26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.03.07 / Angebliche Tagebücher von Benito Mussolini

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-07 vom 10. März 2007

Angebliche Tagebücher von Benito Mussolini

In Italien sind angebliche Tagebücher Benito Mussolinis aufgetaucht. Marcello Dell'Utri, der für die "Forza Italia" im italienischen Senat sitzt, hat die Aufzeichnungen publik gemacht. "Ich bin von den Kindern eines der Partisanen kontaktiert worden, die den Duce 1945 in Dongo festnahmen. Er hatte fünf handgeschriebene Notizbücher von Mussolini aufbewahrt", beantwortet der Senator die sich aufdrängende Frage, wie er an das Material gekommen ist.

Die angeblichen Tagebücher sind geeignet, das bisherige Image des italienischen Diktators in der Öffentlichkeit zu verbessern. So heißt es in den Büchern kritisch über das Dritte Reich: "Die Deutschen schrauben ihre Forderungen immer höher, diese Hunde. Sie wollen nichts als den Krieg und basta. Ich kann ihnen nur brennende Niederlagen ohne Ende wünschen." Mussolini kommt in den Texten als ein Mann rüber, dem Hitler unheimlich und dessen Außenpolitik zu aggressiv war. Doch nicht nur diese Einstellung gegenüber dem nördlichen Nachbarn ist geeignet, Mussolinis Bild in der Öffentlichkeit zu erhellen. Vielmehr erscheint er auf den Seiten als ein Mensch voller Witz, Charme und Eloquenz. Und wenn denn einmal Charakterschwächen deutlich werden, dann sind sie doch so menschlich, daß sie den Italiener erst recht sympathisch erscheinen lassen.

Angesichts dieser Situation ist die Interessenlage eindeutig und die politische Front vorgegeben. Die Diskussion um die Echtheit der Tagebücher ist also nicht nur eine nüchtern wissenschaftliche, sondern auch eine politische. So ist denn die neben Dell'Utri vehementeste Vertreterin der These von der Echtheit der Tagebücher die als neofaschistisch eingestufte Enkelin des Diktators Alessandra Mussolini: "Die Tagebücher sind wahr und eine schöne und bewegende Entdeckung, die einen anderen Benito zeigt."

Nun wäre es allerdings undifferenziert, jeden Zweifler an der Echtheit der Bücher nur deshalb als Antifaschisten zu betrachten. Vielmehr gibt es Ungereimtheiten, die über die politischen Grenzen hinweg zur Skepsis Anlaß geben sollten. So ist erklärungsbedürftig, warum der angebliche Sohn eines Partisans, von dem Dell'Utri die Bücher bekommen haben will, anonym bleiben möchte. Immerhin sieht sich der heutige italienische Staat - ähnlich wie der deutsche - in der Tradition des Widerstandes und nicht des Faschismus. Irritierend ist auch, daß der Diktator seine angeblich aus den Jahren 1935 bis 1939 - also vom Höhepunkt seiner Macht - stammenden Aufzeichnungen ausgerechnet auf Papier des Roten Kreuzes geschrieben haben soll. Laut der italienischen Zeitung "L'Espresso" sind neben Graphologen auch Historiker und Zeitzeugen übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich um Fälschungen handele. So enthalte der Text Fehler bei Namen, Daten und zeitlichen Abfolgen, die Mussolini nicht hätten unterlaufen können.

"Seit 1990 werden solche Tagebücher angeboten. Alle auf Rotkreuzpapier geschrieben", wird Lutz Klinkhammer vom Deutschen Historischen Institut in Rom zitiert. Sollte sich der Verdacht bestätigen, daß es sich bei den jetzt präsentierten um die Bücher von damals handelt, wäre das Urteil klar. Die damaligen gelten nämlich als Fälschung entlarvt. M. R.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren