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07.04.07 / Menschlicher Gestalt nachgejagt / Bremer Gerhard-Marcks-Haus zeigt Auswahl von Graphiken des Bildhauers Waldemar Grzimek

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-07 vom 07. April 2007

Menschlicher Gestalt nachgejagt
Bremer Gerhard-Marcks-Haus zeigt Auswahl von Graphiken des Bildhauers Waldemar Grzimek
von Silke Osman

Sie verband eine jahrzehntelange kollegiale Freundschaft, die beiden großen deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts: Gerhard Marcks (1889- 1981) und Waldemar Grzimek (1918-1984). Wenn auch eine Generation sie zu trennen schien, so entwickelte sich im Lauf der Jahre doch eine gleichrangige Beziehung. Die beiden Künstler tauschten sich aus über ihre Arbeiten, und der ältere unterstützte den jüngeren sogar in seinem Werdegang. So vermittelte Gerhard Marcks 1946 Grzimek die Stelle als Leiter der Fachklasse für Angewandte Plastik in der Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale.

"Da ist nun wieder so einer, der's nicht lassen kann, dem Abenteuer der menschlichen Gestalt nachzujagen", schrieb Marcks einmal über den Bildhauerkollegen. Schon früh hatte sich Waldemar Grzimek, der am 5. Dezember 1918 im ostpreußischen Rastenburg geboren wurde, seine Kindheit jedoch in Königsberg und Berlin verbrachte, mit der Darstellung von lebenden Wesen beschäftigt. Gips war sein bevorzugtes Material gewesen, Tiere seine Motive. Später wagte er sich an die menschliche Gestalt. 1937 nahm Grzimek ein Studium bei Wilhelm Gerstel an der Berliner Hochschule für bildende Künste auf. In diese Zeit fiel auch die Begegnung mit Gerhard Marcks, Gustav Seitz und Fritz Cremer, die sein späteres Schaffen entscheidend beeinflussen sollten.

Auch in der Arbeit der beiden Bildhauer gibt es Parallelen: 1977 vollendete Grzimek das Bronzeportal "Gefahren und Kreatur" für das Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg (Nationale Sammlung Plastik DDR), für das auch Gerhard Marcks zwischen 1975 und 1977 ein Bronzeportal entwarf. 1960 schuf Grzimek einen Bronzekopf von Marcks, 1975 eine Lithographie. Marcks wiederum fertigte 1973 ein plastisches Porträt sowie ebenfalls eine Lithographie an. Eingeweihte werden es wohl wissen, daß es Waldemar Grzimek und sein Freund Gerhard Marcks waren, die einen Nachguß des Schlüterschen Denkmals von Kurfürst Friedrich III. für Schloß Charlottenburg möglich machten. Das Original befand sich einst in Königsberg, wurde jedoch ein Opfer des Krieges.

Die enge Beziehung der beiden Künstlerpersönlichkeiten wird auch deutlich in der Tatsache, daß der plastische Nachlaß von Waldemar Grzimek 2005 in das Gerhard-Marcks-Haus in Bremen gelangte. Nun sind im September 2006 durch eine Schenkung seiner Tochter Jana Grzimek 250 Zeichnungen und 100 Druckgraphiken hinzugekommen, die den Sammlungsbestand auf wertvolle Art und Weise ergänzen. Eine Ausstellung im Bremer Gerhard-Marcks-Haus bietet nun eine Auswahl und einen kleinen Einblick in 35 Jahre graphisches Schaffen. "Zeichnerische und druckgraphische Werke von Waldemar Grzimek sind bisher weitgehend unerforscht. Autoren wie auch der Bildhauer selbst verstanden sie offenbar als selbstverständliche Nebenprodukte seiner plastischen Arbeit. Tatsächlich lassen sich Parallelen aufzeigen, deren wichtigste der eklatante Wandel seiner künstlerischen Handschrift in den beginnenden 60er Jahren ist", erläutern die Bremer Ausstellungsmacher. Anfangs wirken die Figuren streng vereinfacht, wenn auch ein erzählendes Motiv zu erkennen ist. Später "verschiebt sich das Interesse hin zu den existentiellen, inneren Gefühlswerten des Menschen, denen Waldemar Grzimek in einer barocken und explosiven Formensprache Gestalt verleiht". Die Strichführung in den Zeichnungen und der Druckgraphik dieser Jahre vibriert geradezu, wirkt dramatisch. Die geschlossenen Konturen der späten 40er und 50er Jahre sind vergessen. Im graphischen Werk Waldemar Grzimeks sind neben den typischen Entwurfsskizzen und Studien eines Bildhauers auch Blätter zu finden, die eigenständige Kunstwerke sind, darunter in den 40er Jahren Holzschnitte, später die Lithographie, die seinem Impuls zu zeichnen besonders nahe kam, und in den 70er Jahren die Radierung.

Die Ausstellung "Waldemar Grzimek - Zeichnung und Druckgraphik aus der Schenkung Jana Grzimek", Gerhard-Marcks-Haus, Am Wall 208, 28195 Bremen, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 3,50 / 2,50 Euro, vom 8. April bis 5. August.

Foto: Waldemar Grzimek: Sitzender Alter (Lithographie, um 1961). Wie häufig im druckgraphischen Werk Grzimeks entstand auch dieses Blatt im Zusammenhang mit einer Plastik.


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