19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.03.07 / Füllhorn unterm Filzteppich / Bankenskandal: Bewährung für Landowsky löst Kontroverse aus - nur ein Sündenbock?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-07 vom 31. März 2007

Füllhorn unterm Filzteppich
Bankenskandal: Bewährung für Landowsky löst Kontroverse aus - nur ein Sündenbock?
von Markus Schleusener

Die Urteilsverkündung dauert nur wenige Minuten. Danach steht fest: Klaus-Rüdiger Landowsky (CDU) ist ein verurteilter Mann. Vorbestraft, aber dennoch frei, denn er erhält nur eine Bewährungsstrafe von 16 Monaten.

Als er sein mildes Urteil begründet, lobt Richter Josef Hoch die Verdienste des ehemaligen CDU-Fraktionschefs um die Stadt. Ein Raunen geht durch den Saal, das der Richter mit der sofortigen Androhung von Ordnungsstrafen abwürgt. "Herr Landowsky hat sich auch in der Politik um das Wohl der Stadt verdient gemacht."

Diese Ära dauerte rund 20 Jahre, in denen Landowsky (64) als "der mächtigste Mann der Stadt" galt. Als der wirkliche Strippenzieher, für den Eberhard Diepgen nur ein Hampelmann gewesen sei. Das stimmt so natürlich nicht. Aber mit Landowsky stürzte 2001 auch Diepgen. Und mit den beiden die Berliner CDU.

Landowsky (geschätzte Altersbezüge laut "Spiegel": 20000 Euro monatlich) stolperte über seinen Zweitjob. Der Politiker war nebenbei Banker bei der landeseigenen "BerlinHyp". Ein Job, den er ohne seinen politischen Einfluß wahrscheinlich nie erreicht hätte und für den er sich rückblickend betrachtet wenig qualifiziert zeigte. Zu den dubiosen Aktivitäten, die als "Berliner Bankenskandal" in die Geschichte der Stadt eingegangen sind, gehörten Kredite dieser Bank an eine Firma namens Aubis.

Die Chefs der Aubis hatten gleich nach der Wiedervereinigung der Stadt folgendes Geschäftsmodell entwickelt: Sie kauften alte DDR-Plattenbauten, um sie zu modernisieren und teurer weiterzuverkaufen.

Wirklich rentabel aber waren diese Geschäfte nie. Das lag daran, daß der Bevölkerungsschwund in den Neuen Ländern trotz der deutschen Vereinigung anhielt. Weder Großabnehmer noch die eigenen Mieter ließen sich für den Ankauf der Platte begeistern.

Aubis brauchte daher immer mehr Geld, nahm immer neue Hypothekenkredite auf. Der Schuldenberg wuchs. Und mit ihm das Risiko für das Land Berlin. Als 2001 der ganze restliche Bankenskandal offenbar wurde, zu dem sogar ein Toter gehört, gelang es der SPD, die gesamte Affäre trotz eigener Mittäterschaft rund um die Immobiliengeschäfte der Union in die Schuhe zu schieben.

Das gelang Wowereit und den Seinen vor allem auch deshalb, weil Aubis von zwei Parteifreunden Landowskys ohne große Erfahrungen auf dem Immobilienmarkt, aber mit um so besserem Kontakt zu dem BerlinHyp-Chef geleitet wurde. Aubis - das soll übrigens "August Bebel im Sack" geheißen haben. Die beiden Chefs von der CDU hatten eben nicht nur große Träume, sondern auch großen Humor.

Im Wahlkampfjahr 1995 soll Landowsky von einem der beiden eine 40000-Mark-Barspende für die Berliner CDU entgegengenommen haben. Gleichzeitig gab Landowsky den Parteifreunden großzügig Kredit. So lief das im System Landowsky.

Die BerlinHyp-Chefs haben nie wirklich nachgeprüft, wofür das Geld verwendet wurde und wie es um die Bonität ihrer Schuldner bestellt war. Während das Finanzamt selbst Kleinstunternehmern wegen fehlerhafter Unterlagen mit Prüfung und Steuerfestsetzung nachsetzt, erfolgte bei den Parteifreunden kaum eine genaue Prüfung. Millionenbeträge wurden ungeprüft ausgereicht. Drei Jahre Haft wegen Veruntreuungforderte also ie Staatsanwältin für Landowsky und seine Mitangeklagten, die indes alle wie Landowsky oder sogar noch besser davonkamen.

Die Reaktionen auf das Urteil waren geteilter Art. Die Ost-Berliner Presse wertete die Bewährungsstrafe als "Witzurteil" ("Berliner Kurier"), während die traditionell eher CDU-freundliche Springerpresse Landowsky zur Seite sprang. In der "BZ" hieß es sogar, Landowsky sei zum "Sündenbock" gestempelt worden.

Überraschend zurückhaltend äußerte sich der politische Profiteur Nummer eins aus dem Bankenskandal Klaus Wowereit. Kein böses Wort gegen den ehemaligen Koalitionspartner. Wowereit selbst war Chef der SPD-Fraktion, als Landowsky die CDU-Fraktion führte und beide miteinander koalierten.

Deutlichere Worte kamen dagegen von den kleinen Parteien FDP und Grüne. Der Fraktionschef der Liberalen Martin Lindner schimpfte: "Über Berlin liegt immer noch ein Filzteppich. Daran hat nicht einmal der Bankenskandal etwas geändert." Das stimmt. Zwar ist die Bankgesellschaft nunmehr auf dem Weg der Privatisierung, aber in folgenden staatlichen Betrieben können immer noch Parteifreunde untergebracht und versorgt werden: "Vivantes" (Krankenhäuser), "BSR" (Stadtreinigung), "BVG" (Verkehrsbetriebe), Wohnungsbaugesellschaften und Messe Berlin. Gerade erst wurde bei der Flughafengesellschaft das Aufsichtsratmandat des ehemaligen Schulsenators (!) Klaus Böger verlängert. Ach ja. Dort sitzt er natürlich zusammen mit seinem Freund Klaus Wowereit.

Nach dem Urteil, das Landowsky jetzt sichtlich geknickt entgegennehmen muß, schüttelt er den Kopf, reibt sich die Augen. Im Laufschritt verläßt er das Gericht. Als er sich den Weg durch die Reihen der Fotografen bahnt, drückt einer auf den Auslöser. "Lando" schiebt trotzig die Journalisten beiseite. Für den Fotografen ist es ein Glückstag. Am nächsten Tag haben praktisch alle Zeitungen diesen Schnappschuß auf ihrer Titelseite.

Landowsky dagegen läßt über seine Verurteilung verlautbaren: Nie hätte er das für möglich gehalten! "Das Urteil hat mich getroffen, aber ich habe schon Revision eingelegt."

Er muß in die nächste Runde, muß um seine Ehre kämpfen. Das Zepter in Berlin schwenken jetzt andere.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren