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10.03.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-07 vom 10. März 2007

Der Fluch des Drachen / Die Deutschen wollen fliegen, die Polen wollen Gas und hetzen den gefährlichen Wawel-Wurm auf unseren Lammert
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Das ist das Schlimmste, was dem passionierten Volksredner widerfahren kann: Er redet, die Zuhörer sind angetan. Dann redet er lauter, und Jubel braust auf. Schließlich poltert er sich, vom dröhnenden Applaus berauscht, in Ekstase und plötzlich - mit nur einem einzigen unbedachten Satz - um Kopf und Kragen. Die Stimmung kippt, der Jubel fällt ohne Vorwarnung ins Gebuhe und der eben noch angehimmelte Rhetor muß zusehen, wie er Land gewinnt.

Die aufschäumende Klimadebatte hatte die Deutschen wochenlang in einen Zustand schauriger Faszination versetzt. 2020 soll alles vorbei sein, dann kommt das Chaos. Jeder muß was tun, egal was, irgendwas eben. Das CO2 lauert in allen Ritzen! Die Politik überschlug sich mit Vorschlägen vom Glühbirnenverbot bis zum Schandaufkleber für die falschen Autos; das Volk war hingerissen, die Klimashow war wirklich das Beste, was man ihm seit langem geboten hatte.

Dann aber geschah es - einem der Politiker auf der Bühne entwich jener verhängnisvolle Satz zuviel; der arme Tropf heißt Sigmar Gabriel. Als Umweltminister zur Vorreiterrolle verurteilt, mußte er den anderen unbedingt noch eins draufsetzen und forderte "klimaneutrales Reisen".

Er hatte wohl gehofft, daß die Leute gar nicht verstehen, was das bedeutet. Da hat er sich aber geschnitten; die Deutschen bemerkten sofort, daß sie uns nun an das Eingemachte gehen, das wir niemals hergeben werden. Die Verzückung verwandelte sich über Nacht in Volkszorn, und Gabriels unvorsichtige Zote ist schuld.

"Wir sollen auf Mallorca verzichten!" schäumte die "Bild"-Zeitung. Das Massenblatt, eigentlich seit Wochen von der heftigen Klimarrhoe der Politiker mitgeschüttelt ("Unser Planet stirbt!"), gab sich mit einem Male ziemlich verstopft. "Sollen wir Deutsche die Erde alleine retten?" fragte die Zeitung bewußt aufreizend und giftete uns aus der Seele: "Wir sollen nicht mal mehr in Urlaub fliegen! Aber die anderen verpesten weiter die Luft!"

Da ist genau das Ei gefallen, das die deutschen Klima-Warner auf keinen Fall in ihr Nest lassen wollten: Der Vergleich mit anderen Ländern. Was die von "Bild" angeprangerten Staaten wie China, die USA oder Rußland hinausgasen, läßt unsere Glühbirnendebatte nämlich zur Klamotte schrumpfen. Der Eindruck: Wir versuchen, das Boot mit einer Pipette leer zu pumpen, während andere munter faustgroße Löcher in den Rumpf schlagen. Da kommt man sich doch irgendwie dämlich vor.

Aber wer spielt schon gern den Dussel für die Welt? Lachen die womöglich schon über uns, weil wir unseren eigenen Leuten das Fell über die Ohren ziehen, damit wir Klimaschutz im steil aufstrebenden China bezuschussen können, während die Asiaten unseren Markt aufrollen und unsere Patente klauen?

Das hätten wir nicht so gern. Lächerlichkeit ist den Deutschen unsympathisch, und "Hanswurst" gilt hierzulande nicht als Ehrbezeugung. Wir sind seit jeher ein ernsthaftes Volk und betreiben insbesondere Nebensächlichkeiten und ganz und gar Unwichtiges mit einer Sorgfalt, um die uns die Welt beneidet. Nur bei wirklich wichtigen Themen lassen wir es eher ruhig angehen.

Schon Tacitus berichtete über die Germanen, daß sie mit bewundernswerter Gelassenheit in tödliche Kämpfe zogen. Richtig ernst seien sie hingegen am Spieltisch geworden, dort habe er in die versteinertsten Mienen geblickt, die er in Germanien je zu Gesicht bekommen habe. Ja, so sind wir immer noch. Nieder mit der Glühbirne! Aber was heißt das denn bitte: "Terror und Ismalismus bedrohen unser Leben und unsere Freiheit"? Da wollen wir mal nichts dramatisieren und erst die nächste Untersuchung abwarten, Prösterchen!

