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31.03.07 / Was für ein Hundeleben! / oder Wenn Frauchen und Herrchen für ihren Vierbeiner nur das Beste wollen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-07 vom 31. März 2007

Was für ein Hundeleben!
oder Wenn Frauchen und Herrchen für ihren Vierbeiner nur das Beste wollen
von Corinna Weinert

Wolleibchen, wie sie ältere Damen ihrem Bello, Struppi oder Waldi einst für kalte Wintertage strickten, sind schon lange passé. Heute gibt es eine umfangreiche Kleiderkollektion für Hunde, die fertig "von der Stange" im Fachhandel erhältlich ist oder von Designern nach Frauchens oder Herrchens Vorstellung maßgeschneidert wird.

In Sachen Hundemode ist ein eigener Wirtschaftszweig entstanden, und egal ob für Chihuahua, Dackel, Mops, Riesenschnauzer, Setter oder Yorkshire Terrier, was Kleidung betrifft, bleibt dem Vierbeiner nahezu kein Wunsch mehr unerfüllt. Ebenso wie bei den Menschen wechselt die Kollektion der Jahreszeit entsprechend, trendgerechte Mode ist für den Sommer und den Winter zu haben - die Hunde sollen ja schließlich "en dogue" sein. "Zwei- bis viermal im Jahr bekommen wir eine neue Kollektion", sagt Friederike de Jong von Knebel, die seit 2004 Hundemode verkauft. Insgesamt sechs Filialen der Firma "Koko von Knebel ... every dog is a star!" leitet die Hundeliebhaberin, die selbst drei Hunde besitzt, in Deutschland. Per Internet werden die Sachen auch nach Dänemark, Luxemburg, Polen, Tschechien, Österreich und in die Schweiz verkauft. Versandgeschäfte für Hundemode, die "cool-dog", "fashion-dog", "Fifistyle", "GlamourDog", "hundemode", "hundumschick" oder dergleichen heißen, organisieren ausschließlich auf diese Weise den Vertrieb von Kleidung und sonstigen Utensilien rund um modebewußte Vierbeiner. Die Produktpalette reicht in der Regel vom Freßnapf über Halsbänder, Kleidung und Pflegemittel bis hin zu Mobiliar und Spielzeug.

"2006 hat die Branche einen Schub erhalten", meint Friederike de Jong von Knebel. "Hundemode ist im Kommen", bestätigt auch Jasmin Renner, die vor zwei Jahren die Firma "Jasmin Renner Kollektion" gründete. Die gelernte Schneiderin, die ein Chihuahua-Pärchen besitzt, fertigte früher alle Kleidungsstücke selbst an; mittlerweile ist der Firma eine kleine Nähwerkstatt angegliedert, in der die Sachen hergestellt werden. Natürlich ziehen die Vierbeiner von Jasmin Renner Kleidung aus eigener Herstellung an. Die Hündin trägt das "Diva Disco Dress", ein rosa Kleid mit Pailletten, oder das "Luxury Girly Twin Set", ein rosa-weiß-kariertes Kleid mit Jacke. Der Rüde zieht meist den braunen "Little Cutie Teddy Coat" an, der eine helle Kapuze mit Teddy-Ohren hat, oder den schwarz-weiß-karierten "Elegance Classic Coat" mit Kunstpelzbesatz.

Manche Versandgeschäfte haben neben alltags-tauglicher, wärmender Kleidung auch elegantes und festliches für jeden Anlaß, Blusen und Röcke für den Sommer sowie Kleidung für den Skiurlaub. Im Sortiment von "Dogi-Fashion" finden sich für Hundedamen beispielsweise verschiedene Modelle im Corsagen-Stil, ein China-Kleid aus Glanzsatin und ein "Hochzeitskleid" aus Spitze. "Glamour Kitty" bietet für Hundediven und -ladies auch "das kleine Schwarze" aus Tüll an. Schmuck ist ebenfalls erhältlich: glitzernde Haarspangen, Halsbandanhänger und Halsketten finden sich im Sortiment. Hundeherren sieht man gerne in legerer Kleidung. "Dogi-Fashion" setzt beispielsweise auf das aus Jacke und Hose bestehende Jeansensemble "James Dean" sowie Knickerbockers aus Cord mit Taschen an Hosenbeinen und Rücken. Es gibt natürlich auch einen Smoking mit Zylinder. Derartige Mode stößt bei Hundebesitzern nicht immer auf Verständnis. "Bluse und Rock finde ich ganz schlimm, das ist dann kein Hund mehr", meint Yvonne Schulze, die sich ganz und gar nicht vorstellen kann, Jack Russel Terrier Rita (13) so etwas anzuziehen. "Das paßt zu Menschen, die Hunde als Kindersatz sehen", urteilt Rüdiger Schwab, der Airedale Terrier Daphne (5) nicht als Kandidatin für Hundemode sieht. "Was soll die Veralberung?" fragt Gabi Richter empört. Kleidung für West Highland White Terrier Cevin (14) kommt auch für sie nicht in Frage: "Der hat ein superschönes Fell, und das reicht." Kleidung für Vierbeiner ist aber nicht nur Trend, sondern hat durchaus auch einen ernsten Hintergrund: Kleine Hunde und Kurzhaar-Rassen frieren leicht und erkälten sich relativ schnell, vor allem, wenn es regnet oder schneit. Friederike de Jong von Knebel weiß um die gesundheitliche Problematik mancher Vierbeiner: "Kleine Hunde und ältere Tiere oder solche mit wenig Unterwolle vermögen die Temperaturen nicht so gut auszugleichen und werden deshalb leicht krank."

