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07.04.07 / Kampf an der Küste / Die Sicherungsstreitkräfte der Kriegsmarine

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-07 vom 07. April 2007

Kampf an der Küste
Die Sicherungsstreitkräfte der Kriegsmarine

Es ist verdienstvoll, über die strategischen Gegebenheiten, die operativen Möglichkeiten und taktischen Verhältnisse im Küstenvorfeld 1933 bis 1945 zu forschen, denn über diesen Seekrieg ist mit wenigen Ausnahmen in der Literatur kaum etwas zu finden. Richard Lakowski hat sich in "Die unbekannte Flotte - Die Sicherungsstreitkräfte der Kriegsmarine" dieser Aufgabe angenommen.

Die "Untersätze" der Kriegsmarine, die Minensucher, Räum- und Vorpostenboote, die umgebauten Fischdampfer, Logger und Fährprähme, trugen die Hauptlast des Seekrieges, fuhren tägliche Routine voll Tücke und todbringender Gefahren. Es war der Krieg der Leutnants, Oberfähnriche, Sonderführer, Steuerleute, Maschinisten und ihrer Männer, die mit schwachen Mitteln, in meist improvisierten Einsätzen, mit wenig Geräten, ohne Radar und geeignete Unterwasserortung immer unterlegen einen harten Dienst versahen.

Die Fahrzeuge meist ziviler Herkunft besaßen oft nur Beutewaffen auf unzulänglichen Gefechtsständen. In einem zermürbenden Alltag gingen die Männer ihren Pflichten nach und hielten im Küstenvorfeld Zwangswege frei, warfen Sperren, sicherten Geleite, fuhren U-Jagd und leisteten Vorpostendienste. Alles bei ständiger Luftgefahr und Bedrohung durch überlegene feindliche Torpedo- und Artillerieträger, Fliegerbomben, Raketen und Maschinenwaffen. In einer Aufstellung vom 1. Juni 1944 werden für die schweren Überwasserkräfte 28845 Unteroffiziere und Mannschaften angegeben, für die U-Bootwaffe 70724 und für die Sicherungsverbände 423587 Mann. Die letzteren bezeichnet der Autor als "Dritte Flotte", erinnert an Parallelen zum Ersten Weltkrieg und wendet sich Vorstellungen und Maßnahmen der Reichs- und Kriegsmarine zu. Bei der Betrachtung des Zweiten Weltkriegs scheint Lakowskis geistiger Mentor Michael Salewski zu sein, aus dessen Werk über die Seekriegsleitung er ausgiebig zitiert, obwohl inzwischen seit Jahren die gesamten Tagebücher der Seekriegsleitung veröffentlicht sind, die er zur Kenntnis hätte nehmen können. Der Autor gefällt sich in der Sprache des Zeitgeistes wie "die Aufrüstung des Nazireiches" und blickt hellseherisch in die Vergangenheit: "der in der zweiten Hälfte der 30er Jahre immer direktere Kurs des Dritten Reiches in den Krieg ...", obschon dies durch den deutsch-britischen Flottenvertrag von 1935 gerade nicht der Fall war. Dem Historiker Lakowski (Jg. 1938, promoviert an der Humboldt-Universität in Berlin) dürfte eigentlich klar sein, daß Kürzel in einer historischen Betrachtung nach den Vorgaben der Zeit zu gebrauchen sind. Es gab nur in der Volksmarine der DDR Ms- beziehungsweise MS-Boote, bei der Kriegsmarine waren das M- oder R-Boote. Für die Seekriegsleitung galt die Abkürzung Skl., eine SKL gab es nicht. Auch spricht der Autor von abgesuchten Kursen, wenn er Seewege meint, und springt im Text mit Ereignissen, Seegebieten und Jahren durcheinander. Dem Buch fehlen - trotz vieler Fotos - die erläuternden Karten. Als einzige Ausnahme eine Skizze von Jütland mit Umgebung, welche die Kurse der deutschen Kräfte bei der Besetzung von Dänemark 1940 zeigen. Man hätte sich ähnliche Skizzen für das Schwarze Meer, die Ägäis, das Mittelmeer, den Kanal oder auch die Nordsee und Norwegen gewünscht, welche die Basen, Minensperren oder Einsatzgebiete zeigen. Besonders aufschlußreich wäre etwa die Darstellung des Kanaldurchbruchs der Schweren Einheiten im Februar 1942 gewesen, der nur gelang, weil unter anderem die beteiligten Verbände unauffällig Minen geräumt und Funkstille gewahrt hatten.

Diesbezüglich wäre manches zu verbessern, was ein gewissenhaftes Lektorat hätte im Vorwege ausräumen können. Wenn man auch nicht alle Aussagen von Lakowski teilt, so ist doch zu begrüßen, daß er mit dem Aufgreifen des Seekrieges im Küstenvorfeld ein wichtiges Gebiet betreten und insgesamt eine lesenswerte Unterlage geschaffen hat. Hans-Otto Ebner

Richard Lakowski: "Die unbekannte Flotte - Die Sicherungsstreitkräfte der Kriegsmarine", E. S. Mittler & Sohn, Hamburg 2006, geb., 144 Seiten, 29,90, Best.-Nr. 6122


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