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10.03.07 / Einst Geschoß, jetzt Fessel / Transnistrien wird selbst seinem Beschützer Rußland zu dreist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-07 vom 10. März 2007

Einst Geschoß, jetzt Fessel
Transnistrien wird selbst seinem Beschützer Rußland zu dreist
von Wolf Oschlies

Viele Leute wollen möglichst viel über Deutschland wissen, als Beispiel für nationale Wiedervereinigung", sagt die charmante Lydija Kulikovska, Chefin der Stadtbibliothek von Chisinau. Chisinau ist die Hauptstadt der Republik Moldova (33843 Quadratkilometer, 4,5 Millionen Einwohner), in der wohl nur deutsche Besucher die ausgeprägte Beispielwirkung Deutschlands nachempfinden können: Die heutige Moldova ist der kleine Rest des urrumänischen Besarabiens, das seit fast genau 200 Jahren von seinem Mutterland getrennt ist - abzüglich der 25 Jahre Zugehörigkeit nach 1918 beziehungweise 1940, die durch die Kumpanei Hitler / Stalin beendet wurde. Seit dem 27. August 1991 ist Moldova eine souveräne Republik, die durch Moskauer Druck an der Wiedervereinigung mit Rumänien gehindert wird und sich gegen das stalinistische Heerlager "Republik Transnistrien" wehren muß - ein kleiner Teil des Landes, der sich von Moldava abgespalten hat. Dieser "Staat" wird von Teilen der russischen Presse als Schande empfunden, von der internationalen Gemeinschaft mit geradezu rüder Verachtung übersehen, von Interpol als Waffenarsenal des internationalen Terrorismus beargwöhnt - aber von Putin noch in einer Weise "garantiert", die seine "partnerschaftliche" Außenpolitik mit dem Westen in Zweifel ziehen muß.

1992 wurde Moldova in die UN aufgenommen und zugleich von russischen Separatisten am Dnjestr mit Krieg überzogen. Transnistrien ist bis heute eine Mini-Sowjetrepublik: Grenzen à la Berliner Mauer-Zeiten, Uniformen mit Sowjetstern, Lenin-Denkmäler, "Oberster Sowjet", graue Kasernen und knallrote Parolen allerorten. Und allgegenwärtig der "Scherif"-Konzern, die einzige Firma mit Außenhandelslizenz. Ihre Waffengeschäfte mit Al Kaida und anderen Terrorbanden bringen einen Jahresumsatz von vier Milliarden Dollar - fast das Achtfache des Bruttoinlandsprodukts Transnistriens. Besitzer der Firma und Chef der "staatlichen" Zollverwaltung ist Vladimir Smirnov, Sohn von Igor Smirnov (*1941), dem vorbestraften Kriminellen aus Sowjetzeiten und seit 1990 "Präsidenten" Transnistriens, Ende 2006 in einer manipulierten Abstimmung zum vierten Mal wiedergewählt. An seiner Seite Staatssicherheitsminister Vladimir Antjufeev, seit 17 Jahren mit internationalem Haftbefehl gesucht - wegen Verbrechen, die er 1990/91 als KGB-Offizier in Lettland begangen hat.

Diese Bande hat den Krieg vom Zaun gebrochen, mit Wissen Moskaus, das die ganze 14. Armee unter General Lebed schickte. Transnistrien war zu Sowjetzeiten Speerspitze gegen Südosteuropa und hat heute als russische Exklave zwischen Ukraine und Moldova noch größere "strategische" Bedeutung. Der Krieg endete 1992, die russischen Soldaten, die eben noch Krieg in Moldova führten, traten nun als "Friedensstifter" auf.

Moskau hat Transnistrien nie offiziell anerkannt und sieht mit steigendem Widerwillen dessen Drang zur Eigenstaatlichkeit unter russischem Dach. Dem diente zuletzt im September 2006 das "Referendum für die Unabhängigkeit und die Einheit mit Rußland". Das mißfällt Moskau so sehr, daß Rußlands Vizepräsident Sergej Ivanov am 9. Februar 2007 vor dem Nato-Rußland-Rat eine brüske Abkehr von Transnistrien andeutete: Das russische Truppenkontingent von 1500 Mann sei überhaupt nur noch deshalb in Transnistrien, um die dortigen Hitzköpfe unter Kontrolle zu halten und ihnen dort seit Sowjetzeiten lagernde russische Waffen vorzuenthalten. Diese Waffen sind laut "Präsident" Smirnov "Eigentums des transnistrischen Volks", würden eventuell aber der Russischen Förderation überlassen werden - für einen Finanzausgleich von 100 Millionen US-Dollar. So etwas hört und kommentiert man in Chisinau in hellster Schadenfreude: Transnistrien steckt in einer Wirtschaftskrise, will sich daraus befreien, indem es den Russen deren eigene Waffen verkauft.

Lästig für Moskau ist die Interparlamentarische Allianz für Demokratie und die Rechte der Völker unter ihrem "Generalsekretär" Marakuca, bis Ende 2006 transnistrischer Parlamentspräsident. Transnistrien, Abchasien und Süd-Ossetien warten gespannt auf die internationale Status-Entscheidung zum Kosovo. Der neue Parlamentspräsident Transnistriens Schevtschuk will die "Universalität des Kosovo-Modells", denn "was die internationale Gemeinschaft den Kosovaren gestattet, kann sie uns Transnistriern nicht vorenthalten".


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