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24.03.07 / Abstrakte Beruhigungslage / Deutschland wird von Terroristen bedroht und sieht weg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-07 vom 24. März 2007

Abstrakte Beruhigungslage
Deutschland wird von Terroristen bedroht und sieht weg
von Sverre Gutschmidt

Per Video und Internet bedrohen uns fanatisierte Moslems jetzt direkt: "Deutschland war bis vor kurzem ein sicheres Land", heißt es. Die Betonung liegt auf "war".

Die deutsche und die österreichische Fahne sind in einer der Drohbotschaften zu sehen. Ähnlich einer Nachrichtensendung wenden sie sich in weitgehend fehlerfreiem Deutsch an die Regierungen in Berlin und Wien. Im Irak bangen zeitgleich deutsche Geiseln um ihr Leben, in Afghanistan wächst die deutsche Truppenpräsenz. Eine öffentliche Debatte über all das unterbleibt. Ob risikofreudige Sympathisanten oder gar die Terrorzellen von El-Kaida selbst sich aus unserer Mitte ereifern, uns zum Ziel erklären, bleibt Spekulation. Klar indes ist, daß die von Regierungskreisen beider Länder als "abstrakt" eingestufte Bedrohung konkreter wird. Die möglichen Täter sind gut informiert. Sie leben hier. Sollten sie zuschlagen, treffen sie ein in jeder Hinsicht unvorbereitetes Land.

August 2006, nur wenige Tage nach Ende der Fußballweltmeisterschaft und weltweiter Aufmerksamkeit herrscht in Deutschland Bombenalarm. Auf zwei Regionalzüge in Nordrhein-Westfalen wird von zwei fanatisierten, in Deutschland scheinbar bestens integrierten jungen Moslems ein Bombenattentat geplant. Nur durch glückliche Zufälle kommt es zu keiner Detonation. In einer Münchener S-Bahn wird bald darauf eine Bombe entdeckt - eine Attrappe wie sich später herausstellt. Beigelegt ist ein arabischer Text. Um Angst zu verbreiten, gehen Nachahmer aus der hiesigen radikalen Szene gern Risiken ein. Das zeigt auch eine in einem Intercity nach Dortmund gefundene, bereits deutlich bessere Attrappe - immerhin schon mit Zünder.

Die Ereignisse sind schnell vergessen. Außer Verspätungen ist nichts passiert. Deutschland ist nicht das Ziel. Andere sind stärker engagiert in Afghanistan und im Irak sowieso.

Zudem erfüllt die Bundeswehr im islamischen Ausland praktisch humanitäre Aufgaben, sind die Beziehungen zur arabischen Welt traditionell weniger belastet als bei anderen westlichen Staaten. Doch das ist Wunschdenken, das von der Bundesregierung genährt wird.

Jetzt, da das Bundeskriminalamt (BKA) die Hintergründe der Beinahe-Anschläge von Nordrhein-Westfalen längst aufgehellt hat, sieht die Bundesregierung offenbar keinen Anlaß, die Terrorabwehr durch Polizei und Geheimdienste auszubauen. Dabei ist die BKA-Einschätzung nach der jüngsten Tornado-Entsendung nach Afghanistan erst recht unmißverständlich: Hinsichtlich der Gefährdung sind deutsche Einrichtungen "nahezu gleichzusetzen" mit denen anderer westlicher Staaten.

Die jungen Täter von 2006 waren laut BKA keine Stümper. Sie hatten genaue Baupläne der Sprengsätze. Sie wollten ihre Kofferbomben während der Weltmeisterschaft zünden, sich an unbeteiligten Deutschen für den Tod des irakischen Top-Terroristen Abu Mussab el-Sarkawi im Juni rächen. Nur Kommissar Zufall schritt ein.

Die Radikalisierung fand demnach in Deutschland durch "Propaganda von El-Kaida über das Internet statt". Wie viele andere junge Moslems ähnliche Sympathien hegen und wie staatliche Organe damit umgehen, ist seither offen.

Anders die Lage in Großbritannien: Am 7. Juli 2005 töten vier Bomben in der Londoner U-Bahn über 50 Menschen. Großbritannien fahndet seither mit Hochdruck nach möglichen Tätern, zieht Polizisten sogar aus anderen Bereichen ab. Dagegen wies Berlin die Regierungen der Bundesländer lediglich auf veränderte Gefährdung hin. Die Landesregierungen wiederum taten bisher wenig. Wie wenig, zeigt ein Aufruf des bayerischen Innenministeriums an die Universitäten. So bittet die Ludwig-Maximilian-Universität München Mitarbeiter, "verdächtig erscheinende Wahrnehmungen, die Rückschlüsse auf eine islamisch-fundamentalistische Haltung zulassen, unverzüglich hierher mitzuteilen".

Die Täter der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA lebten völlig unbeobachtet und unerkannt in Hamburg. Hiesige Sicherheitsbehörden scheinen seither kaum aufgerüstet zu haben. Der Bürger erhält biometrische Pässe, Überseehäfen werden hermetisch abgeriegelt - beides auf Druck von außen, vor allem der USA. Allein in London ermittelt dagegen die britische Polizei derzeit in 17 Terrorverdachtsfällen. Die Bevölkerung wird konkret vor möglichen Anschlägen gewarnt, alle Ressourcen für die Terrorabwehr mobilisiert. 1600 Verdächtige werden dort laufend überwacht - und hier? Deutschland ermöglicht Fahndern nach jüngsten Gerichtsurteilen nicht einmal Online-Durchsuchungen, also den direkten Zugriff auf die ideologische Hauptverbreitungsquelle El-Kaidas, das Internet.

Wochenlang ereiferten sich statt dessen Medien über Murat Kurnaz, die persönlichen Rechte dieses in Deutschland aufgewachsenen Türken und Häftlings des berüchtigten US-Lagers Guantanamo, der aller Wahrscheinlichkeit nach beinahe zum Kaida-Kämpfer geworden wäre. In Großbritannien verfolgen zeitgleich die Sicherheitsbehörden die Spuren von 20 bis 30 Männern, die seinerzeit zum Kampf gegen den Westen von der Insel nach Pakistan gingen.

Starke Bindungen nach Pakistan lassen die Briten gefährdeter erscheinen. Dennoch: Anschlagsdrohungen auf den Kanaltunnel sowie Flugzeuge - also öffentliche Verkehrsverbindungen, die ähnlich auch in Deutschland von Terroristen zu Zielen erklärt wurden - lösen bei den Briten Alarm aus, hier nur Achselzucken. Die deutsche Polizei der Länder hat dem im europaweiten Netzwerk islamistischer Gewalt kaum etwas entgegenzusetzen. Hiesige Spuren zu den Anschlägen in Madrid 2004 und denen von London interessieren kaum.

Deutsche Stellen prüfen lieber, inwieweit Drohungen und Beinahe-Anschläge von El-Kaida direkt befohlen wurden. Dabei zeichnet sich El-Kaida nach einhelligem Urteil von Sicherheitsexperten gerade dadurch aus, jeden Anschlag gegen "Westler" im nachhinein als eigenen auszugeben.

Foto: Kofferbombe im Zug: 2006 versetzte die Bahn ihren Sicherheitsdienst zumindest kurzfristig in Alarmbereitschaft.


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