Unsere polnischen Freunde sind uns da sogar noch einen Schritt voraus. Sie schaffen es, ernste Dinge so aufzubereiten, daß sie zu echten Brüllern werden. Besonders in letzter Zeit scheint so ziemlich alles, was polnische Regierungspolitiker anfassen, zum Possenspiel zu geraten. Nur gelacht wird in Europa eher selten über die polnischen Einlagen.

So etwa beim EU-Ministertreffen in Heidelberg: Dort scherzte Erziehungsminister Roman Giertych über Homosexuelle - die seien alle "krank". Sein Vater und Parteifreund Maciej Giertych, der für Polen im EU-Parlament sitzt, unterhielt seine Parlamentskollegen mit der Diagnose, daß Juden sich absonderten und in "ihre eigenen Ghettos" zurückzögen, wo sie sich, weil isoliert, biologisch veränderten.

In Sachen Biologie hatte sich Vater Giertych schon vorher profiliert. In einer Attacke gegen die Evolutionstheorie stellte er im EU-Parlament fest, daß die polnische Legende vom Wawel-Drachen doch klar darauf hindeute, daß es noch vor ganz kurzer Zeit Dinosaurier gegeben habe.

Was meinen deutsche Politiker eigentlich damit, wenn sie immer wieder fordern, zur besseren Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland sei es nötig, daß man sich "auch inhaltlich aufeinander zu bewegt"? Kommen all diese bunten Ideen von kranken Homosexuellen, biologisch eigenartigen Juden mit Ghettoneigung und Neuzeit-Dinosauriern demnächst auf die Empfehlungsliste der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission?

Ja, das "Aufeinander-Zubewegen" birgt Risiken, wie der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bei seiner dreitägigen Warschau-Visite erleiden mußte. Was als "Versöhnungsbesuch" geplant war, endete in einer Massenkarambolage, im diplomatischen Sinne wie auch ganz praktisch.

Lammert wollte mit polnischen Politikern und Studenten also über die Versöhnung reden. Daraus wurde nichts. Statt dessen ging es überall bloß um Schröders Ostseeröhre. Die Polen hätten gern ihr eigenes Fingerchen am Hahn dieser Leitung gehabt, durch die das russische Erdgas nach Deutschland strömt, das hat der Altkanzler aber vereitelt. Lammert, ganz Versöhnungsprofi, lud die Polen daher ein, sie in das "Projekt einzubeziehen". So sagt man das dann. Seine polnischen Gesprächspartner aber verstanden diese Sprache gar nicht und spieen Feuer wie Giertychs Wawel-Wurm.

Das Ende des Besuchs war dem Verlauf der Visite würdig: In Zeitnot geraten raste Lammerts Konvoi unter Blaulicht durch Warschau zum Flugplatz, wo eine Challenger der Bundeswehr den deutschen Parlamentspräsidenten aufsammeln sollte.

Da bremste der erste Wagen der Kolonne ruckartig, alle andere Limousinen kamen gerade noch rechtzeitig zum stehen. Nur der Bus mit den Journalisten schaffte es nicht, donnerte in den BMW des deutschen Botschafters und wurde von hinten von einem Polizeiauto gerammt. Die Reporter flogen wild durcheinander, verletzt wurde aber keiner.

Als Lammert trotzdem den Flugplatz erreicht, erweist sich der 20 Jahre alte Bundeswehrvogel als fluguntüchtig. Der hohe Gast muß wie Kreti und Pleti in einer Linienmaschine nach Berlin düsen. War es der Fluch des Drachen?

Jedenfalls kann soviel Unglück kaum Zufall sein. Im Islam hat man die düstere Verwünschung institutionalisiert und nennt sie "Fatwa". Die darf aber nur ein autorisierter Geistlicher aussprechen und nicht wie in Polen irgendein altes Burggetier. Die Fatwa gegen den Autor Salman Rushdie hatte damals Ayatollah Chomeini höchstpersönlich ausgesprochen und den Schriftsteller zum Tode verurteilt. Gestorben ist dann allerdings der Ayatollah, nicht Rushdie.

So eine Verwünschung kann also nach hinten losgehen. In der Türkei diskutiert man gerade, ob es nicht auch endlich weibliche "Vize-Muftis" geben sollte und ob die dann sogar Fatwas ausstoßen dürften. Türkische Frauen, hütet euch: Sowas ähnliches hatten wir hierzulande auch schon mal, wir nannten das den "bösen Blick" und haben die betreffenden Frauen dafür angezündet.


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