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24.03.07 / Das Bier wird entschärft / Udo Pollmer: Das bayrische Reinheitsgebot Verbot die Beimischung von Rauschmitteln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-07 vom 24. März 2007

Das Bier wird entschärft
Udo Pollmer: Das bayrische Reinheitsgebot Verbot die Beimischung von Rauschmitteln
von Manuel Ruoff

Das Deutsche Reinheitsgebot für Bier geht auf das bayerische aus dem Jahre 1516 zurück. Dort heißt es: "Ganz besonders wollen wir, daß forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gerste, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen." Dieses Gebot basierte auf einer vorherigen Fassung von 1487 und war sehr lange nur in Bayern gültig. Im Jahre 1906 wurde seine Gültigkeit auf das Deutsche Reich ausgedehnt.

Es wäre blauäugig, die Motive zu dieser Verordnung Herzog Wilhelms IV. ausschließlich im Verbraucherschutz zu suchen. Ralf Dietmar Petzold verweist auf

fiskalpolitische Gründe, wenn er in seiner Dissertation "Untersuchungen an Bier, Rohfrüchten und Hopfen zum ,Deutschen Reinheitsgebot' und zur Sortenuntersuchung mittels HPLC" schreibt: "Eine feudalistische Herrschaftsform war und ist auf geregelte Einnahmen durch Steuereinkünfte angewiesen ... Wird nun eine einheitliche Basis geschaffen, die festlegt, welcher Ausgangsstoff für welches Produkt zu verwenden ist, erleichtert sich die Besteuerung und der Arbeitsaufwand der Verwaltung läßt sich minimieren." Für den Zusammenhang zwischen Reinheitsgebot und Steuer spricht, daß das Gebot heute im Biersteuergesetz steht.

Das Internetlexikon "Wikipedia" verweist auf ein volkswirtschaftliches Motiv, wenn es anmerkt, daß mit der Reservierung von Weizen und Roggen für die Bäcker die Lebensmittelversorgung sichergestellt werden sollte. Die Verwendung von Gerste für die Bierproduktion schmälerte nicht die Brotproduktion. Zum einen war es zum Brotbacken kaum geeignet und zum anderen konnte aufgrund der Anspruchslosigkeit der Pflanze der Anbau auf Böden stattfinden, die für andere Getreidesorten wie beispielsweise eben Weizen nicht gut genug waren.

Auf ein weiteres, drogen- beziehungsweise innenpolitisches Motiv verweist Udo Pollmer. In seinem "Lexikon der populären Ernährungsirrtümer" schreibt er: "Sehr wahrscheinlich schrieb die bayrische Obrigkeit anno 1516 Gerste Hopfen und Wasser als alleinige Zutaten für das Gebräu fest, damit die Untertanen endlich Ruhe hielten. Denn außer aromatisierten Kräutern ... mixten die Braumeister auch gerne mal Drogen wie Bilsenkraut, Wermut, Seidenbast oder Sumpfporst unter. Und diese Ingredienzen sorgten für wahrhaft barbarische Räusche, Halluzinationen eingeschlossen. Sumpfporstbier etwa soll für die sprichwörtliche Berserkerwut der Wikinger verantwortlich gewesen sein. Dergleichen gewaltige Wirkungen sind natürlich in Friedenszeiten unerwünscht; deshalb mußte dem zügellosen Treiben ein Riegel vorgeschoben werden. Das besorgte heimlich, still und leise der Hopfen, der aus der Volksmedizin als schlafförderndes Mittel bekannt war und der auch heute noch - außer im Bier - in vielen Schlaf- und Entspannungstees enthalten ist. Nicht umsonst ist der Hopfen, botanisch betrachtet, der nächste Verwandte des haschischliefernden Hanfs." Ein Rauschmittel, Bilsenkraut, wurde vor dem Verbot durch das Reinheitsgebot sogar derart häufig bei der Bierproduktion eingesetzt, daß einige die Biersortenbezeichnung "Pils" auf eben diese nicht umsonst auch Hexenkraut genannte Pflanze zurückführen.


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