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17.03.07 / Zeit ist Geld / Lateinamerika entdeckt die Pünktlichkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-07 vom 17. März 2007

Zeit ist Geld
Lateinamerika entdeckt die Pünktlichkeit
von Hans Heckel

Die Deutschen begegnen den spanischsprachigen Völkern traditionell mit Sympathie: fröhliche Menschen mit dem Herzen am rechten Fleck, so das Urteil. Eine Eigenschaft ihrer hispanischen Freunde geht den Germanen indes erheblich gegen den Strich: "Wenn die doch nur einmal pünktlich wären!"

In Zeiten des globalen Wettbewerbs kann solche Lässigkeit erheblichen Schaden anrichten: Zeit ist Geld. In einigen Ländern Lateinamerikas greift die Erkenntnis um sich, welches Unheil die ewige Zuspätkommerei anrichtet. Es sind alarmierende Zahlen: Lucio Gutiérrez, Equuadors Präsident von 2003 bis 2005, bezifferte den volkswirtschaftlichen Schaden der Trödelei in seinem Land auf jährliche 2,3 Milliarden US-Dollar; für das relativ arme 13-Millionen-Volk eine enorme Summe.

Dabei gehen die politischen Führer der Länder häufig mit schlechtem Beispiel voran. Spanische Beobachter schätzen, daß in ganz Lateinamerika kein einziger Staatsakt jemals zur angegeben Zeit beginnt.

Perus Präsident Alan García will das nun ändern und startete am 28. Februar einen "Kreuzzug gegen die Unpünktlichkeit". Um 12 Uhr mittags läutete García in der Hauptstadt Lima feierlich eine Glocke, im selben Moment wurden alle öffentlichen Uhren des Andenstaates auf die selbe Zeit eingestellt. Die Kampagne "Peru ohne Verspätung" hat sogar ein Maskottchen namens "Horacio", eine Anspielung auf die Wörter "hora" (Uhrzeit) und "horario" (Stunden- oder Zeitplan). Auch Humor fehlte nicht: Bei der Zeremonie wurde ein Sarg aufgestellt mit der Aufschrift: "Tod der Cabana-Zeit". Cabana ist der Geburtsort von Garcías Vorgänger Alejandro Toledo (2001-2006), dessen Unpünktlichkeit für Aufsehen sorgte. Auch Garcías einstiger Gegenkandidat Ollanta Humala ist als Trödler verschrien. Humala erschien 20 Minuten zu spät zu einer Fernsehdebatte, weil er in Ruhe sein Brötchen aufessen wollte.

Im seit vielen Jahren von Entführungen durch Terrorbanden gebeutelten Kolumbien kursiert der makabre Spott: "Nach Menschen ist Zeit das, wovon man in diesem Land am meisten verliert."

In Bolivien will der Präsident mit gutem Beispiel vorangehen. Evo Morales beginnt seinen Arbeitstag um 5 Uhr und beendet ihn erst um Mitternacht - wobei nicht anzunehmen ist, daß er auf die traditionelle "siesta" verzichtet.


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