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07.04.07 / "Eine Schande für Deutschland" / Gedenkstättenleiter und Historiker Hubertus Knabe rechnet in seinem neuen Buch mit den Tätern der DDR ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-07 vom 07. April 2007

"Eine Schande für Deutschland"
Gedenkstättenleiter und Historiker Hubertus Knabe rechnet in seinem neuen Buch mit den Tätern der DDR ab
von Peter Westphal

Der Mann, der in der Thüringischen Landesvertretung sein neues Buch "Die Täter sind unter uns - Über das Schönreden der SED-Diktatur" vorstellt, hat diesen Ort bewußt gewählt, denn das Land Thüringen sei das einzige, so Hubertus Knabe, das in den vergangenen Jahren kompromißlos für die Opfer Partei ergriffen habe. Laut einer Broschüre aus dem Umfeld ehemaliger Stasi-Obristen betreibt dieser Mann jedoch eine "Geschichtswerkstatt zum Zwecke der Volksverhetzung". Der so angegriffene Historiker und Leiter der Gedenkstätte des Stasi-Untersuchungsgefängnisses in Berlin-Hohenschönhausen trägt dies jedoch mit Fassung. Er hat sich wie kaum ein anderer um die Aufarbeitung der DDR-Diktatur und um die Fürsprache ihrer Opfer verdient gemacht, das ärgert so manchen. Das seine Gedenkstätte verunglimpfende Zitat stammt indes aus der Zeitung "Marzahn-Hellersdorf links" des Kreisverbandes von Petra Pau (Linkspartei / PDS), die seit genau einem Jahr (7. April 2006) das Amt der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages bekleidet. Vor ihrer Wahl hatte sie wider besseres Wissen erklärt, daß sie weder bei Veranstaltungen eines Verbandes ehemaliger MfS-Angehöriger aufgetreten sei noch diese unterstützt habe. Tatsächlich war sie auf dem Wahlforum des wesentlich von Stasi-Obristen gesteuerten Vereins GRH (Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung e.V.), laut Knabe ein "Hilfsverband für Kriminelle", aufgetreten. In seinem Mitteilungsblatt lobte der Verein Pau dafür, daß sie versichert hatte, sich "im Falle der Wiederwahl in der Fraktion und im Bundestag für die von unseren Organisationen vertretenen Forderungen" einzusetzen. Viel scheint da - und das ist die eigentlich erschütternde Tatsache - nicht mehr zu tun zu sein, um die Verantwortlichen der DDR-Diktatur zufriedenzustellen.

In dem Film "Die Mörder sind unter uns" (1946) hatte Regisseur Wolfgang Staudte einst gezeigt, wie die Täter des NS-Systems ohne Unrechtsgefühl in eine neue Zeit gewechselt waren. Für die DDR, so resümiert Knabe im Vorwort seines neuen Buches, "steht ein solcher Film noch aus". Er zieht eine skandalöse Bilanz, bei deren Schilderung man nicht weiß, wo anzufangen und wo aufzuhören ist. Sie beginnt vielleicht am ehesten mit der Angst, etwa jener, die ehemaligen Häftlingen in die Glieder fuhr, als Stasi-Obristen des MfS-Untersuchungsgefängnisses in Hohenschönhausen auf einer Informationsveranstaltung ihre ehemaligen Opfer verhöhnten - der Vorgang bildete für Knabe den Anlaß für dieses Buch.

Es ist aber auch die Angst vor einstweiligen Verfügungen und finanziellen Strafandrohungen. So hat eine große deutsche Zeitung zwei Stunden (!) vor Redaktionsschluß den Vorabdruck von Knabes Buch zurückgezogen. Erst kürzlich war vom Berliner Kammergericht das knapp ein Jahr andauernde Verbot des Buches "Deutsche Gerechtigkeit" von Roman Grafe über die Prozesse gegen DDR-Grenzschützer und deren Befehlsgeber wieder aufgehoben worden. Der Kläger Sven Hübner hatte sich gegen die darin erfolgte Nennung seines Namens zu wehren versucht. Denn als Politoffizier hatte er bei jenem Grenzkommando gedient, das den Flüchtling Peter Gueffroy erschossen hatte. Heute ist Hübner Vorsitzender des Hauptpersonalrates bei der Bundespolizei.

Die ehemaligen Häftlinge sind weit von einem solchen Medienrummel entfernt. Kaum jemand interessiert sich für sie, und oftmals sind ausgerechnet sie die bitteren Verlierer der Einheit. Die Renten derjenigen, die sich gegen das DDR-Unrecht zur Wehr gesetzt hatten und deswegen berufliche Nachteile in Kauf nehmen mußten, sind heute wesentlich niedriger als die der dafür Verantwortlichen. Diese profitieren inzwischen von ihrer ehemaligen Unterdrückertätigkeit durch relativ luxuriöse Bezüge. Die einzige Gruppe, die bislang noch vom "Rentenstrafrecht" betroffen ist, bilden die Angehörigen des MfS. Doch auch hier war - im Mai 2001 - die Obergrenze für Stasi-Renten um 30 Prozent angehoben worden, was allerdings dem SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Hacker immer noch zu wenig ist.

Währenddessen kämpfen die einstigen DDR-Häftlinge vor den Versorgungsämtern oftmals vergeblich um ihre Würde. Etwa wenn bei fünf Jahren Lagerhaft in Sibirien zynisch entgegengehalten wird, die könnten ja so schlimm nicht gewesen sein, da der Antragsteller doch dort seine spätere Frau kennengelernt habe. Oder wenn ein Mann, der sei dem 14. Lebensjahr hart gearbeitet hat und aus politischen Gründen inhaftiert war, heute mit 490 Euro Rente zurechtkommen muß. Gleichzeitig gehen die einstigen MfS-Schergen in die Offensive, um ihren Geschichtsrevisionismus in die Gesellschaft zu tragen. So war der ehemalige Leiter des MfS-Untersuchungsgefängnisses Hohenschönhausen Gastredner im Schulunterricht. Dort stellte er die Folteranstalt als eine vorbildliche Einrichtung dar, um die sich viele Häftlinge wegen der vorzüglichen Bedingungen (Schwimmbad, Ausgang etc.) beworben hätten.

Die Verbrechen des totalitären DDR-Systems werden heute von dessen Tätern in den Bildungseinrichtungen der Bundesrepublik verharmlost oder gar frech geleugnet. Knabes Fazit ist knapp: "Eine Schande für Deutschland". Da die Strafrechtsphase nunmehr vorbei sei, gelte es jetzt, wenigstens die Köpfe zu erobern.


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