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31.03.07 / Ost-Deutsch (8): Geschäft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-07 vom 31. März 2007

Ost-Deutsch (8):
Geschäft
von Wolf Oschlies

Schon 1224 besagte ein Gesetz, was Leute "mit irem geschefte" anfangen sollen. Davor liegen andere Bestimmungen über "geschäfft, geschaefed, geschephed", die uns einen ehrfurchtsvollen Begriff vom Alter dieses deutschen Worts vermitteln. Und weil Deutsche ab dem 11. Jahrhundert gute Geschäfte mit Nachbarn im Osten machten, wurde das Wort auch dort heimisch: "geschefty" und "gescheftmachery" (deutsch gesprochen, kyrillisch geschrieben) kennen Russen seit Jahrhunderten, "geszefty" auch die Polen. Dass die häufig ironische Konnotierung des Wortes, die nach "übers Ohr hauen" klingt, etwas über die Natur jener alten Geschäfte aussagt, wollen wir nicht hoffen.

Deutsche rechtshistorische Wörterbücher führen auch alt-niederdeutsche Entsprechungen des Geschäfts auf: "kascaft" oder "kiscaft". Dieses Wortgut taucht im "kseft" (mit Häkchen überm S, also "sch" gesprochen) wieder auf, das Tschechen, Slowaken und Slowenen machen - oder verurteilen: Grundstückverkäufe in Böhmens schönsten Regionen seien "nejlepsi kseft" (das beste Geschäft), nörgelte die Prager Presse im Januar, während die slowakische letztes Jahr der Regierung manches "zahadny kseft" (rätselhaftes Geschäft) vorwarf. Auch schön (weil noch deutscher) waren Kritiken der slowenischen Wochenzeitung "Maldina" (Jugend), daß "so eni deset let rihtali sluzbe in kseft", daß also "einige sich zehn Jahre lang Dienst und Geschäft gerichtet haben".

Tschechen sind sich uneinig, wie der heißt, der Geschäfte betreibt: "kseftar" oder "kseftman"? Sie kennen das Verb "kseftovat", das nur unvollkommen zu übersetzen ist: "Kseftovat" bezeichnet jede Art von Wirtschaftsaustausch, die nicht kommunistische "Kommando-Wirtschaft" ist. "Kseftovat" war ein Lieblingswort von Präsident Václav Havel, der den Deutschen wegen ihres "Wirtschaftswunders" und ihrer Marktwirtschaft sehr zugetan war. Weil in Osteuropa inzwischen viele so denken, müssen russische Jungökonomen derzeit deutsche Wörter pauken, die schon zu Zeiten Peters des Großen nicht neu waren - "buchgalterija, stempel, veksel" etc. -, aber erst in marktwirtschaftlichen "gesefty" neuen Sinn erlangen.


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