Selbst wenn Frauchen oder Herrchen den eigenen Vierbeiner der Freikörperkultur unterzieht, so verstehen die meisten, warum manche Hunde Kleidung tragen: "Wenn Kleidung dazu dient, das Tier warmzuhalten, ist es in Ordnung, ansonsten ist es Quälerei", findet Yvonne Schulze. "Wenn es kleine Hunde sind, die leicht frieren, kann ich es verstehen, und aus medizinischen Gründen ist Kleidung auch immer legitim", meint Rüdiger Schwab. "Solche wie Rehpinscher mit wenig Fell, da ist Kleidung o.k.", stimmt auch Gabi Richter zu, "und die Hunde haben ja auch nicht die Bewegung", ergänzt sie.

Man kann die Tiere sogar durch einen Ganzkörperanzug gegen Kälte schützen. Hierin wird das Tier von Kopf bis Schwanz samt Beinen eingepackt, Öffnungen für die Verrichtung der Notdurft sind natürlich vorhanden. Pudelmützen und Schals finden sich ebenfalls im Sortiment, und sogar Stiefel sind zu haben. Hintergedanke ist hierbei, die empfindlichen Pfoten der Hunde nicht dem Streusalz auszusetzen.

Ina Thies überlegt, ihren Yorkshire Terrier Taylor (7) damit zu beglücken: "Bei Schnee ist sowas gut, weil es immer Klumpen an den Pfoten gibt, was dem Tier auch weh tut". Gabi Richter hält davon nichts: "Man kann Vaseline nehmen, damit lassen sich die Pfoten auch schützen."

Yvonne Schulze löst das Problem ebenfalls pragmatisch: "Wenn irgendwo Streusalz liegt, trage ich Rita das Stück. Falls sie doch mal durchgelaufen ist, nehme ich etwas Schnee und reibe ihr damit die Pfoten ab."

Hunde tragen aber nicht nur Mode, sondern werden von ihren trendbewußten Menschen auch in Mode getragen: die "Dog Purse" ist hierfür das Mittel der Wahl. Das ist praktisch eine Ganzkörper-Weste aus Fellimitat, Leder, Satin oder sonstigem Stoff, die am Rückenteil einen Haltegriff und einen Trageriemen hat. Der Vierbeiner läßt sich so bequem um die Schulter hängen. Doch nicht alle Hundebesitzer sind begeistert. In Punkto Hundemode gibt es für von Knebel auch noch andere Tabus: "Undenkbar ist für mich Nagellack", erklärt sie. Parfüms, wie sie manche Versandgeschäfte anbieten, lehnt sie ebenfalls ab. "Das ist für die Tiere gar nicht gut. Wir haben Lotions, die ätherische Öle beinhalten. Solche Produkte dienen der Pflege von Fell und Haut und sollen vor Parasiten schützen, natürlich hat man dann den angenehmen Nebeneffekt, daß die Tiere gut riechen."

Das Beduften der Tiere wird bei Hundebesitzern ebenfalls kritisch gesehen: "Parfüm kommt gar nicht in Frage, die Nase vom Hund ist heilig", meint Yvonne Schulze. "Cevin verwendet das natürliche ,Eau de Stink'", scherzt Gabi Richter, "Hunde müssen doch nach sich selbst riechen, um sich untereinander zu erkennen."

So verrückt es klingt: Selbst die genannten Hits in der Hundemode sind noch zu toppen. So bringen die Engländer, die Nord- und Südamerikaner noch ganz andere Ideen für ihre Vierbeiner hervor: In London machen Hunde "Doga", also Yoga für Hunde, in New York haben Vierbeiner einen Reiki-Trainer, der Energien fließen läßt, und in Brasilien steigt die Nachfrage nach Schönheitsoperationen: Brust verkleinern, Falten glätten, Lid straffen.

Bis zu 2500 Dollar kostet der entsprechende Eingriff beim Tier. "Warum soll ein Hund nicht schön aussehen?" meint Edgard Brito, Spezialist für plastische Tierchirurgie aus São Paolo. Da kann man nur sagen: Was für ein Hundeleben!


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