen vor, die entweder eine absolute Bejahung oder eine absolute Verneinung darstellen ... Diesem Zustand muß für die Zukunft abgeholfen werden."

Hier trennen sich die Wege von Mao und seinen idealistischen Jüngern. Während diese das analytische Denken verteufeln und synthetisches Denken propagieren als Lösung aus allem Übel, geht Mao bewußt den harten und anstrengenden, wenn auch längeren Weg. Die Früchte erntet China heute.

Wie bewußt Mao von den studentischen "Mao-Jüngern" entstellt und verfälscht wurde, zeigen folgende Worte des Vorsitzenden Mao aus dem Jahre 1955: "Mit Idealismus und Metaphysik kommt man in der Welt am leichtesten durch; denn man kann dann soviel Unsinn zusammenschwatzen wie man will, ohne sich auf die objektive Realität stützen zu müssen und ohne der Prüfung durch diese unterworfen zu sein. Materialismus und Dialektik erfordern hingegen Anstrengungen, da muß man sich auf die objektive Realität stützen und die Prüfung durch diese bestehen; unternimmt man keine Anstrengungen, dann wird man in Idealismus und Metaphysik abgleiten."

Nichts erklärt unsere heutige rückständige Lage besser als diese Warnung Maos. Nichts war verheerender als die Absage der Linksintellektuellen an den analytischen Verstand. Wie besessen planen wir bereits für die Lage im Jahre 2100, sind analytisch aber nicht in der Lage, die Jetzt-Situation korrekt zu beschreiben und die aktuellen Probleme zu lösen. Aus Angst vor der Gegenwart stecken wir den "Kopf in den Sand" und fliehen in unseren intellektuellen Träumen in eine verheißungsvolle Zukunft.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren